Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.parlamentarisches aus Jaden. Der seit mehreren Wochen wieder versammelte Landtag hat sich vorwie¬ parlamentarisches aus Jaden. Der seit mehreren Wochen wieder versammelte Landtag hat sich vorwie¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0511" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141390"/> </div> <div n="1"> <head> parlamentarisches aus Jaden.</head><lb/> <p xml:id="ID_1642" next="#ID_1643"> Der seit mehreren Wochen wieder versammelte Landtag hat sich vorwie¬<lb/> gend mit der Einführung der Reichsjustizgesetze beschäftigt. Diese Arbeit ist<lb/> nun unter scharfer Dissonanz zwischen Regierung und Kammer zum vorläufigen<lb/> Abschluß gelangt. Der Differenzpunkte waren es mehrere. Wir erwähnen<lb/> nachstehend die wichtigsten derselben, wobei wir den, bezüglich dessen eine Ver¬<lb/> ständigung nicht erzielt wurde, in letzter Reihe aufführen. Sofort bei der Frage<lb/> nach Feststellung der Gerichtssitze gab sich eine Verschiedenheit der Anschauung<lb/> kund. Der Vorschlag, daß nur ein Oberlandesgericht, mit dem Sitz in Karls¬<lb/> ruhe, errichtet werden solle, war beiderseits genehm. Es sprechen keine Gründe<lb/> dafür, durch Errichtung zweier Oberlandesgerichte ein oberstes Landesgericht<lb/> zu ermöglichen, eine badische dritte Instanz ist existenzunfähig. „Schon aus<lb/> politischen Gründen ist überdies die Gravitation zu dem Reichsgericht zu be¬<lb/> fördern, und liegt die Unterstellung unter dasselbe im Interesse der Rechts-<lb/> sprechung und der Rechtseinheit." Karlsruhe erhält also das Oberlandesgericht.<lb/> Die Residenz wurde nicht für gefährlich befunden, selbst von Solchen nicht,<lb/> denen s. Z. die Domizilirung des Reichsobergerichts in Berlin ein absolut zu<lb/> perhorreszirender Gedanke war, und auch Mannheim, das bis jetzt der Sitz<lb/> des obersten Gerichtshofes ist, hat sich allem Anscheine nach mit Resignation<lb/> in die Thatsache gefunden. Die Uebereinstimmung zwischen Regierung und<lb/> Kammer erstreckte sich namentlich auch soweit, daß die Feststellung des Sitzes<lb/> des Oberlandesgerichtes durch Gesetz zu erfolgen habe. Dagegen wollte im<lb/> Widerspruche zum Entwürfe der Regierung die zweite Kammer, in Ueberein¬<lb/> stimmung mit ihrer Justizkommission, auch die Sitze und Bezirke der Landge¬<lb/> richte durch Gesetz feststellen, während Sitze und Bezirke der Amtsgerichte zu¬<lb/> nächst zwar durch Verordnung bestimmt, nach dem 1. Oktober 1882 aber auch<lb/> nur durch Gesetz sollten verändert werden können. Eine gewisse Stabilität der<lb/> lokalen Begründung und des Umfangs der Landgerichtsbezirke erscheint in der<lb/> That durchaus wünschenswerth. Diese wird am sichersten erreicht, wenn die<lb/> Festsetzung durch die Gesetzgebung erfolgt. Anders dürfte die Sache bezüglich<lb/> der Amtsgerichte liegen. Das Detail der lokalen Verkehrsverhältnisse u. tgi.<lb/> wird gewiß besser von der Regierung beurtheilt, als von großen parlamenta¬<lb/> rischen Körperschaften. Jedenfalls über sollte man, wenn die Bildung der<lb/> Amtsgerichtsbezirke in bleibender Weise dem Verordnungsrecht anheimgegeben<lb/> wird, bezüglich der Bestellung der Gerichtssitze keine andere Verfahrungsweise<lb/> einschlagen. Bezirk und Sitz des Gerichtes hängen so enge mit einander zu¬<lb/> sammen, daß die Bestimmung beider unseres Dafürhaltens unbedingt in einer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0511]
parlamentarisches aus Jaden.
Der seit mehreren Wochen wieder versammelte Landtag hat sich vorwie¬
gend mit der Einführung der Reichsjustizgesetze beschäftigt. Diese Arbeit ist
nun unter scharfer Dissonanz zwischen Regierung und Kammer zum vorläufigen
Abschluß gelangt. Der Differenzpunkte waren es mehrere. Wir erwähnen
nachstehend die wichtigsten derselben, wobei wir den, bezüglich dessen eine Ver¬
ständigung nicht erzielt wurde, in letzter Reihe aufführen. Sofort bei der Frage
nach Feststellung der Gerichtssitze gab sich eine Verschiedenheit der Anschauung
kund. Der Vorschlag, daß nur ein Oberlandesgericht, mit dem Sitz in Karls¬
ruhe, errichtet werden solle, war beiderseits genehm. Es sprechen keine Gründe
dafür, durch Errichtung zweier Oberlandesgerichte ein oberstes Landesgericht
zu ermöglichen, eine badische dritte Instanz ist existenzunfähig. „Schon aus
politischen Gründen ist überdies die Gravitation zu dem Reichsgericht zu be¬
fördern, und liegt die Unterstellung unter dasselbe im Interesse der Rechts-
sprechung und der Rechtseinheit." Karlsruhe erhält also das Oberlandesgericht.
Die Residenz wurde nicht für gefährlich befunden, selbst von Solchen nicht,
denen s. Z. die Domizilirung des Reichsobergerichts in Berlin ein absolut zu
perhorreszirender Gedanke war, und auch Mannheim, das bis jetzt der Sitz
des obersten Gerichtshofes ist, hat sich allem Anscheine nach mit Resignation
in die Thatsache gefunden. Die Uebereinstimmung zwischen Regierung und
Kammer erstreckte sich namentlich auch soweit, daß die Feststellung des Sitzes
des Oberlandesgerichtes durch Gesetz zu erfolgen habe. Dagegen wollte im
Widerspruche zum Entwürfe der Regierung die zweite Kammer, in Ueberein¬
stimmung mit ihrer Justizkommission, auch die Sitze und Bezirke der Landge¬
richte durch Gesetz feststellen, während Sitze und Bezirke der Amtsgerichte zu¬
nächst zwar durch Verordnung bestimmt, nach dem 1. Oktober 1882 aber auch
nur durch Gesetz sollten verändert werden können. Eine gewisse Stabilität der
lokalen Begründung und des Umfangs der Landgerichtsbezirke erscheint in der
That durchaus wünschenswerth. Diese wird am sichersten erreicht, wenn die
Festsetzung durch die Gesetzgebung erfolgt. Anders dürfte die Sache bezüglich
der Amtsgerichte liegen. Das Detail der lokalen Verkehrsverhältnisse u. tgi.
wird gewiß besser von der Regierung beurtheilt, als von großen parlamenta¬
rischen Körperschaften. Jedenfalls über sollte man, wenn die Bildung der
Amtsgerichtsbezirke in bleibender Weise dem Verordnungsrecht anheimgegeben
wird, bezüglich der Bestellung der Gerichtssitze keine andere Verfahrungsweise
einschlagen. Bezirk und Sitz des Gerichtes hängen so enge mit einander zu¬
sammen, daß die Bestimmung beider unseres Dafürhaltens unbedingt in einer
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