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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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ziger Offizier in der auf jenen Wahlakt folgenden Sitzung, Damit war die
Sache beigelegt.

Auf Ritter, Dove, Ehrenberg, Barth, Bastian, welche das Präsidium der
Gesellschaft im Laufe des halben Jahrhunderts geführt haben, ist nun Prof.
von Richthofen gefolgt, der nicht nur ein Gelehrter ersten Ranges, sondern
auch ein vorzüglicher Präsident, eine durchweg imponirende und trefflich reprä-
sentirende Persönlichkeit ist. Neben ihm wirkt ein glänzender Generalstab von
Gelehrten und Reisenden, so daß alle Bürgschaft vorhanden ist, die Gesellschaft
werde in dem Geist, der sie bisher beseelt, zur Ehre der deutschen Wissenschaft
auch ferner fortwirken.




Dom deutschen Keichstage.

Von der Thätigkeit der ersten Woche nach den Ferien ist nicht viel zu
melden. Dreimalige Beschlnßunfähigkeit ließ das Ergebniß noch erheblich ge¬
ringer ausfallen, als man ohnehin erwartet hatte. In dritter Lesung wurde
der Gesetzentwurf betreffend die Zuwiderhandlungen gegen die zur Verhütung
der Ausbreitung der Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote erledigt, Der
Streit drehte sich dabei lediglich um das Maß der Strafandrohungen. Die
Regierungsvorlage hatte dasselbe in einer Höhe gegriffen, die nur in der Absicht
der Abschreckung ihre ErWrnng finden konnte. Darin wurde denu von an¬
derer Seite ein Bruch mit dem Systeme des Strafgesetzbuchs gefunden.
Schließlich vereinigte man sich auf einen mittleren Vorschlag, welcher den
namentlich in den landwirtschaftlichen Kreisen gehegten Wünschen entgegen¬
kommt, ohne gerade die Abschreckungstheorie von Neuem in unser Strafrecht
einzuführen.

Der Gesetzentwurf über die Gelverbegerichte passirte die zweite Lesung.
Große prinzipielle Bedenken gegen die Regierungsvorlage wurden hier von
vornherein nicht geltend gemacht. Die betreffende Kommission hat eine Reihe
von Aenderungen vorgenommen, welche besonders hinsichtlich der Zusammen¬
setzung der Gerichte die Schranken der aktiven und passiven Wahlfähigkeit zu
erweitern und die Unabhängigkeit der Gerichte zu sichern bestrebt waren.
Daß namentlich von sozialdemokratischer Seite in dieser Richtung sehr viel
mehr gefordert wurde, als die Kommission vorschlug, ist selbstverständlich.


Grenzboten II. 1878. 32

ziger Offizier in der auf jenen Wahlakt folgenden Sitzung, Damit war die
Sache beigelegt.

Auf Ritter, Dove, Ehrenberg, Barth, Bastian, welche das Präsidium der
Gesellschaft im Laufe des halben Jahrhunderts geführt haben, ist nun Prof.
von Richthofen gefolgt, der nicht nur ein Gelehrter ersten Ranges, sondern
auch ein vorzüglicher Präsident, eine durchweg imponirende und trefflich reprä-
sentirende Persönlichkeit ist. Neben ihm wirkt ein glänzender Generalstab von
Gelehrten und Reisenden, so daß alle Bürgschaft vorhanden ist, die Gesellschaft
werde in dem Geist, der sie bisher beseelt, zur Ehre der deutschen Wissenschaft
auch ferner fortwirken.




Dom deutschen Keichstage.

Von der Thätigkeit der ersten Woche nach den Ferien ist nicht viel zu
melden. Dreimalige Beschlnßunfähigkeit ließ das Ergebniß noch erheblich ge¬
ringer ausfallen, als man ohnehin erwartet hatte. In dritter Lesung wurde
der Gesetzentwurf betreffend die Zuwiderhandlungen gegen die zur Verhütung
der Ausbreitung der Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote erledigt, Der
Streit drehte sich dabei lediglich um das Maß der Strafandrohungen. Die
Regierungsvorlage hatte dasselbe in einer Höhe gegriffen, die nur in der Absicht
der Abschreckung ihre ErWrnng finden konnte. Darin wurde denu von an¬
derer Seite ein Bruch mit dem Systeme des Strafgesetzbuchs gefunden.
Schließlich vereinigte man sich auf einen mittleren Vorschlag, welcher den
namentlich in den landwirtschaftlichen Kreisen gehegten Wünschen entgegen¬
kommt, ohne gerade die Abschreckungstheorie von Neuem in unser Strafrecht
einzuführen.

Der Gesetzentwurf über die Gelverbegerichte passirte die zweite Lesung.
Große prinzipielle Bedenken gegen die Regierungsvorlage wurden hier von
vornherein nicht geltend gemacht. Die betreffende Kommission hat eine Reihe
von Aenderungen vorgenommen, welche besonders hinsichtlich der Zusammen¬
setzung der Gerichte die Schranken der aktiven und passiven Wahlfähigkeit zu
erweitern und die Unabhängigkeit der Gerichte zu sichern bestrebt waren.
Daß namentlich von sozialdemokratischer Seite in dieser Richtung sehr viel
mehr gefordert wurde, als die Kommission vorschlug, ist selbstverständlich.


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[0277] ziger Offizier in der auf jenen Wahlakt folgenden Sitzung, Damit war die Sache beigelegt. Auf Ritter, Dove, Ehrenberg, Barth, Bastian, welche das Präsidium der Gesellschaft im Laufe des halben Jahrhunderts geführt haben, ist nun Prof. von Richthofen gefolgt, der nicht nur ein Gelehrter ersten Ranges, sondern auch ein vorzüglicher Präsident, eine durchweg imponirende und trefflich reprä- sentirende Persönlichkeit ist. Neben ihm wirkt ein glänzender Generalstab von Gelehrten und Reisenden, so daß alle Bürgschaft vorhanden ist, die Gesellschaft werde in dem Geist, der sie bisher beseelt, zur Ehre der deutschen Wissenschaft auch ferner fortwirken. Dom deutschen Keichstage. Von der Thätigkeit der ersten Woche nach den Ferien ist nicht viel zu melden. Dreimalige Beschlnßunfähigkeit ließ das Ergebniß noch erheblich ge¬ ringer ausfallen, als man ohnehin erwartet hatte. In dritter Lesung wurde der Gesetzentwurf betreffend die Zuwiderhandlungen gegen die zur Verhütung der Ausbreitung der Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote erledigt, Der Streit drehte sich dabei lediglich um das Maß der Strafandrohungen. Die Regierungsvorlage hatte dasselbe in einer Höhe gegriffen, die nur in der Absicht der Abschreckung ihre ErWrnng finden konnte. Darin wurde denu von an¬ derer Seite ein Bruch mit dem Systeme des Strafgesetzbuchs gefunden. Schließlich vereinigte man sich auf einen mittleren Vorschlag, welcher den namentlich in den landwirtschaftlichen Kreisen gehegten Wünschen entgegen¬ kommt, ohne gerade die Abschreckungstheorie von Neuem in unser Strafrecht einzuführen. Der Gesetzentwurf über die Gelverbegerichte passirte die zweite Lesung. Große prinzipielle Bedenken gegen die Regierungsvorlage wurden hier von vornherein nicht geltend gemacht. Die betreffende Kommission hat eine Reihe von Aenderungen vorgenommen, welche besonders hinsichtlich der Zusammen¬ setzung der Gerichte die Schranken der aktiven und passiven Wahlfähigkeit zu erweitern und die Unabhängigkeit der Gerichte zu sichern bestrebt waren. Daß namentlich von sozialdemokratischer Seite in dieser Richtung sehr viel mehr gefordert wurde, als die Kommission vorschlug, ist selbstverständlich. Grenzboten II. 1878. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/277>, abgerufen am 27.07.2024.