Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.Options- und Schulfrage. -- Universität. -- Kaiserbesuch. Kürzlich hat eine etwas energische Maßregel der Regierung die Gemüther Die Regierung betrachtet diese jungen Leute als Elemente, die ihre in Schon aus diesem allgemeinen Gesichtspunkte der nationalen Erziehung Options- und Schulfrage. — Universität. — Kaiserbesuch. Kürzlich hat eine etwas energische Maßregel der Regierung die Gemüther Die Regierung betrachtet diese jungen Leute als Elemente, die ihre in Schon aus diesem allgemeinen Gesichtspunkte der nationalen Erziehung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136750"/> </div> <div n="1"> <head> </head><lb/> <note type="argument"> Options- und Schulfrage. — Universität. — Kaiserbesuch.</note><lb/> <p xml:id="ID_294"> Kürzlich hat eine etwas energische Maßregel der Regierung die Gemüther<lb/> für einige Zeit in lebhafte Aufregung und Spannung versetzt, glücklicher,<lb/> w^se wie es scheint — ohne nachhaltige Wirkung. Ich meine die poli¬<lb/> zeiliche Ausweisung einiger minderjähriger Schüler in mehreren Städten des<lb/> Elsasses, so namentlich in Straßburg. Colmar. Pfalzburg u. a. — die in<lb/> Folge der Option oder der Entlassung aus dem diesseitigen Staatsverbande<lb/> nach Frankreich ausgewandert sind, um dort ihren Studien obzuliegen und<lb/> nur alljährlich zur Zeit der Herbstferien, womöglich in der französischen<lb/> Pensions-Uniform. für einige Wochen in die frühere Heimath zu Eltern oder<lb/> Anverwandten zurückkehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_295"> Die Regierung betrachtet diese jungen Leute als Elemente, die ihre in<lb/> Elsaß-Lothringen gebliebenen Altersgenossen schon durch ihr bloßes Erscheinen<lb/> Zur Unzufriedenheit veranlassen und der Verwaltung als solcher zur Zeit nur<lb/> als unbequeme Factoren gelten können, und wendet deshalb die etwas<lb/> strengen Bestimmungen des hier noch in Geltung befindlichen französi¬<lb/> schen Fremdengesetzes vom 3./11. Dezember 1849 auf sie an. Die Sache<lb/> hat offenbar ihre zwei Seiten und kann verschieden beurtheilt werden, je nach<lb/> dem Standpunkte, den man dabei von vorn herein einzunehmen für gut<lb/> findet. Der Standpunkt der Regierung ist klar und entschieden. Sie muß<lb/> wir äußerster Behutsamkeit darüber wachen, daß die junge Generation, die<lb/> sie ganz und voll für sich d. h. für das Deutschthum zu erziehen die Absicht<lb/> hat, vor jeder Berührung mit Elementen bewahrt bleibe, deren Erziehung<lb/> "ach ganz den entgegengesetzten Principien geleitet wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_296"> Schon aus diesem allgemeinen Gesichtspunkte der nationalen Erziehung<lb/> laßt sich, abgesehen von Einzelumständen, die an und für sich strenge und<lb/> peinliche und wohl auch für die reichsländische Verwaltung unter den abnormen<lb/> Verhältnissen, wie sie sich in den letzten drei Jahren gezeigt haben, nothgedrungene<lb/> Maßregel rechtfertigen. In dieser Hinsicht ist daraus hinzuweisen, daß in<lb/> der genannten Periode 1873—76 die Zahl der Entlassungsgesuche für Minder¬<lb/> jährige unter 17 Jahren, denen bekanntlich nach dem Gesetze über den Erwerb<lb/> und Verlust der Landes- und Staats-Angehörigkeit die Entlassung nicht<lb/> verweigert werden kann, wobei aber in der Mehrzahl der Fälle die Absicht,<lb/> die betr. jungen Leute der Dienstpflicht zu entziehen, nur zu klar zu Tage<lb/> tritt — daß, sage ich, derartige Entlafsungsgesuche sich in den letzten drei<lb/> Jahren in fast geometrischer Progression vermehrt haben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
Options- und Schulfrage. — Universität. — Kaiserbesuch.
Kürzlich hat eine etwas energische Maßregel der Regierung die Gemüther
für einige Zeit in lebhafte Aufregung und Spannung versetzt, glücklicher,
w^se wie es scheint — ohne nachhaltige Wirkung. Ich meine die poli¬
zeiliche Ausweisung einiger minderjähriger Schüler in mehreren Städten des
Elsasses, so namentlich in Straßburg. Colmar. Pfalzburg u. a. — die in
Folge der Option oder der Entlassung aus dem diesseitigen Staatsverbande
nach Frankreich ausgewandert sind, um dort ihren Studien obzuliegen und
nur alljährlich zur Zeit der Herbstferien, womöglich in der französischen
Pensions-Uniform. für einige Wochen in die frühere Heimath zu Eltern oder
Anverwandten zurückkehren.
Die Regierung betrachtet diese jungen Leute als Elemente, die ihre in
Elsaß-Lothringen gebliebenen Altersgenossen schon durch ihr bloßes Erscheinen
Zur Unzufriedenheit veranlassen und der Verwaltung als solcher zur Zeit nur
als unbequeme Factoren gelten können, und wendet deshalb die etwas
strengen Bestimmungen des hier noch in Geltung befindlichen französi¬
schen Fremdengesetzes vom 3./11. Dezember 1849 auf sie an. Die Sache
hat offenbar ihre zwei Seiten und kann verschieden beurtheilt werden, je nach
dem Standpunkte, den man dabei von vorn herein einzunehmen für gut
findet. Der Standpunkt der Regierung ist klar und entschieden. Sie muß
wir äußerster Behutsamkeit darüber wachen, daß die junge Generation, die
sie ganz und voll für sich d. h. für das Deutschthum zu erziehen die Absicht
hat, vor jeder Berührung mit Elementen bewahrt bleibe, deren Erziehung
"ach ganz den entgegengesetzten Principien geleitet wird.
Schon aus diesem allgemeinen Gesichtspunkte der nationalen Erziehung
laßt sich, abgesehen von Einzelumständen, die an und für sich strenge und
peinliche und wohl auch für die reichsländische Verwaltung unter den abnormen
Verhältnissen, wie sie sich in den letzten drei Jahren gezeigt haben, nothgedrungene
Maßregel rechtfertigen. In dieser Hinsicht ist daraus hinzuweisen, daß in
der genannten Periode 1873—76 die Zahl der Entlassungsgesuche für Minder¬
jährige unter 17 Jahren, denen bekanntlich nach dem Gesetze über den Erwerb
und Verlust der Landes- und Staats-Angehörigkeit die Entlassung nicht
verweigert werden kann, wobei aber in der Mehrzahl der Fälle die Absicht,
die betr. jungen Leute der Dienstpflicht zu entziehen, nur zu klar zu Tage
tritt — daß, sage ich, derartige Entlafsungsgesuche sich in den letzten drei
Jahren in fast geometrischer Progression vermehrt haben.
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