Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.erdulden müssen, für unsere geistige Verkümmerung machen wir sie verant¬ Briefe aus der Kaiserstadt. Wiederholt hat in jüngster Zeit der Hauptstadt materielles und geistiges Inzwischen haben wir Gelegenheit, den Maler der bei der Enthüllung erdulden müssen, für unsere geistige Verkümmerung machen wir sie verant¬ Briefe aus der Kaiserstadt. Wiederholt hat in jüngster Zeit der Hauptstadt materielles und geistiges Inzwischen haben wir Gelegenheit, den Maler der bei der Enthüllung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/130887"/> <p xml:id="ID_770" prev="#ID_769"> erdulden müssen, für unsere geistige Verkümmerung machen wir sie verant¬<lb/> wortlich. Wenn die Männer ihre ganze Studienzeit in solchen Jesuitenschulen<lb/> verbringen müßten, wie viele von ihnen würden Bescheid wissen, „welche Be-<lb/> wandtniß es mit der Gefährdung der Religion, mit dem Gottesreich der<lb/> Kirchenpartei hat," und wie viele würden sich nicht auch zu Streitern für<lb/> dieses Reich Gottes, d. h. für den Weltkirchenstaat, gebrauchen lassen?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Briefe aus der Kaiserstadt.</head><lb/> <p xml:id="ID_771"> Wiederholt hat in jüngster Zeit der Hauptstadt materielles und geistiges<lb/> Wohl den preußischen Volksvertretern das sorgenvolle Haupt noch schwerer<lb/> gemacht. Die Mangelhaftigkeit der Berliner Verkehrsmittel in Verbindung<lb/> mit dem großartigen Plane der Stadtbahn, die Schäden des Polizeiwesens,<lb/> die unerhörte Unzulänglichkeit der dem Gelehrten in der königl, Bibliothek<lb/> zur Verfügung stehenden Hülfsmittel, endlich die Nothwendigkeit einer voll¬<lb/> ständigen Reorganisation oder besser: einer bisher überhaupt nie gekannten<lb/> wirklichen Organisation der Akademie der Künste — das Alles ist Gegenstand<lb/> ernster Besprechung und seitens der Regierung meistens auch tröstlicher Ver¬<lb/> heißung gewesen. Der kräftige reformatortsche Zug, der heute Preußens<lb/> innere Verwaltung durchweht, darf uns hoffentlich als Gewähr gelten, daß<lb/> es nicht bei den bloßen Vorsätzen bleibt. Was die Kunst betrifft, so soll,<lb/> unabhängig von dem für die künftige Session in Aussicht gestellten Reorga¬<lb/> nisationsplane, schon in nächster Zeit ein beachtenswerther Schritt gethan, nämlich<lb/> ein Atelier unter Leitung eines der ersten deutschen Künstler errichtet werden.<lb/> Wie man hört, ist Kraus für diesen Posten ausersehen. Dabei bleibt einst¬<lb/> weilen dunkel, in welchem Verhältniß dies Unternehmen später zu der reor-<lb/> ganisirten Akademie stehen soll. Vor einiger Zeit hatten die Berliner Künstler<lb/> in einer an den Kultusminister gerichteten Petition gebeten. Anton v. Werner<lb/> an die Spitze der zu reorganistrenden Akademie zu stellen. Ob diese Bitte<lb/> nunmehr noch Aussicht auf Erfüllung hat. steht dahin.</p><lb/> <p xml:id="ID_772" next="#ID_773"> Inzwischen haben wir Gelegenheit, den Maler der bei der Enthüllung<lb/> der Siegessäule so allgemein bewunderten Cartons in einer neuen bedeutenden<lb/> Schöpfung kennen zu lernen. In der Wilhelmstraße erhebt sich ein Privat-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0243]
erdulden müssen, für unsere geistige Verkümmerung machen wir sie verant¬
wortlich. Wenn die Männer ihre ganze Studienzeit in solchen Jesuitenschulen
verbringen müßten, wie viele von ihnen würden Bescheid wissen, „welche Be-
wandtniß es mit der Gefährdung der Religion, mit dem Gottesreich der
Kirchenpartei hat," und wie viele würden sich nicht auch zu Streitern für
dieses Reich Gottes, d. h. für den Weltkirchenstaat, gebrauchen lassen?
Briefe aus der Kaiserstadt.
Wiederholt hat in jüngster Zeit der Hauptstadt materielles und geistiges
Wohl den preußischen Volksvertretern das sorgenvolle Haupt noch schwerer
gemacht. Die Mangelhaftigkeit der Berliner Verkehrsmittel in Verbindung
mit dem großartigen Plane der Stadtbahn, die Schäden des Polizeiwesens,
die unerhörte Unzulänglichkeit der dem Gelehrten in der königl, Bibliothek
zur Verfügung stehenden Hülfsmittel, endlich die Nothwendigkeit einer voll¬
ständigen Reorganisation oder besser: einer bisher überhaupt nie gekannten
wirklichen Organisation der Akademie der Künste — das Alles ist Gegenstand
ernster Besprechung und seitens der Regierung meistens auch tröstlicher Ver¬
heißung gewesen. Der kräftige reformatortsche Zug, der heute Preußens
innere Verwaltung durchweht, darf uns hoffentlich als Gewähr gelten, daß
es nicht bei den bloßen Vorsätzen bleibt. Was die Kunst betrifft, so soll,
unabhängig von dem für die künftige Session in Aussicht gestellten Reorga¬
nisationsplane, schon in nächster Zeit ein beachtenswerther Schritt gethan, nämlich
ein Atelier unter Leitung eines der ersten deutschen Künstler errichtet werden.
Wie man hört, ist Kraus für diesen Posten ausersehen. Dabei bleibt einst¬
weilen dunkel, in welchem Verhältniß dies Unternehmen später zu der reor-
ganisirten Akademie stehen soll. Vor einiger Zeit hatten die Berliner Künstler
in einer an den Kultusminister gerichteten Petition gebeten. Anton v. Werner
an die Spitze der zu reorganistrenden Akademie zu stellen. Ob diese Bitte
nunmehr noch Aussicht auf Erfüllung hat. steht dahin.
Inzwischen haben wir Gelegenheit, den Maler der bei der Enthüllung
der Siegessäule so allgemein bewunderten Cartons in einer neuen bedeutenden
Schöpfung kennen zu lernen. In der Wilhelmstraße erhebt sich ein Privat-
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