Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.die, falls sie nicht apokryph und Riemer ihr wahrer Verfasser sein sollte, nicht H. Rückert. Der Schluß des Reichstags gibt uns Anlaß, einen Rückblick auf die die, falls sie nicht apokryph und Riemer ihr wahrer Verfasser sein sollte, nicht H. Rückert. Der Schluß des Reichstags gibt uns Anlaß, einen Rückblick auf die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0122" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192925"/> <p xml:id="ID_366" prev="#ID_365"> die, falls sie nicht apokryph und Riemer ihr wahrer Verfasser sein sollte, nicht<lb/> gerade tief gegriffen sind. Scherer giebt eine Studie zur Geschichte des latei¬<lb/> nischen Dramas im XVI. und XVII. Jahrhundert und zwar eine kurze Analyse<lb/> des Dramas eines unbekannten Westphalen Christoph Brockhagen „^Mpno-<lb/> eomui" die Parabel der 10 klugen und thörichten Jungfrauen von 1S9S.<lb/> Ob der Dichter die Lobsprüche verdient, die ihm höfliche zeitgenössische Gönner<lb/> machten und in die sein Erwecker einzustimmen — natürlich mit einigen Re¬<lb/> serven— geneigt ist, vermögen wir nicht zu sagen. So viel aber läßt sich<lb/> sagen, daß einer schon aus diesem einzigen dramatischen Erzeugniß des da¬<lb/> maligen Deutschland, wenn es auch in lateinischer Sprache verfaßt ist, lernen<lb/> kann, wenn er nämlich will, woran es lag, daß es damals in unserm Vater¬<lb/> land sehr viele Dramatiker, lateinische und deutsche, und keinen Shakespeare<lb/> gegeben hat. Gewiß aber wird für die innere Einsicht in die Gestaltung un¬<lb/> serer deutschen Kunst oder Gelehrtenliteratur vor und seit Opitz aus der<lb/> Geschichte der lateinischen Poesie derselben Zeit und desselben Ortes sehr<lb/> viel zu entnehmen sein, wie Scherer mit Recht andeutet.</p><lb/> <note type="byline"> H. Rückert.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> </head><lb/> <p xml:id="ID_367" next="#ID_368"> Der Schluß des Reichstags gibt uns Anlaß, einen Rückblick auf die<lb/> letzten Monate der schwäbischen Politik zu werfen: wenn es noch erlaubt<lb/> ist, von einer solchen zu reden. Nehmen wir doch täglich auf allen Gebieten<lb/> unseres öffentlichen Lebens wahr, wie die Macht der Thatsachen sich geltend<lb/> macht und wirksamer ist als alles Reden und Schreiben wohl oder übel ge¬<lb/> sinnter Politiker. In der That wäre es schlimm um uns bestellt, wenn von<lb/> Würtemberg zur Zeit auch nur die geringste Leistung erwartet werden wollte,<lb/> mag man nun auf die Männer der Regierung oder die bisherigen Führer<lb/> der politischen Parteien blicken. Ueberall derselbe Mangel an Production,<lb/> dieselbe Erschlaffung, derselbe Mrasmus Senilis. Die Politik der höheren<lb/> Kreise ist zur kindlichen Spielerei geworden, die nur noch tändelnd mit Per¬<lb/> sönlichkeiten und kleinlichen Intriguen die Tage hinzubringen weiß. Was<lb/> wurde nicht in den letzten Monaten gegen den von Preußen gesandten Corps¬<lb/> commandanten General von Stülpnagel intriguirt, was wurde an Klatsch<lb/> in Umlauf gesetzt, alles durch officielle Federn des württembergischen Pre߬<lb/> bureaus, voran der Beobachter, der längst zum gern gesehenen Organ des Hof¬<lb/> klatsches geworden ist! Stülpnagel wird, wenn auch in allen Kreisen des<lb/> Militärs der Verlust des beliebten Chefs aufs höchste bedauert wird, abgehen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0122]
die, falls sie nicht apokryph und Riemer ihr wahrer Verfasser sein sollte, nicht
gerade tief gegriffen sind. Scherer giebt eine Studie zur Geschichte des latei¬
nischen Dramas im XVI. und XVII. Jahrhundert und zwar eine kurze Analyse
des Dramas eines unbekannten Westphalen Christoph Brockhagen „^Mpno-
eomui" die Parabel der 10 klugen und thörichten Jungfrauen von 1S9S.
Ob der Dichter die Lobsprüche verdient, die ihm höfliche zeitgenössische Gönner
machten und in die sein Erwecker einzustimmen — natürlich mit einigen Re¬
serven— geneigt ist, vermögen wir nicht zu sagen. So viel aber läßt sich
sagen, daß einer schon aus diesem einzigen dramatischen Erzeugniß des da¬
maligen Deutschland, wenn es auch in lateinischer Sprache verfaßt ist, lernen
kann, wenn er nämlich will, woran es lag, daß es damals in unserm Vater¬
land sehr viele Dramatiker, lateinische und deutsche, und keinen Shakespeare
gegeben hat. Gewiß aber wird für die innere Einsicht in die Gestaltung un¬
serer deutschen Kunst oder Gelehrtenliteratur vor und seit Opitz aus der
Geschichte der lateinischen Poesie derselben Zeit und desselben Ortes sehr
viel zu entnehmen sein, wie Scherer mit Recht andeutet.
H. Rückert.
Der Schluß des Reichstags gibt uns Anlaß, einen Rückblick auf die
letzten Monate der schwäbischen Politik zu werfen: wenn es noch erlaubt
ist, von einer solchen zu reden. Nehmen wir doch täglich auf allen Gebieten
unseres öffentlichen Lebens wahr, wie die Macht der Thatsachen sich geltend
macht und wirksamer ist als alles Reden und Schreiben wohl oder übel ge¬
sinnter Politiker. In der That wäre es schlimm um uns bestellt, wenn von
Würtemberg zur Zeit auch nur die geringste Leistung erwartet werden wollte,
mag man nun auf die Männer der Regierung oder die bisherigen Führer
der politischen Parteien blicken. Ueberall derselbe Mangel an Production,
dieselbe Erschlaffung, derselbe Mrasmus Senilis. Die Politik der höheren
Kreise ist zur kindlichen Spielerei geworden, die nur noch tändelnd mit Per¬
sönlichkeiten und kleinlichen Intriguen die Tage hinzubringen weiß. Was
wurde nicht in den letzten Monaten gegen den von Preußen gesandten Corps¬
commandanten General von Stülpnagel intriguirt, was wurde an Klatsch
in Umlauf gesetzt, alles durch officielle Federn des württembergischen Pre߬
bureaus, voran der Beobachter, der längst zum gern gesehenen Organ des Hof¬
klatsches geworden ist! Stülpnagel wird, wenn auch in allen Kreisen des
Militärs der Verlust des beliebten Chefs aufs höchste bedauert wird, abgehen
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