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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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und das Glück, einen eigenen Kriegsminister und eine eigene Kriegsverwaltung
zu besitzen, vollauf genießen. Wir brauchen kaum zu bemerken, daß die Höhe
dieser Exigenz wesentlich den Zweck hat, für eine Reihe von Jahren der Mi¬
litärverwaltung außerordentliche Geldmittel zur Verfügung zu stellen und da¬
mit auch für die Zukunft unliebsame Anläufe auf die fernere Beibehaltung
der kostspieligen eigenen Militärverwaltung ein für allemal abzuschneiden.
Man rechnet auf die Willfährigkeit der jetzigen Kammer, deren Mehrzahl aus
Beamten besteht, von denen ein ernster Angriff auf die Reservatrechte nicht
zu erwarten ist. Diese Vorlage steht somit in engster Verbindung mit der
Neubesetzung der Gesandtschaftsposten in Wien und Petersburg. Man könnte
Angesichts der Unschädlichkeit dieser jüngsten schwäbischen Diplomaten, welche
mit geringem Gehalt eine höchst precäre Stellung auf jenen bedeutenden
Plätzen einzunehmen haben, diesen neuesten Act der schwäbischen Politik be¬
lächeln, wäre es nicht allbekannt, in welch unglaublicher Weise in den letzten
Jahren die Interessen der württembergischen Staatsangehörigen von dieser
Diplomatie vertreten worden sind. Man denke sich einen württembergischen
Bevollmächtigten in Se. Petersburg, der keine Mittel zur Repräsentation,
nicht einmal eine ordentliche Kanzlei besitzt, dem die Rechtsverhältnisse und die
Behördenorganisation des Staats, bei dem er accreditirt ist, gänzlich fremd
sind und dem auch keinerlei Berather zur Seite steht. Man wird es dann
erklärlich finden, wenn wir behaupten, daß in den letzten Jahren Behörden
und Privaten geradezu hilflos waren, wenn es sich auch nur um die einfachste
Insinuation in Rußland handelte.

Bekanntlich hat Herr v, Mittnacht die heftige Sprache des von dem
württembergischen Bevollmächtigten im Bundesrath verfaßten Majoritäts¬
gutachtens des Justizausschusses über den Laster'schen Antrag desavouirr und
behauptet, sein Stellvertreter, ""der von ihm keine detaillirte Instruction er¬
halten"", habe solches gleichsam auf eigene Rechnung gefertigt: man bringt
hiermit die Thatsache in Zusammenhang, daß Herr v. Mittnacht für die
Fortsetzung der begonnenen Arbeiten über die Civilstrafordnung einen andern
Bevollmächtigten nach Berlin geschickt hat. Daß in Nürnberg über den
Laster'schen Antrag zwischen Mittnacht und Fäustle verhandelt wurde, steht
trotz der officiellen Ableugnung im württembergischen Staatsanzeiger und in
". der Augsburger Allgemeinen Zeitung fest.




Weihnachtsbücherschau.

Das Fest der Jugend naht wieder heran -- das höchste Fest Aller, die
jugendfrisch in den Lichterglanz des Weihnachtsbaumes blicken, mögen sie noch


und das Glück, einen eigenen Kriegsminister und eine eigene Kriegsverwaltung
zu besitzen, vollauf genießen. Wir brauchen kaum zu bemerken, daß die Höhe
dieser Exigenz wesentlich den Zweck hat, für eine Reihe von Jahren der Mi¬
litärverwaltung außerordentliche Geldmittel zur Verfügung zu stellen und da¬
mit auch für die Zukunft unliebsame Anläufe auf die fernere Beibehaltung
der kostspieligen eigenen Militärverwaltung ein für allemal abzuschneiden.
Man rechnet auf die Willfährigkeit der jetzigen Kammer, deren Mehrzahl aus
Beamten besteht, von denen ein ernster Angriff auf die Reservatrechte nicht
zu erwarten ist. Diese Vorlage steht somit in engster Verbindung mit der
Neubesetzung der Gesandtschaftsposten in Wien und Petersburg. Man könnte
Angesichts der Unschädlichkeit dieser jüngsten schwäbischen Diplomaten, welche
mit geringem Gehalt eine höchst precäre Stellung auf jenen bedeutenden
Plätzen einzunehmen haben, diesen neuesten Act der schwäbischen Politik be¬
lächeln, wäre es nicht allbekannt, in welch unglaublicher Weise in den letzten
Jahren die Interessen der württembergischen Staatsangehörigen von dieser
Diplomatie vertreten worden sind. Man denke sich einen württembergischen
Bevollmächtigten in Se. Petersburg, der keine Mittel zur Repräsentation,
nicht einmal eine ordentliche Kanzlei besitzt, dem die Rechtsverhältnisse und die
Behördenorganisation des Staats, bei dem er accreditirt ist, gänzlich fremd
sind und dem auch keinerlei Berather zur Seite steht. Man wird es dann
erklärlich finden, wenn wir behaupten, daß in den letzten Jahren Behörden
und Privaten geradezu hilflos waren, wenn es sich auch nur um die einfachste
Insinuation in Rußland handelte.

Bekanntlich hat Herr v, Mittnacht die heftige Sprache des von dem
württembergischen Bevollmächtigten im Bundesrath verfaßten Majoritäts¬
gutachtens des Justizausschusses über den Laster'schen Antrag desavouirr und
behauptet, sein Stellvertreter, „„der von ihm keine detaillirte Instruction er¬
halten"", habe solches gleichsam auf eigene Rechnung gefertigt: man bringt
hiermit die Thatsache in Zusammenhang, daß Herr v. Mittnacht für die
Fortsetzung der begonnenen Arbeiten über die Civilstrafordnung einen andern
Bevollmächtigten nach Berlin geschickt hat. Daß in Nürnberg über den
Laster'schen Antrag zwischen Mittnacht und Fäustle verhandelt wurde, steht
trotz der officiellen Ableugnung im württembergischen Staatsanzeiger und in
«. der Augsburger Allgemeinen Zeitung fest.




Weihnachtsbücherschau.

Das Fest der Jugend naht wieder heran — das höchste Fest Aller, die
jugendfrisch in den Lichterglanz des Weihnachtsbaumes blicken, mögen sie noch


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[0326] und das Glück, einen eigenen Kriegsminister und eine eigene Kriegsverwaltung zu besitzen, vollauf genießen. Wir brauchen kaum zu bemerken, daß die Höhe dieser Exigenz wesentlich den Zweck hat, für eine Reihe von Jahren der Mi¬ litärverwaltung außerordentliche Geldmittel zur Verfügung zu stellen und da¬ mit auch für die Zukunft unliebsame Anläufe auf die fernere Beibehaltung der kostspieligen eigenen Militärverwaltung ein für allemal abzuschneiden. Man rechnet auf die Willfährigkeit der jetzigen Kammer, deren Mehrzahl aus Beamten besteht, von denen ein ernster Angriff auf die Reservatrechte nicht zu erwarten ist. Diese Vorlage steht somit in engster Verbindung mit der Neubesetzung der Gesandtschaftsposten in Wien und Petersburg. Man könnte Angesichts der Unschädlichkeit dieser jüngsten schwäbischen Diplomaten, welche mit geringem Gehalt eine höchst precäre Stellung auf jenen bedeutenden Plätzen einzunehmen haben, diesen neuesten Act der schwäbischen Politik be¬ lächeln, wäre es nicht allbekannt, in welch unglaublicher Weise in den letzten Jahren die Interessen der württembergischen Staatsangehörigen von dieser Diplomatie vertreten worden sind. Man denke sich einen württembergischen Bevollmächtigten in Se. Petersburg, der keine Mittel zur Repräsentation, nicht einmal eine ordentliche Kanzlei besitzt, dem die Rechtsverhältnisse und die Behördenorganisation des Staats, bei dem er accreditirt ist, gänzlich fremd sind und dem auch keinerlei Berather zur Seite steht. Man wird es dann erklärlich finden, wenn wir behaupten, daß in den letzten Jahren Behörden und Privaten geradezu hilflos waren, wenn es sich auch nur um die einfachste Insinuation in Rußland handelte. Bekanntlich hat Herr v, Mittnacht die heftige Sprache des von dem württembergischen Bevollmächtigten im Bundesrath verfaßten Majoritäts¬ gutachtens des Justizausschusses über den Laster'schen Antrag desavouirr und behauptet, sein Stellvertreter, „„der von ihm keine detaillirte Instruction er¬ halten"", habe solches gleichsam auf eigene Rechnung gefertigt: man bringt hiermit die Thatsache in Zusammenhang, daß Herr v. Mittnacht für die Fortsetzung der begonnenen Arbeiten über die Civilstrafordnung einen andern Bevollmächtigten nach Berlin geschickt hat. Daß in Nürnberg über den Laster'schen Antrag zwischen Mittnacht und Fäustle verhandelt wurde, steht trotz der officiellen Ableugnung im württembergischen Staatsanzeiger und in «. der Augsburger Allgemeinen Zeitung fest. Weihnachtsbücherschau. Das Fest der Jugend naht wieder heran — das höchste Fest Aller, die jugendfrisch in den Lichterglanz des Weihnachtsbaumes blicken, mögen sie noch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/326>, abgerufen am 22.07.2024.