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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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auch seine Verwandtschaft mit dem etwas magern Stil etwa eines Boticelli her¬
vor. -- Die übrigen Kunstwerke Perugia's werden wir im nächsten Briefe
schildern.




Jas IuöMum des Mpstes in Kom.
(Vom Correspondenten der Daily News.)

Wir haben die Feier jenes Jubiläums im Leben Pio Nonos, jenes Jah¬
restags begonnen, den man, wenn ein Ehepaar dahin gelangt, die silberne
Hochzeit nennt. Im vorliegenden Fall kann die fünfundzwanzigste Wieder¬
kehr des Tages, an welchem der Papst in väterliche Beziehungen zu den Gläu¬
bigen der katholischen Welt trat, füglich eine silberne oder goldene genannt
werden, wenn man dabei den Betrag an Silber- und Goldmünzen im Auge
hat, die in Gestalt von Opferspenden frommer Seelen in den Gotteskasten des
Vaticans fließen. Indeß würde die Bezeichnung silbern besser als golden für
den Tag passen, wenn jenes Epithet den Unterschied zwischen großem Gerede
und klugem Schweigen richtig ausdrückt, da das große Gerede auf beiden
Seiten, der cleriealen und der liberalen, zu reichlich florirte, um nach dem Ge¬
schmack einfacher, nüchterner verständiger Leute zu sein. In der That, es wird
ziemlich wunderbar sein, wenn die Masse großen Geredes, welches uns die
letzten vierzehn Tage umsummte und betäubte, sich nicht als Vorläufer irgend
eines sinnlosen Aufruhrs oder wenigstens einer Anzahl von Balgereien er¬
weist; hinreichend, um das Gedächtniß des päpstlichen Jubiläums nicht so
friedlich fortleben zu lassen, als wünschenswert!) ist. Es ist Thatsache, daß
nicht wenige der letzthin freigewordenen Bürger Roms und andrerseits die
Parteigänger des Unfehlbarer gegen einander Gefühle hegen, die denen der
Dienerschaften der rivalisirenden Häuser der Capuletti und Montecchi in der
Eröffnungsscene von Shakespears Stück gleichen. Sie zeigen sich ingrimmig
die Zungen, und ohne gerade den so geschmähten Feind persönlich zu nennen,
sind sie völlig bereit, durch kräftige Hiebe ihr Recht zu dieser Verwendung
ihres Sprechorgans zu beweisen.

Man kann mit gutem Gewissen voraussagen, daß diese letzte und höchste
Anstrengung der Jesuiten mit einem feierlichen Fiasco enden wird. Man'
braucht nur eine Droschke zu nehmen und eine Stunde durch Rom zu fahren.


auch seine Verwandtschaft mit dem etwas magern Stil etwa eines Boticelli her¬
vor. — Die übrigen Kunstwerke Perugia's werden wir im nächsten Briefe
schildern.




Jas IuöMum des Mpstes in Kom.
(Vom Correspondenten der Daily News.)

Wir haben die Feier jenes Jubiläums im Leben Pio Nonos, jenes Jah¬
restags begonnen, den man, wenn ein Ehepaar dahin gelangt, die silberne
Hochzeit nennt. Im vorliegenden Fall kann die fünfundzwanzigste Wieder¬
kehr des Tages, an welchem der Papst in väterliche Beziehungen zu den Gläu¬
bigen der katholischen Welt trat, füglich eine silberne oder goldene genannt
werden, wenn man dabei den Betrag an Silber- und Goldmünzen im Auge
hat, die in Gestalt von Opferspenden frommer Seelen in den Gotteskasten des
Vaticans fließen. Indeß würde die Bezeichnung silbern besser als golden für
den Tag passen, wenn jenes Epithet den Unterschied zwischen großem Gerede
und klugem Schweigen richtig ausdrückt, da das große Gerede auf beiden
Seiten, der cleriealen und der liberalen, zu reichlich florirte, um nach dem Ge¬
schmack einfacher, nüchterner verständiger Leute zu sein. In der That, es wird
ziemlich wunderbar sein, wenn die Masse großen Geredes, welches uns die
letzten vierzehn Tage umsummte und betäubte, sich nicht als Vorläufer irgend
eines sinnlosen Aufruhrs oder wenigstens einer Anzahl von Balgereien er¬
weist; hinreichend, um das Gedächtniß des päpstlichen Jubiläums nicht so
friedlich fortleben zu lassen, als wünschenswert!) ist. Es ist Thatsache, daß
nicht wenige der letzthin freigewordenen Bürger Roms und andrerseits die
Parteigänger des Unfehlbarer gegen einander Gefühle hegen, die denen der
Dienerschaften der rivalisirenden Häuser der Capuletti und Montecchi in der
Eröffnungsscene von Shakespears Stück gleichen. Sie zeigen sich ingrimmig
die Zungen, und ohne gerade den so geschmähten Feind persönlich zu nennen,
sind sie völlig bereit, durch kräftige Hiebe ihr Recht zu dieser Verwendung
ihres Sprechorgans zu beweisen.

Man kann mit gutem Gewissen voraussagen, daß diese letzte und höchste
Anstrengung der Jesuiten mit einem feierlichen Fiasco enden wird. Man'
braucht nur eine Droschke zu nehmen und eine Stunde durch Rom zu fahren.


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[0067] auch seine Verwandtschaft mit dem etwas magern Stil etwa eines Boticelli her¬ vor. — Die übrigen Kunstwerke Perugia's werden wir im nächsten Briefe schildern. Jas IuöMum des Mpstes in Kom. (Vom Correspondenten der Daily News.) Wir haben die Feier jenes Jubiläums im Leben Pio Nonos, jenes Jah¬ restags begonnen, den man, wenn ein Ehepaar dahin gelangt, die silberne Hochzeit nennt. Im vorliegenden Fall kann die fünfundzwanzigste Wieder¬ kehr des Tages, an welchem der Papst in väterliche Beziehungen zu den Gläu¬ bigen der katholischen Welt trat, füglich eine silberne oder goldene genannt werden, wenn man dabei den Betrag an Silber- und Goldmünzen im Auge hat, die in Gestalt von Opferspenden frommer Seelen in den Gotteskasten des Vaticans fließen. Indeß würde die Bezeichnung silbern besser als golden für den Tag passen, wenn jenes Epithet den Unterschied zwischen großem Gerede und klugem Schweigen richtig ausdrückt, da das große Gerede auf beiden Seiten, der cleriealen und der liberalen, zu reichlich florirte, um nach dem Ge¬ schmack einfacher, nüchterner verständiger Leute zu sein. In der That, es wird ziemlich wunderbar sein, wenn die Masse großen Geredes, welches uns die letzten vierzehn Tage umsummte und betäubte, sich nicht als Vorläufer irgend eines sinnlosen Aufruhrs oder wenigstens einer Anzahl von Balgereien er¬ weist; hinreichend, um das Gedächtniß des päpstlichen Jubiläums nicht so friedlich fortleben zu lassen, als wünschenswert!) ist. Es ist Thatsache, daß nicht wenige der letzthin freigewordenen Bürger Roms und andrerseits die Parteigänger des Unfehlbarer gegen einander Gefühle hegen, die denen der Dienerschaften der rivalisirenden Häuser der Capuletti und Montecchi in der Eröffnungsscene von Shakespears Stück gleichen. Sie zeigen sich ingrimmig die Zungen, und ohne gerade den so geschmähten Feind persönlich zu nennen, sind sie völlig bereit, durch kräftige Hiebe ihr Recht zu dieser Verwendung ihres Sprechorgans zu beweisen. Man kann mit gutem Gewissen voraussagen, daß diese letzte und höchste Anstrengung der Jesuiten mit einem feierlichen Fiasco enden wird. Man' braucht nur eine Droschke zu nehmen und eine Stunde durch Rom zu fahren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/67>, abgerufen am 24.07.2024.