Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Eine Episode aus der Geschichte des Jahres 1813. Nachdem neuerdings einer der schmachvollsten Vorgänge, welche die Die große Völkerschlacht, welche die napoleonische Universalmonarchie Allein fast in demselben Augenblicke, wo Dank vorzugsweise der unver¬ Grenzboten IV. 1870. 22
Eine Episode aus der Geschichte des Jahres 1813. Nachdem neuerdings einer der schmachvollsten Vorgänge, welche die Die große Völkerschlacht, welche die napoleonische Universalmonarchie Allein fast in demselben Augenblicke, wo Dank vorzugsweise der unver¬ Grenzboten IV. 1870. 22
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Eine Episode aus der Geschichte des Jahres 1813.
Nachdem neuerdings einer der schmachvollsten Vorgänge, welche die
deutsche Geschichte aufzuweisen hat, der Rastadter Gesandtenmord, in Ver¬
anlassung verschiedener darüber erschienener Schriften eine vermehrte Auf¬
merksamkeit aus sich gezogen, wird es vielleicht nicht ohne Interesse sein, wenn
wir im Folgenden den Lesern d. Bl. ein Seitenstück dazu, glücklicherweise aber
von harmloserer Art, das selbst nicht ohne einen humoristischen Zug ist,
aus der Geschichte des Jahres 1813 vorführen.
Die große Völkerschlacht, welche die napoleonische Universalmonarchie
zertrümmerte, hatte wie erklärlich von den Staaten des Rheinbundes keinen
so unmittelbar und so tief berührt wie den. auf dessen Gefilden die blutige
Entscheidung ausgekämpft worden war. Das Königreich Sachsen, das beim
Beginn des Feldzugs von den Verbündeten ebenso herzlich und eifrig als
erfolglos umworbene, war dadurch vollständig in die Hand des Siegers ge¬
fallen, der König als Kriegsgefangener nach Berlin abgeführt, das Land
unter eine provisorische Verwaltung gestellt, deren nächster Zweck war, die
Hilfsmittel desselben, die nur zu lange dem Unterdrücker zur Verfügung ge¬
standen hatten, nunmehr für die Befreiung Deutschlands nutzbar zu machen.
Was weiter aus Sachsen werden würde, darüber schwebte zunächst noch
Dunkel. Preußischerseits freilich zweifelte man nicht im geringsten, daß
darüber^ als über ein in offenem und ehrlichem Kampfe erobertes Land nach
Knegsrecht zu verfügen sei und daß demnach vor allen Dingen Sachsen,
weil durch seine geographische Lage hierzu besonders geeignet, zu der von
Kaiser Alexander in Kalisch feierlich zugesagten Wiederherstellung der preußi¬
schen Monarchie in ihrem früheren Umfange verwendet werden müsse, eine
Annahme, die um so mehr Berechtigung hatte, als bereits damals der russi¬
sche Kaiser eben dieses Land seinem Verbündeten als Ersatz für den Verzicht
auf die früher preußischen Theile des Herzogthums Warschau angeboten hatte.
Allein fast in demselben Augenblicke, wo Dank vorzugsweise der unver¬
gleichlichen Hingabe des preußischen Volkes der glorreiche Sieg errungen
worden war, begannen auch schon von verschiedenen Seiten feindselige Kräfte
sich in Bewegung zu setzen, um Preußen die Früchte seiner ungeheuren An¬
strengungen zu verkümmern oder wenn möglich ganz zu entreißen. Zu wel¬
chen widerwärtigen und gefahrvollen Discussionen diese Bestrebungen nachher
auf dem Wiener Congreß führten, ist hinreichend bekannt, aber bereits lange
vorher, ehe die Frage über Sachsens definitives Schicksal vor das Forum
der hohen Diplomatie gezogen wurde, war sie der Gegenstand einer im
stillen, aber mit höchster Geschäftigkeit arbeitenden Thätigkeit geworden, welche
Grenzboten IV. 1870. 22
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