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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Die Verbesserung der rvirthschastlichcn und gesellschaftlichen Stellung
der Frauen.

In einer Abhandlung, die mir kürzlich zu Gesicht kam. und welche den
Titel führt: "Die Herrschaft des Menschen über den Tod", hat der Verfasser*)
an der Hand der Statistik den Beweis zu erbringen gesucht, wie bis zu
einem gewissen Grade die dem menschlichen Leben feindlichen natürlichen
und gesellschaftlichen Mächte zu Gunsten einer längeren Lebensdauer über"
wunden werden können, und wie der Fortschritt der menschlichen Ge¬
sittung unmittelbar zurückwirkt auf die Verlängerung der durchschnittlichen
Lebensdauer.

Gewiß, die Gewalt der fortgeschrittenen Cultur wirkt bald prophylak¬
tisch, bald beseitigt sie schon ausgebrochene Uebel sicherer, sie hat eine Ver¬
längerung der durchschnittlichen Lebensdauer der Menschen überhaupt zur
Folge, und kann auch das Verhältniß zwischen der Sterblichkeit und der
Lebensdauer beider Geschlechter wesentlich, und zwar in der Weise
alteriren. daß der jetzt sich ergebende Unterschied einigermaßen verringert
wird.

Aber ob es jemals dahin kommen wird, daß in allen Culturländern
das Sterblichkeitsverhältniß in den verschiedenen Altersstufen und die Zahl
der gleichzeitig Lebenden im Wesentlichen die nämliche ist im männ¬
lichen wie im weiblichen G.eschlechte?

Bis jetzt ist für alle Culturvölker so gut wie ausnahmslos constatirt
worden: 1) Daß mehr Knaben geboren werden, als Mädchen; 2) daß die
weibliche Bevölkerung trotzdem die zahlreichere, weil die Sterblichkeit, nament¬
lich in den ersten Lebensjahren, bei dem männlichen Geschlecht eine stärkere
ist; 3) daß die weibliche Bevölkerung durchschnittlich eine längere Lebens¬
dauer erreicht, als die männliche.



*) H- Schwabe in Westermann's Jllustr, deutschen Monatsheften. Jahrg. 1867.
Grenzboten II. ,86g. 16
Die Verbesserung der rvirthschastlichcn und gesellschaftlichen Stellung
der Frauen.

In einer Abhandlung, die mir kürzlich zu Gesicht kam. und welche den
Titel führt: „Die Herrschaft des Menschen über den Tod", hat der Verfasser*)
an der Hand der Statistik den Beweis zu erbringen gesucht, wie bis zu
einem gewissen Grade die dem menschlichen Leben feindlichen natürlichen
und gesellschaftlichen Mächte zu Gunsten einer längeren Lebensdauer über«
wunden werden können, und wie der Fortschritt der menschlichen Ge¬
sittung unmittelbar zurückwirkt auf die Verlängerung der durchschnittlichen
Lebensdauer.

Gewiß, die Gewalt der fortgeschrittenen Cultur wirkt bald prophylak¬
tisch, bald beseitigt sie schon ausgebrochene Uebel sicherer, sie hat eine Ver¬
längerung der durchschnittlichen Lebensdauer der Menschen überhaupt zur
Folge, und kann auch das Verhältniß zwischen der Sterblichkeit und der
Lebensdauer beider Geschlechter wesentlich, und zwar in der Weise
alteriren. daß der jetzt sich ergebende Unterschied einigermaßen verringert
wird.

Aber ob es jemals dahin kommen wird, daß in allen Culturländern
das Sterblichkeitsverhältniß in den verschiedenen Altersstufen und die Zahl
der gleichzeitig Lebenden im Wesentlichen die nämliche ist im männ¬
lichen wie im weiblichen G.eschlechte?

Bis jetzt ist für alle Culturvölker so gut wie ausnahmslos constatirt
worden: 1) Daß mehr Knaben geboren werden, als Mädchen; 2) daß die
weibliche Bevölkerung trotzdem die zahlreichere, weil die Sterblichkeit, nament¬
lich in den ersten Lebensjahren, bei dem männlichen Geschlecht eine stärkere
ist; 3) daß die weibliche Bevölkerung durchschnittlich eine längere Lebens¬
dauer erreicht, als die männliche.



*) H- Schwabe in Westermann's Jllustr, deutschen Monatsheften. Jahrg. 1867.
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[0129] Die Verbesserung der rvirthschastlichcn und gesellschaftlichen Stellung der Frauen. In einer Abhandlung, die mir kürzlich zu Gesicht kam. und welche den Titel führt: „Die Herrschaft des Menschen über den Tod", hat der Verfasser*) an der Hand der Statistik den Beweis zu erbringen gesucht, wie bis zu einem gewissen Grade die dem menschlichen Leben feindlichen natürlichen und gesellschaftlichen Mächte zu Gunsten einer längeren Lebensdauer über« wunden werden können, und wie der Fortschritt der menschlichen Ge¬ sittung unmittelbar zurückwirkt auf die Verlängerung der durchschnittlichen Lebensdauer. Gewiß, die Gewalt der fortgeschrittenen Cultur wirkt bald prophylak¬ tisch, bald beseitigt sie schon ausgebrochene Uebel sicherer, sie hat eine Ver¬ längerung der durchschnittlichen Lebensdauer der Menschen überhaupt zur Folge, und kann auch das Verhältniß zwischen der Sterblichkeit und der Lebensdauer beider Geschlechter wesentlich, und zwar in der Weise alteriren. daß der jetzt sich ergebende Unterschied einigermaßen verringert wird. Aber ob es jemals dahin kommen wird, daß in allen Culturländern das Sterblichkeitsverhältniß in den verschiedenen Altersstufen und die Zahl der gleichzeitig Lebenden im Wesentlichen die nämliche ist im männ¬ lichen wie im weiblichen G.eschlechte? Bis jetzt ist für alle Culturvölker so gut wie ausnahmslos constatirt worden: 1) Daß mehr Knaben geboren werden, als Mädchen; 2) daß die weibliche Bevölkerung trotzdem die zahlreichere, weil die Sterblichkeit, nament¬ lich in den ersten Lebensjahren, bei dem männlichen Geschlecht eine stärkere ist; 3) daß die weibliche Bevölkerung durchschnittlich eine längere Lebens¬ dauer erreicht, als die männliche. *) H- Schwabe in Westermann's Jllustr, deutschen Monatsheften. Jahrg. 1867. Grenzboten II. ,86g. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/129>, abgerufen am 04.07.2024.