Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. II. Band.Die Rüstungen des Kaisers Napoleon. Seit fast zwei Jahren ist von der französischen Presse die Frage: ob In der letzten Zeit hat die ofsiciöse Presse Frankreichs, welche eine Zeit¬ Es besteht auch nicht die geringste diplomatische Differenz, welche Grmzboten II. 1868. 31
Die Rüstungen des Kaisers Napoleon. Seit fast zwei Jahren ist von der französischen Presse die Frage: ob In der letzten Zeit hat die ofsiciöse Presse Frankreichs, welche eine Zeit¬ Es besteht auch nicht die geringste diplomatische Differenz, welche Grmzboten II. 1868. 31
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Die Rüstungen des Kaisers Napoleon.
Seit fast zwei Jahren ist von der französischen Presse die Frage: ob
Frankreich Krieg mit uns führen solle, ob Friede halten, mit einem Eifer
und zuweilen in einer Sprache verhandelt worden, welche i-n der Geschichte
moderner Culturvölker unerhört sind. Wir Deutsche haben uns fast daran
gewöhnt, bei dem festlichen Rauch der Friedenspfeifen die Versicherungen
unserer lieben Nachbarn zu hören, daß die Ehre Frankreichs doch unver¬
meidlich mache, unsere Dörfer in Brand zu schießen, unsere Brüder und
Söhne durch die Mitrailleuse zu decimiren.
In der letzten Zeit hat die ofsiciöse Presse Frankreichs, welche eine Zeit¬
lang maßlos zum Krieg trommelte, die Weisung bekommen, den Frieden zu
verkünden, und gern möchten wir uns der Hoffnung hingeben, daß die Auf¬
regung in Frankreich vorüber sei. Denn wir brauchen den Frieden überall,
zur Befestigung unsers neuen Staatsverbandes, für große Akte unserer Ver¬
kehrsgesetzgebung, vor allem um durch die emsige Arbeit unserer Werkstätten
und Comptoire wieder einzubringen, was wir in den letzten Jahren verloren
haben. Wir fühlen nicht den geringsten Ehrgeiz, uns mit unsern tapfern
Nachbarn zu raufen, wir erheben auch nicht den kleinsten Anspruch auf das
kleinste Dorf oder einen Brückenpfahl Frankreichs; wir denken nicht daran,
ihm Größe, Kriegsruhm, Cultur zu beneiden, wir vermögen uns auch keinen
Ort zu entdecken, wo unsere Existenz die wirklichen Interessen der französischen
Nation schädigen könnte; wir sind uns völlig bewußt, daß der friedliche Aus¬
tausch deutscher und französischer Arbeit für uns wie für unsere Nachbarn
der beste Vortheil ist. Nie hat ein Volk einem andern gegenüber unbefan¬
gener, billiger und friedlicher auf der Defensive gestanden, als wir jetzt gegen
das Reich Kaiser Napoleons.
Es besteht auch nicht die geringste diplomatische Differenz, welche
Veranlassung zu einem Kriege werden könnte; selten war der Verkehr
zwischen den Cabinetten ruhiger und freier von ärgerlichen Fragen. Der
Kaiser hat wiederholt erklärt, daß er die Resultate des Jahres 1866 für
Deutschland anerkenne. Die luxemburger Frage ist völlig vom Tisch ge-
Grmzboten II. 1868. 31
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