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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

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Der Verfasser erhebt am Schluß seines Buchs einen Weheruf über das
furchtbare Unglück, das über Deutschland hereingebrochen sei. "Die deutsche
Sprache wird die preußische werden" ruft er aus, "und nur noch Gedanken
und Gefühlen dienen, welche mit dem deutschen Wesen in Widerspruch stehn.
Der Hochmeister Albrecht, der Hohenzoller, nahm das Ordensland Preußen
wider Eid und Gelübde als erbliches Herzogthum an sich und trug es der
Krone Polen zu Lehn auf" (freilich wurde dadurch Preußen lutherisch und
kam dadurch später an Brandenburg, was beides Herrn Klopp nicht gefällt)
"und behielt trotz dieser Felonie gegen Kaiser und Reich den schwarzen Adler
im silbernen Felde bei. Dieses durch Felonie und Kirchenraub (!) entwendete
Wappen brachte Friedrich, der das Königthum nicht mehr auf das ehemalige
Preußen beschränkte, durch abermalige Untreue und den Bruch der Verpflich¬
tungen, die sein Großvater für die Königskrone in Preußen eingegangen war,
nach Deutschland wieder heim. Wie dieser preußische Reichsadler für die ge-
sammte Monarchie erlangt ist durch doppelten Verrath an Deutschland, ähn¬
lich steht der Gebrauch der Sprache für das Preußenthum in
Widerspruch mit dem deutschen Wesen."

Das Alles fürchtet Herr Klopp, wenn sich die jetzigen Verhältnisse con-
solidiren sollten und er bemitleidet im Voraus alle Staatsangehörigen des
norddeutschen Bundes. Doch hofft er auf Vergeltung, auf Umsturz. Wir
dagegen hoffen und wünschen, daß Herr Ouro Klopp, wenn auch nicht in
Hitzing, wo ihm bei der Wiederaufnahme seiner pädagogischen Wirksamkeit
doch allmählich die Zeit etwas lang werden dürfte, so doch sonst irgendwo im
Kreise ultramontaner Gesinnungsgenossen von der weiteren kräftigen Ent¬
wickelung des neuen deutschen Bundesstaates noch recht lange Zeit Zeuge
sein möge.




Politische Rundschau.
Das neue östreichische Ministerium und der Frieden.

X

Der Jahreswechsel war auch dieses Mal von einer Reihe nicht unwich¬
tiger Vorgänge begleitet. Zwar hat der Kaiser der Franzosen keines jener
geflügelten Worte gesprochen, welche die Naivetät der Börsen seit dem Jahre
1859 für unvermeidlich hielt, und ist der Neujahrstag allenthalben gleich be¬
deutungslos vorübergegangen: die Wochen, welche ihm vorhergingen, sind


Grenzboten I. 1SK8. 15

Der Verfasser erhebt am Schluß seines Buchs einen Weheruf über das
furchtbare Unglück, das über Deutschland hereingebrochen sei. „Die deutsche
Sprache wird die preußische werden" ruft er aus, „und nur noch Gedanken
und Gefühlen dienen, welche mit dem deutschen Wesen in Widerspruch stehn.
Der Hochmeister Albrecht, der Hohenzoller, nahm das Ordensland Preußen
wider Eid und Gelübde als erbliches Herzogthum an sich und trug es der
Krone Polen zu Lehn auf" (freilich wurde dadurch Preußen lutherisch und
kam dadurch später an Brandenburg, was beides Herrn Klopp nicht gefällt)
„und behielt trotz dieser Felonie gegen Kaiser und Reich den schwarzen Adler
im silbernen Felde bei. Dieses durch Felonie und Kirchenraub (!) entwendete
Wappen brachte Friedrich, der das Königthum nicht mehr auf das ehemalige
Preußen beschränkte, durch abermalige Untreue und den Bruch der Verpflich¬
tungen, die sein Großvater für die Königskrone in Preußen eingegangen war,
nach Deutschland wieder heim. Wie dieser preußische Reichsadler für die ge-
sammte Monarchie erlangt ist durch doppelten Verrath an Deutschland, ähn¬
lich steht der Gebrauch der Sprache für das Preußenthum in
Widerspruch mit dem deutschen Wesen."

Das Alles fürchtet Herr Klopp, wenn sich die jetzigen Verhältnisse con-
solidiren sollten und er bemitleidet im Voraus alle Staatsangehörigen des
norddeutschen Bundes. Doch hofft er auf Vergeltung, auf Umsturz. Wir
dagegen hoffen und wünschen, daß Herr Ouro Klopp, wenn auch nicht in
Hitzing, wo ihm bei der Wiederaufnahme seiner pädagogischen Wirksamkeit
doch allmählich die Zeit etwas lang werden dürfte, so doch sonst irgendwo im
Kreise ultramontaner Gesinnungsgenossen von der weiteren kräftigen Ent¬
wickelung des neuen deutschen Bundesstaates noch recht lange Zeit Zeuge
sein möge.




Politische Rundschau.
Das neue östreichische Ministerium und der Frieden.

X

Der Jahreswechsel war auch dieses Mal von einer Reihe nicht unwich¬
tiger Vorgänge begleitet. Zwar hat der Kaiser der Franzosen keines jener
geflügelten Worte gesprochen, welche die Naivetät der Börsen seit dem Jahre
1859 für unvermeidlich hielt, und ist der Neujahrstag allenthalben gleich be¬
deutungslos vorübergegangen: die Wochen, welche ihm vorhergingen, sind


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[0121] Der Verfasser erhebt am Schluß seines Buchs einen Weheruf über das furchtbare Unglück, das über Deutschland hereingebrochen sei. „Die deutsche Sprache wird die preußische werden" ruft er aus, „und nur noch Gedanken und Gefühlen dienen, welche mit dem deutschen Wesen in Widerspruch stehn. Der Hochmeister Albrecht, der Hohenzoller, nahm das Ordensland Preußen wider Eid und Gelübde als erbliches Herzogthum an sich und trug es der Krone Polen zu Lehn auf" (freilich wurde dadurch Preußen lutherisch und kam dadurch später an Brandenburg, was beides Herrn Klopp nicht gefällt) „und behielt trotz dieser Felonie gegen Kaiser und Reich den schwarzen Adler im silbernen Felde bei. Dieses durch Felonie und Kirchenraub (!) entwendete Wappen brachte Friedrich, der das Königthum nicht mehr auf das ehemalige Preußen beschränkte, durch abermalige Untreue und den Bruch der Verpflich¬ tungen, die sein Großvater für die Königskrone in Preußen eingegangen war, nach Deutschland wieder heim. Wie dieser preußische Reichsadler für die ge- sammte Monarchie erlangt ist durch doppelten Verrath an Deutschland, ähn¬ lich steht der Gebrauch der Sprache für das Preußenthum in Widerspruch mit dem deutschen Wesen." Das Alles fürchtet Herr Klopp, wenn sich die jetzigen Verhältnisse con- solidiren sollten und er bemitleidet im Voraus alle Staatsangehörigen des norddeutschen Bundes. Doch hofft er auf Vergeltung, auf Umsturz. Wir dagegen hoffen und wünschen, daß Herr Ouro Klopp, wenn auch nicht in Hitzing, wo ihm bei der Wiederaufnahme seiner pädagogischen Wirksamkeit doch allmählich die Zeit etwas lang werden dürfte, so doch sonst irgendwo im Kreise ultramontaner Gesinnungsgenossen von der weiteren kräftigen Ent¬ wickelung des neuen deutschen Bundesstaates noch recht lange Zeit Zeuge sein möge. Politische Rundschau. Das neue östreichische Ministerium und der Frieden. X Der Jahreswechsel war auch dieses Mal von einer Reihe nicht unwich¬ tiger Vorgänge begleitet. Zwar hat der Kaiser der Franzosen keines jener geflügelten Worte gesprochen, welche die Naivetät der Börsen seit dem Jahre 1859 für unvermeidlich hielt, und ist der Neujahrstag allenthalben gleich be¬ deutungslos vorübergegangen: die Wochen, welche ihm vorhergingen, sind Grenzboten I. 1SK8. 15

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/121>, abgerufen am 24.08.2024.