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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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diese Rettung des homburgischen Selbflbestimmungsrechtes. durch diese Wahrung
des Grundsatzes der "localen Centren", der deutschen Mannigfaltigkeit, der
Gleichberechtigung aller deutschen Staaten und Stämme -- mitinbegriffen den
großen Bolksstamm Hessen-Homburg, der nicht so viel Seelen de>t wie ein ge¬
wöhnliches ungarisches Dorf --, durch diese echt "föderative" Maßregel des
nationalgcsinnten Freiherrn v. Dalwigk war der Fortbestand der dessen-homburgi-
schen Spielbank, welche einen Pachtvertrag auf 99 Jahre hat gesichert bis an
das Ende aller Dinge. Leider aber kam das Ende aller Dinge viel früher, als
dies die darmstädtische Vorsehung calculut hatte. Durch die Friedensverträge
vom Herbst 1866 fiel Homburg an Preußen. Freilich darf nicht verschwiegen
werden, daß die süddeutschen Volksvereine und sonstigen Föderativrepublikaner
die Giltigkeit dieser Abtretung anfechten, weil die Grundsätze des "Selbst,
bcstimmungsrechtes der Nationen" erfordern, daß die dessen-homburgische Nation
aus dem Wege des allgemeinen Stimmrechts darüber entscheide, wen sie zu
ihrem Souverän haben will, und weil vorauszusehen ist. daß sie nicht den
König von Preußen, in dessen Monarchie Spielbanken nicht geduldet werden,
wählen wird, sondern in Ermangelung des Großherzogs von Hessen, welcher
das Land nun einmal schon unwiderruflich abgetreten hat, und in Ermangelung
des Landgrafen von Hessen-Homburg. welcher nun einmal schon unwiderruflich
todt ist, -- ohne Zweifel nach dem Grundsatze: "Der Zug des Herzens ist des
Schicksals Stimme!" ihre Wahl auf den gegenwärtigen Spielpächter Monsieur
Blanc richten würde. Leider erlaubt uns der Raum nicht, des Tieferen auf
diese aleatorisch-föderativ-republikanische Staatsrechtstheorie einzugehen, vielmehr
müssen wir uns darauf beschränken zu constatiren: Hessen-Homburg ist bis auf
Weiteres preußisch, -- mit inbegriffen die Spielbank, und die Entscheidung über
das Schicksal der letzteren liegt in den Händen des Königs, der berliner Kam¬
mern, des norddeutschen Bundes, des Parlaments, -- auf keinen Fall aber
mehr in denen Sr. königlichen Hoheit des Großherzogs und Höchstseincs Herrn
v. Dalwigk.


3. Das Kurfürstenthum Hessen.

Die Spielbanken in Nenndorf, Nauheim. Wilhelmsbad und Hofgeismar.
Die Spielpächter sind Franzosen: Bialy. Jouffroy, Marquis de Livry, und ein
Belgier: Jean de Wetters, der auch an der Spitze der nassauischen und waldeck-
schen Spielbanken steht. Die Spielbanken in Nenndorf und Hofgeismar zeich¬
nen sich durch ihre radikalen und volkstümlichen Gesinnungen aus, indem sie,
um keinen, auch nicht den gering Bemittelten, von den Wohlthaten des Spiels
auszuschließen, unter Zustimmung ihres hohen Erbleihherrn, Sr. königlichen
Hoheit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, den Einsatz im NvuKttespiel. der sich
in den übrigen Bädern aus der mehr aristokratischen Höhe einer Minimaltaxe


diese Rettung des homburgischen Selbflbestimmungsrechtes. durch diese Wahrung
des Grundsatzes der „localen Centren", der deutschen Mannigfaltigkeit, der
Gleichberechtigung aller deutschen Staaten und Stämme — mitinbegriffen den
großen Bolksstamm Hessen-Homburg, der nicht so viel Seelen de>t wie ein ge¬
wöhnliches ungarisches Dorf —, durch diese echt „föderative" Maßregel des
nationalgcsinnten Freiherrn v. Dalwigk war der Fortbestand der dessen-homburgi-
schen Spielbank, welche einen Pachtvertrag auf 99 Jahre hat gesichert bis an
das Ende aller Dinge. Leider aber kam das Ende aller Dinge viel früher, als
dies die darmstädtische Vorsehung calculut hatte. Durch die Friedensverträge
vom Herbst 1866 fiel Homburg an Preußen. Freilich darf nicht verschwiegen
werden, daß die süddeutschen Volksvereine und sonstigen Föderativrepublikaner
die Giltigkeit dieser Abtretung anfechten, weil die Grundsätze des „Selbst,
bcstimmungsrechtes der Nationen" erfordern, daß die dessen-homburgische Nation
aus dem Wege des allgemeinen Stimmrechts darüber entscheide, wen sie zu
ihrem Souverän haben will, und weil vorauszusehen ist. daß sie nicht den
König von Preußen, in dessen Monarchie Spielbanken nicht geduldet werden,
wählen wird, sondern in Ermangelung des Großherzogs von Hessen, welcher
das Land nun einmal schon unwiderruflich abgetreten hat, und in Ermangelung
des Landgrafen von Hessen-Homburg. welcher nun einmal schon unwiderruflich
todt ist, — ohne Zweifel nach dem Grundsatze: „Der Zug des Herzens ist des
Schicksals Stimme!" ihre Wahl auf den gegenwärtigen Spielpächter Monsieur
Blanc richten würde. Leider erlaubt uns der Raum nicht, des Tieferen auf
diese aleatorisch-föderativ-republikanische Staatsrechtstheorie einzugehen, vielmehr
müssen wir uns darauf beschränken zu constatiren: Hessen-Homburg ist bis auf
Weiteres preußisch, — mit inbegriffen die Spielbank, und die Entscheidung über
das Schicksal der letzteren liegt in den Händen des Königs, der berliner Kam¬
mern, des norddeutschen Bundes, des Parlaments, — auf keinen Fall aber
mehr in denen Sr. königlichen Hoheit des Großherzogs und Höchstseincs Herrn
v. Dalwigk.


3. Das Kurfürstenthum Hessen.

Die Spielbanken in Nenndorf, Nauheim. Wilhelmsbad und Hofgeismar.
Die Spielpächter sind Franzosen: Bialy. Jouffroy, Marquis de Livry, und ein
Belgier: Jean de Wetters, der auch an der Spitze der nassauischen und waldeck-
schen Spielbanken steht. Die Spielbanken in Nenndorf und Hofgeismar zeich¬
nen sich durch ihre radikalen und volkstümlichen Gesinnungen aus, indem sie,
um keinen, auch nicht den gering Bemittelten, von den Wohlthaten des Spiels
auszuschließen, unter Zustimmung ihres hohen Erbleihherrn, Sr. königlichen
Hoheit des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, den Einsatz im NvuKttespiel. der sich
in den übrigen Bädern aus der mehr aristokratischen Höhe einer Minimaltaxe


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/34>, abgerufen am 22.12.2024.