Als die preußischen Truppen das Königreich Sachsen besetzten, ließen sie die sächsische Landesregierung und Verwaltung unter den Einschränkungen be¬ stehen, welche der Kriegszustand auferlegte. Auch nach dieser Richtung war das Maß der Beschränkungen, welche verfügt wurden, das möglichst kleinste. Die Landescommissivn, welche der König vor seiner Abreise eingesetzt hatte, und deren Zusammensetzung einem ernsten rechtlichen Bedenken unterliegt, blieb in Thätigkeit, sie durfte gegen einzelne preußische Zumuthungen opponiren. ihr würde sogar die freie Verwaltung der Finanzen überlassen, nachdem eine feste Tageszahlung für Unterhalt der preußischen Truppen :c. vereinbart war, sogar ihre directe Communication mit dem abwesenden König von Sachsen würde Von Preußen in Anspruch genommen. Auch die Kreisdnectionen wurden nur factisch durch die Maßnahmen des Civilcommissars und der Militärcommandan. ten eingeengt, die Gerichtshöfe sprachen Recht im Namen des Königs von Sachsen/ das sächsische Wappen dauerte friedlich in der Nähe der preußischen Schilderhäuser, nur die Verkehrsanstalten, Post, Eisenbahnen, Telegraphen, standen unter preußischer Controle. Die Beamtenmaschine Sachsens arbeitete trotz der Störungen ruhig fort, der Diensteid der Angestellten, der Bürgereid der Einwohner wurde von Preußen als rechtsbeständig anerkannt. Und doch war nach allgemeiner Empfindung alles unsicher geworden, der Ausgang auf den Lauf der Kugel gestellt.
Vor acht Tagen kamen durch die berliner Provinzialcorrespondenz die ersten officiösen Andeutungen über die Zukunft Sachsens, erst vor drei "Tagen wurde der Wortlaut der Friedenspräliminarien bekannt, gleich darauf erfuhr man. daß Graf Hohenthal von Wien, wohin ihn der König von Sachsen berufen, nach Berlin gereist sei, um auf Grundlage der östreichischen Präliminarien über den Frieden mit Preußen zu verhandeln. Möglich, allerdings nicht wahrscheinlich,
Grenzboten III. 1866. 31
Die Zukunft des Königreichs Lachsen.
Als die preußischen Truppen das Königreich Sachsen besetzten, ließen sie die sächsische Landesregierung und Verwaltung unter den Einschränkungen be¬ stehen, welche der Kriegszustand auferlegte. Auch nach dieser Richtung war das Maß der Beschränkungen, welche verfügt wurden, das möglichst kleinste. Die Landescommissivn, welche der König vor seiner Abreise eingesetzt hatte, und deren Zusammensetzung einem ernsten rechtlichen Bedenken unterliegt, blieb in Thätigkeit, sie durfte gegen einzelne preußische Zumuthungen opponiren. ihr würde sogar die freie Verwaltung der Finanzen überlassen, nachdem eine feste Tageszahlung für Unterhalt der preußischen Truppen :c. vereinbart war, sogar ihre directe Communication mit dem abwesenden König von Sachsen würde Von Preußen in Anspruch genommen. Auch die Kreisdnectionen wurden nur factisch durch die Maßnahmen des Civilcommissars und der Militärcommandan. ten eingeengt, die Gerichtshöfe sprachen Recht im Namen des Königs von Sachsen/ das sächsische Wappen dauerte friedlich in der Nähe der preußischen Schilderhäuser, nur die Verkehrsanstalten, Post, Eisenbahnen, Telegraphen, standen unter preußischer Controle. Die Beamtenmaschine Sachsens arbeitete trotz der Störungen ruhig fort, der Diensteid der Angestellten, der Bürgereid der Einwohner wurde von Preußen als rechtsbeständig anerkannt. Und doch war nach allgemeiner Empfindung alles unsicher geworden, der Ausgang auf den Lauf der Kugel gestellt.
Vor acht Tagen kamen durch die berliner Provinzialcorrespondenz die ersten officiösen Andeutungen über die Zukunft Sachsens, erst vor drei "Tagen wurde der Wortlaut der Friedenspräliminarien bekannt, gleich darauf erfuhr man. daß Graf Hohenthal von Wien, wohin ihn der König von Sachsen berufen, nach Berlin gereist sei, um auf Grundlage der östreichischen Präliminarien über den Frieden mit Preußen zu verhandeln. Möglich, allerdings nicht wahrscheinlich,
Grenzboten III. 1866. 31
<TEI><text><body><div><divn="1"><pbfacs="#f0263"corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285851"/></div><divn="1"><head> Die Zukunft des Königreichs Lachsen.</head><lb/><pxml:id="ID_791"> Als die preußischen Truppen das Königreich Sachsen besetzten, ließen sie<lb/>
die sächsische Landesregierung und Verwaltung unter den Einschränkungen be¬<lb/>
stehen, welche der Kriegszustand auferlegte. Auch nach dieser Richtung war das<lb/>
Maß der Beschränkungen, welche verfügt wurden, das möglichst kleinste. Die<lb/>
Landescommissivn, welche der König vor seiner Abreise eingesetzt hatte, und<lb/>
deren Zusammensetzung einem ernsten rechtlichen Bedenken unterliegt, blieb in<lb/>
Thätigkeit, sie durfte gegen einzelne preußische Zumuthungen opponiren. ihr<lb/>
würde sogar die freie Verwaltung der Finanzen überlassen, nachdem eine feste<lb/>
Tageszahlung für Unterhalt der preußischen Truppen :c. vereinbart war, sogar<lb/>
ihre directe Communication mit dem abwesenden König von Sachsen würde<lb/>
Von Preußen in Anspruch genommen. Auch die Kreisdnectionen wurden nur<lb/>
factisch durch die Maßnahmen des Civilcommissars und der Militärcommandan.<lb/>
ten eingeengt, die Gerichtshöfe sprachen Recht im Namen des Königs von<lb/>
Sachsen/ das sächsische Wappen dauerte friedlich in der Nähe der preußischen<lb/>
Schilderhäuser, nur die Verkehrsanstalten, Post, Eisenbahnen, Telegraphen,<lb/>
standen unter preußischer Controle. Die Beamtenmaschine Sachsens arbeitete<lb/>
trotz der Störungen ruhig fort, der Diensteid der Angestellten, der Bürgereid<lb/>
der Einwohner wurde von Preußen als rechtsbeständig anerkannt. Und doch<lb/>
war nach allgemeiner Empfindung alles unsicher geworden, der Ausgang auf<lb/>
den Lauf der Kugel gestellt.</p><lb/><pxml:id="ID_792"next="#ID_793"> Vor acht Tagen kamen durch die berliner Provinzialcorrespondenz die ersten<lb/>
officiösen Andeutungen über die Zukunft Sachsens, erst vor drei "Tagen wurde<lb/>
der Wortlaut der Friedenspräliminarien bekannt, gleich darauf erfuhr man. daß<lb/>
Graf Hohenthal von Wien, wohin ihn der König von Sachsen berufen, nach<lb/>
Berlin gereist sei, um auf Grundlage der östreichischen Präliminarien über den<lb/>
Frieden mit Preußen zu verhandeln. Möglich, allerdings nicht wahrscheinlich,</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"> Grenzboten III. 1866. 31</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[0263]
Die Zukunft des Königreichs Lachsen.
Als die preußischen Truppen das Königreich Sachsen besetzten, ließen sie
die sächsische Landesregierung und Verwaltung unter den Einschränkungen be¬
stehen, welche der Kriegszustand auferlegte. Auch nach dieser Richtung war das
Maß der Beschränkungen, welche verfügt wurden, das möglichst kleinste. Die
Landescommissivn, welche der König vor seiner Abreise eingesetzt hatte, und
deren Zusammensetzung einem ernsten rechtlichen Bedenken unterliegt, blieb in
Thätigkeit, sie durfte gegen einzelne preußische Zumuthungen opponiren. ihr
würde sogar die freie Verwaltung der Finanzen überlassen, nachdem eine feste
Tageszahlung für Unterhalt der preußischen Truppen :c. vereinbart war, sogar
ihre directe Communication mit dem abwesenden König von Sachsen würde
Von Preußen in Anspruch genommen. Auch die Kreisdnectionen wurden nur
factisch durch die Maßnahmen des Civilcommissars und der Militärcommandan.
ten eingeengt, die Gerichtshöfe sprachen Recht im Namen des Königs von
Sachsen/ das sächsische Wappen dauerte friedlich in der Nähe der preußischen
Schilderhäuser, nur die Verkehrsanstalten, Post, Eisenbahnen, Telegraphen,
standen unter preußischer Controle. Die Beamtenmaschine Sachsens arbeitete
trotz der Störungen ruhig fort, der Diensteid der Angestellten, der Bürgereid
der Einwohner wurde von Preußen als rechtsbeständig anerkannt. Und doch
war nach allgemeiner Empfindung alles unsicher geworden, der Ausgang auf
den Lauf der Kugel gestellt.
Vor acht Tagen kamen durch die berliner Provinzialcorrespondenz die ersten
officiösen Andeutungen über die Zukunft Sachsens, erst vor drei "Tagen wurde
der Wortlaut der Friedenspräliminarien bekannt, gleich darauf erfuhr man. daß
Graf Hohenthal von Wien, wohin ihn der König von Sachsen berufen, nach
Berlin gereist sei, um auf Grundlage der östreichischen Präliminarien über den
Frieden mit Preußen zu verhandeln. Möglich, allerdings nicht wahrscheinlich,
Grenzboten III. 1866. 31
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;
Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/263>, abgerufen am 22.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.