Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.Werk an jedem einzelnen Menschen im Felde und daheim, sie macht bescheiden, Und der Mann fühlt in solcher Zeit, daß auch das Wenige, was er Das preußische Memorial und die Mittelstaaten. Die vergangene Woche hatte das Friedenswerk scheinbar gefördert. Die Es ist ja erklärlich, daß das Friedensbedürfniß der Bevölkerungen selbst Seit drei Monaten treiben wir in den Krieg; zuweilen schien es dazwischen, Preußen wird, so lange Graf Bismarck an der Spitze der Geschäfte steht, Werk an jedem einzelnen Menschen im Felde und daheim, sie macht bescheiden, Und der Mann fühlt in solcher Zeit, daß auch das Wenige, was er Das preußische Memorial und die Mittelstaaten. Die vergangene Woche hatte das Friedenswerk scheinbar gefördert. Die Es ist ja erklärlich, daß das Friedensbedürfniß der Bevölkerungen selbst Seit drei Monaten treiben wir in den Krieg; zuweilen schien es dazwischen, Preußen wird, so lange Graf Bismarck an der Spitze der Geschäfte steht, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0435" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285463"/> <p xml:id="ID_1309" prev="#ID_1308"> Werk an jedem einzelnen Menschen im Felde und daheim, sie macht bescheiden,<lb/> denn sie lehrt, wie wenig das tapferste Thun des Einzelnen am Geschick seines<lb/> Staates zu wenden vermag, aber sie macht auch jedem zweifellos, was seine<lb/> Pflicht ist, und steigert ihm die Kraft, diese Pflicht im kleinen Kreise zu thun.</p><lb/> <p xml:id="ID_1310"> Und der Mann fühlt in solcher Zeit, daß auch das Wenige, was er<lb/> für seinen Staat zu thun vermag, der beste Theil seiner irdischen Arbeit ist.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das preußische Memorial und die Mittelstaaten.</head><lb/> <p xml:id="ID_1311"> Die vergangene Woche hatte das Friedenswerk scheinbar gefördert. Die<lb/> schüchtern begrüßte Gesandtenconferenz nahm Miene an, sich noch vor ihrem<lb/> Zusammentritt in einen stattlichen Ministercongreß zu verwandeln, und von<lb/> Paris wurde verkündet, daß der Kaiser selbst die Berathungen zu eröffnen<lb/> gedenke. Seitdem haben ein paar Nachrichten aus Oestreich die Hoffnungen<lb/> großentheils wieder verscheucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1312"> Es ist ja erklärlich, daß das Friedensbedürfniß der Bevölkerungen selbst<lb/> schwache Aussichten gütlicher Beilegung sehnsüchtig begrüßt; aber verständiger¬<lb/> weise sollte man doch Art und Bedeutung der Streitpunkte erwägen, um vor<lb/> Illusionen bewahrt zu sein, die die nächste Woche zerstört. Daß Conferenz und<lb/> Congreß kein allmächtiges Heilmittel ist. hat man genugsam, auch vor dem<lb/> orientalischen Kriege, erfahren; die Conferenz also ändert an der Lage nichts,<lb/> ohne entscheidende politische Wandlungen kann die allgemeine Situation keine<lb/> andere werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1313"> Seit drei Monaten treiben wir in den Krieg; zuweilen schien es dazwischen,<lb/> als wollten die höher gehenden Wogen der Aufregung sich wieder beschwichtigen;<lb/> M Grunde aber hat jede Woche mit harter Consequenz uns weiter geführt.<lb/> Darüber wird heute kein Zweifel mehr sein. Und die Gegensätze sind jetzt zu<lb/> einer Schroffheit gediehen, daß ein friedlicher Ausgleich mit gegenseitiger Nach¬<lb/> giebigkeit unmöglich erscheint; das gäbe höchstens ein kaum einmal wünschens-<lb/> werthes momentanes Vertuschen. Möglich ist die Erhaltung des Friedens nur<lb/> "och bei entschiedenem Rückzug des einen oder des andern Theils. Man mag<lb/> das bedauern, aber man kann es nicht ändern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1314" next="#ID_1315"> Preußen wird, so lange Graf Bismarck an der Spitze der Geschäfte steht,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0435]
Werk an jedem einzelnen Menschen im Felde und daheim, sie macht bescheiden,
denn sie lehrt, wie wenig das tapferste Thun des Einzelnen am Geschick seines
Staates zu wenden vermag, aber sie macht auch jedem zweifellos, was seine
Pflicht ist, und steigert ihm die Kraft, diese Pflicht im kleinen Kreise zu thun.
Und der Mann fühlt in solcher Zeit, daß auch das Wenige, was er
für seinen Staat zu thun vermag, der beste Theil seiner irdischen Arbeit ist.
Das preußische Memorial und die Mittelstaaten.
Die vergangene Woche hatte das Friedenswerk scheinbar gefördert. Die
schüchtern begrüßte Gesandtenconferenz nahm Miene an, sich noch vor ihrem
Zusammentritt in einen stattlichen Ministercongreß zu verwandeln, und von
Paris wurde verkündet, daß der Kaiser selbst die Berathungen zu eröffnen
gedenke. Seitdem haben ein paar Nachrichten aus Oestreich die Hoffnungen
großentheils wieder verscheucht.
Es ist ja erklärlich, daß das Friedensbedürfniß der Bevölkerungen selbst
schwache Aussichten gütlicher Beilegung sehnsüchtig begrüßt; aber verständiger¬
weise sollte man doch Art und Bedeutung der Streitpunkte erwägen, um vor
Illusionen bewahrt zu sein, die die nächste Woche zerstört. Daß Conferenz und
Congreß kein allmächtiges Heilmittel ist. hat man genugsam, auch vor dem
orientalischen Kriege, erfahren; die Conferenz also ändert an der Lage nichts,
ohne entscheidende politische Wandlungen kann die allgemeine Situation keine
andere werden.
Seit drei Monaten treiben wir in den Krieg; zuweilen schien es dazwischen,
als wollten die höher gehenden Wogen der Aufregung sich wieder beschwichtigen;
M Grunde aber hat jede Woche mit harter Consequenz uns weiter geführt.
Darüber wird heute kein Zweifel mehr sein. Und die Gegensätze sind jetzt zu
einer Schroffheit gediehen, daß ein friedlicher Ausgleich mit gegenseitiger Nach¬
giebigkeit unmöglich erscheint; das gäbe höchstens ein kaum einmal wünschens-
werthes momentanes Vertuschen. Möglich ist die Erhaltung des Friedens nur
"och bei entschiedenem Rückzug des einen oder des andern Theils. Man mag
das bedauern, aber man kann es nicht ändern.
Preußen wird, so lange Graf Bismarck an der Spitze der Geschäfte steht,
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