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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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ihre verschiedenen Leistungen und Richtungen zu Gruppen zusammenfassen, in der
Mannigfaltigkeit den fortlaufenden Faden der Entwicklung und den Zusammenhang
der Kunst mit den großen Zügen des modernen Lebens suchen. Auf diese Weise
wird manches, was mit rein künstlerischem Auge betrachtet vielleicht allzusehr in
Schatten treten würde, in ein milderes und günstigeres Licht sich rücken lassen.

Daß die neue Zeitschrift diese verschiedenen Bedingungen ihrer Aufgabe voll¬
ständig begriffen und zu ihrer Lösung in diesem Sinne die tüchtigsten Kräfte be¬
rufen hat, darin scheint uns auch für ihre äußere Lebensfähigkeit durch die gestei¬
gerte Theilnahme der Gebildeten eine Gewähr zu liegen. Auch das äußere Gewand,
die sowohl gediegene als elegante Ausstattung, welche ihr die secmannsche Verlags¬
buchhandlung gegeben hat, entspricht der größeren Rolle, in welche das neue Organ
des Kunstlebens eingetreten ist. Das erste Heft macht einen glücklichen Anfang, in¬
dem es uns (neben jenem Aufsatz von Lübke) zwei hervorragende Erscheinungen
aus der modernen Kunst vorführt: das Schillermouument von Begas (im Holz¬
schnitt; besprochen von Woltmann) und den Rinderraub aus dem Odysseccyklus
von Preller (in einer Radirung von dessen Schüler Hummel, besprochen von
M. Jordan). Daran schließen sich ein paar trefflich geschriebene Recensionen über
kunstliterarische Werke; und endlich das Beiblatt, die Kunstchronik, welche in regel¬
mäßiger Wiederkehr eine Uebersicht über die täglichen Erscheinungen und Ereignisse
auf dem ganzen Gebiete des Kunstlebens geben soll. An dem Publikum ist es
nun, durch seine Betheiligung das Unternehmen zu fördern, das ja ihm selber sich
9. widmet.




Vermischte Literatur.
Neue Gedichte von I. G. Fischer. Stuttgart, Verlag der I. G. Cottaschen
Buchhandlung. 1865. S. VI. 150.

Wer freut sich nicht, wieder einmal einer gefunden, frischen und schwungvollen
Dichternatur in neuen Schöpfungen zu begegnen? I. G. Fischer hat sich bereits eine
feste Stelle in der Achtung und Liebe der Nation erworben. Es ist ihm insbesondere
gelungen, seinen lyrischen Gedichten ein deutliches, individuelles Profil und in den¬
selben zugleich dem Bewußtsein der Gegenwart einen sprechenden, bedeutsamen Aus¬
druck zu geben. Was ihn namentlich auszeichnet, ist die ungeschminkte Wahrheit,
womit er seine innersten Anschauungen und Erlebnisse in der Dichtung enthüllt,


ihre verschiedenen Leistungen und Richtungen zu Gruppen zusammenfassen, in der
Mannigfaltigkeit den fortlaufenden Faden der Entwicklung und den Zusammenhang
der Kunst mit den großen Zügen des modernen Lebens suchen. Auf diese Weise
wird manches, was mit rein künstlerischem Auge betrachtet vielleicht allzusehr in
Schatten treten würde, in ein milderes und günstigeres Licht sich rücken lassen.

Daß die neue Zeitschrift diese verschiedenen Bedingungen ihrer Aufgabe voll¬
ständig begriffen und zu ihrer Lösung in diesem Sinne die tüchtigsten Kräfte be¬
rufen hat, darin scheint uns auch für ihre äußere Lebensfähigkeit durch die gestei¬
gerte Theilnahme der Gebildeten eine Gewähr zu liegen. Auch das äußere Gewand,
die sowohl gediegene als elegante Ausstattung, welche ihr die secmannsche Verlags¬
buchhandlung gegeben hat, entspricht der größeren Rolle, in welche das neue Organ
des Kunstlebens eingetreten ist. Das erste Heft macht einen glücklichen Anfang, in¬
dem es uns (neben jenem Aufsatz von Lübke) zwei hervorragende Erscheinungen
aus der modernen Kunst vorführt: das Schillermouument von Begas (im Holz¬
schnitt; besprochen von Woltmann) und den Rinderraub aus dem Odysseccyklus
von Preller (in einer Radirung von dessen Schüler Hummel, besprochen von
M. Jordan). Daran schließen sich ein paar trefflich geschriebene Recensionen über
kunstliterarische Werke; und endlich das Beiblatt, die Kunstchronik, welche in regel¬
mäßiger Wiederkehr eine Uebersicht über die täglichen Erscheinungen und Ereignisse
auf dem ganzen Gebiete des Kunstlebens geben soll. An dem Publikum ist es
nun, durch seine Betheiligung das Unternehmen zu fördern, das ja ihm selber sich
9. widmet.




Vermischte Literatur.
Neue Gedichte von I. G. Fischer. Stuttgart, Verlag der I. G. Cottaschen
Buchhandlung. 1865. S. VI. 150.

Wer freut sich nicht, wieder einmal einer gefunden, frischen und schwungvollen
Dichternatur in neuen Schöpfungen zu begegnen? I. G. Fischer hat sich bereits eine
feste Stelle in der Achtung und Liebe der Nation erworben. Es ist ihm insbesondere
gelungen, seinen lyrischen Gedichten ein deutliches, individuelles Profil und in den¬
selben zugleich dem Bewußtsein der Gegenwart einen sprechenden, bedeutsamen Aus¬
druck zu geben. Was ihn namentlich auszeichnet, ist die ungeschminkte Wahrheit,
womit er seine innersten Anschauungen und Erlebnisse in der Dichtung enthüllt,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/380>, abgerufen am 22.07.2024.