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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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mit dem Aufgebot aller ihrer Kräfte zu schützen hatten, gezwungen, sich ander
Ausübung des Unrechts zu betheiligen, und durch dies alles das'richterliche
und obrigkeitliche Ansehen untergraben und auf das Schwerste geschädigt. Die
Verstimmung der rostocker Bürgerschaft sowohl über den geschehenen Eingriff
in die Rechtspflege wie über die vorzeitige und übermäßige Nachgiebigkeit des
Raths ist groß, und die Bürgcrvertietung, in Rostock noch höchst alterthümlich
aus 50 Deputaten der Kaufmannscompagnie und 50 Deputirten der Hand¬
werkszünfte gebildet, hat in sehr energischen Erklärungen an den Rath ihre
Mißbilligung seines Verhaltens ausgesprochen.

Der Rath soll dem Großherzog gegenüber noch eine weitere rechtliche Ver¬
tretung der Gerechtsame der Stadt reservirt haben, wozu ihm allerdings die
Erbverträge, in welchen das rechtliche Verhältniß der Stadt zum Landesherrn
ihre Grundlage hat, noch einen Weg eröffnen. Die Thatsache, daß der Rath
einen Rechtsspruch, zu dessen Annullirung er dem Minister das Recht bestreitet,
hat annulliren helfen und einen außerhalb der Rechtsordnung erlassenen Befehl
zur Bestrafung von Männern, die er von Strafe und Schuld freigesprochen,
hat in Vollzug setzen müsse", kann dadurch keinenfalls ungeschehen gemacht
werden.

Von Seiten der betheiligten Nationalvereinsmitglieder wird, zur Beseitigung
der von höchster Stelle erfolgten Rechtshemmung, der Weg der Beschwerde bei
dem Bundestage, welchen der Artikel 29 der wiener Schlußacte vorzeichnet,
betreten werden.




Der stevenjährige Krieg als Religionskrieg.

Ueber die Flugschriften Friedrichs des Großen aus der Zeit des siebenjährigen Krie¬
ges von Dr. Eduard Cauer. Potsdam, 1865. Verlag der Gropiusschen
Buchhandlung. 64 S. 8.

Wie die Reformation, der dreißigjährige Krieg und die Befreiungskriege,
so rief auch der siebenjährige Krieg eine große Anzahl von Flugschriften und
fliegenden Blättern hervor. Derartige Producte ersetzten eben die damals noch
mangelnden, wenigstens sehr mangelhaften Zeitungen in der Vertretung der
öffentlichen Meinung. So sind sie von großer Bedeutung für die Geschichte


mit dem Aufgebot aller ihrer Kräfte zu schützen hatten, gezwungen, sich ander
Ausübung des Unrechts zu betheiligen, und durch dies alles das'richterliche
und obrigkeitliche Ansehen untergraben und auf das Schwerste geschädigt. Die
Verstimmung der rostocker Bürgerschaft sowohl über den geschehenen Eingriff
in die Rechtspflege wie über die vorzeitige und übermäßige Nachgiebigkeit des
Raths ist groß, und die Bürgcrvertietung, in Rostock noch höchst alterthümlich
aus 50 Deputaten der Kaufmannscompagnie und 50 Deputirten der Hand¬
werkszünfte gebildet, hat in sehr energischen Erklärungen an den Rath ihre
Mißbilligung seines Verhaltens ausgesprochen.

Der Rath soll dem Großherzog gegenüber noch eine weitere rechtliche Ver¬
tretung der Gerechtsame der Stadt reservirt haben, wozu ihm allerdings die
Erbverträge, in welchen das rechtliche Verhältniß der Stadt zum Landesherrn
ihre Grundlage hat, noch einen Weg eröffnen. Die Thatsache, daß der Rath
einen Rechtsspruch, zu dessen Annullirung er dem Minister das Recht bestreitet,
hat annulliren helfen und einen außerhalb der Rechtsordnung erlassenen Befehl
zur Bestrafung von Männern, die er von Strafe und Schuld freigesprochen,
hat in Vollzug setzen müsse», kann dadurch keinenfalls ungeschehen gemacht
werden.

Von Seiten der betheiligten Nationalvereinsmitglieder wird, zur Beseitigung
der von höchster Stelle erfolgten Rechtshemmung, der Weg der Beschwerde bei
dem Bundestage, welchen der Artikel 29 der wiener Schlußacte vorzeichnet,
betreten werden.




Der stevenjährige Krieg als Religionskrieg.

Ueber die Flugschriften Friedrichs des Großen aus der Zeit des siebenjährigen Krie¬
ges von Dr. Eduard Cauer. Potsdam, 1865. Verlag der Gropiusschen
Buchhandlung. 64 S. 8.

Wie die Reformation, der dreißigjährige Krieg und die Befreiungskriege,
so rief auch der siebenjährige Krieg eine große Anzahl von Flugschriften und
fliegenden Blättern hervor. Derartige Producte ersetzten eben die damals noch
mangelnden, wenigstens sehr mangelhaften Zeitungen in der Vertretung der
öffentlichen Meinung. So sind sie von großer Bedeutung für die Geschichte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/77>, abgerufen am 15.01.2025.