Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.Natur- und Reisebilder aus Südamerika. Franz Engel. Von 5. Von der Salvacion setzte sich die ganze Karavane ungeteilt in Bewegung, Die gefährliche Steppe war erreicht. Unwillkürliches Schweifen mit den Der "rothe Drache" war der Einzige unter uns allen, der etwas von den Natur- und Reisebilder aus Südamerika. Franz Engel. Von 5. Von der Salvacion setzte sich die ganze Karavane ungeteilt in Bewegung, Die gefährliche Steppe war erreicht. Unwillkürliches Schweifen mit den Der „rothe Drache" war der Einzige unter uns allen, der etwas von den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0415" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283212"/> </div> <div n="1"> <head> Natur- und Reisebilder aus Südamerika.<lb/><note type="byline"> Franz Engel.</note> Von 5.</head><lb/> <p xml:id="ID_1333"> Von der Salvacion setzte sich die ganze Karavane ungeteilt in Bewegung,<lb/> um den gefährlichen Paß der Gestrüppsteppe, die Heerstraße der Indianer, für<lb/> alle Fälle mit vereinter Kraft zu überschreiten. Munter gellte das Muschelhorn<lb/> bereits vom andern Ufer herüber, — als noch am diesseitigen Ufer mehre<lb/> Abtheilungen zusammengekoppelter Maulthiere des Ueberganges harrten und<lb/> Saumsättel, Gepäck und Menschen auf langen wlsas (Flößen) über das Flu߬<lb/> decken hinübertrieben. Rasch fand daselbst ein jedes Thier seine unwillkommene<lb/> Last wieder, und jede Abtheilung folgte wieder in alter Ordnung dem Heerruse<lb/> des führenden Caporals.</p><lb/> <p xml:id="ID_1334"> Die gefährliche Steppe war erreicht. Unwillkürliches Schweifen mit den<lb/> Augen nach rechts und links und geradeaus, über das niedrige Gestrüpp hin¬<lb/> weg, aber diesmal keine Bangigkeit; den die Truppe war zahlreich genug, um<lb/> auf sich selbst vertrauen zu können. Am Nachmittage stockte der Zug. Die<lb/> vorangeeilten Embarquianos kehrten hastig zurück, nicht weit von unserem Wege,<lb/> d. h. von der Richtung, der wir folgten, tauchten aus dem Gestrüpp die Spitzen<lb/> der kleinen, dreieckigen Ranchos eines indianischen Lagers auf. Rasch wurde<lb/> Berathung gepflogen, es litt keinen Zweifel, so gut, wie wir sie, hatten die<lb/> spähenden Augen der Indianer auch uns bemerkt. Man beschloß, abzusatteln<lb/> Und zunächst ihre Bewegungen zu beobachten. Sämmtliches Gepäck und die<lb/> Thiere wurden in die Mitte genommen, und im Kreise umher vier Lagerplätze<lb/> gebildet, deren jeder genau das vor ihm ausgedehnte Feld zu überwachen halte.<lb/> Der allgemeine Eifer wurde durch die herumwandernde Flasche angefacht; im<lb/> Uebrigen hatte sich jeder ruhig auf seinem Platze zu verhalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1335" next="#ID_1336"> Der „rothe Drache" war der Einzige unter uns allen, der etwas von den<lb/> Gebräuchen und Gewohnheiten der nomadisirenden Indianer und einige wenige<lb/> Worte ihrer Sprache kannte; um ihre Stärke und Absichten zu erfahren, wurde<lb/> er mit zweien der zuverlässigsten und umsichtigsten Leute auf Kundschaft vor¬<lb/> geschoben. Ich schloß mich der kleinen Vorpostenkette an. Wohlbewaffnet mit<lb/> Pulver und Blei und scharfen Hüftmessern schlichen wir tief niedergeduckt und<lb/> stellenweise auf dem Bauche fvrtrutschend durch das Gestrüpp bis auf Schu߬<lb/> weite an das Lager, das mit seinen Spitzhütten einer Colonie von Termiten-<lb/> Hausen glich, heran. Der erste genaue Ueberblick über dasselbe beruhigte uns</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0415]
Natur- und Reisebilder aus Südamerika.
Franz Engel. Von 5.
Von der Salvacion setzte sich die ganze Karavane ungeteilt in Bewegung,
um den gefährlichen Paß der Gestrüppsteppe, die Heerstraße der Indianer, für
alle Fälle mit vereinter Kraft zu überschreiten. Munter gellte das Muschelhorn
bereits vom andern Ufer herüber, — als noch am diesseitigen Ufer mehre
Abtheilungen zusammengekoppelter Maulthiere des Ueberganges harrten und
Saumsättel, Gepäck und Menschen auf langen wlsas (Flößen) über das Flu߬
decken hinübertrieben. Rasch fand daselbst ein jedes Thier seine unwillkommene
Last wieder, und jede Abtheilung folgte wieder in alter Ordnung dem Heerruse
des führenden Caporals.
Die gefährliche Steppe war erreicht. Unwillkürliches Schweifen mit den
Augen nach rechts und links und geradeaus, über das niedrige Gestrüpp hin¬
weg, aber diesmal keine Bangigkeit; den die Truppe war zahlreich genug, um
auf sich selbst vertrauen zu können. Am Nachmittage stockte der Zug. Die
vorangeeilten Embarquianos kehrten hastig zurück, nicht weit von unserem Wege,
d. h. von der Richtung, der wir folgten, tauchten aus dem Gestrüpp die Spitzen
der kleinen, dreieckigen Ranchos eines indianischen Lagers auf. Rasch wurde
Berathung gepflogen, es litt keinen Zweifel, so gut, wie wir sie, hatten die
spähenden Augen der Indianer auch uns bemerkt. Man beschloß, abzusatteln
Und zunächst ihre Bewegungen zu beobachten. Sämmtliches Gepäck und die
Thiere wurden in die Mitte genommen, und im Kreise umher vier Lagerplätze
gebildet, deren jeder genau das vor ihm ausgedehnte Feld zu überwachen halte.
Der allgemeine Eifer wurde durch die herumwandernde Flasche angefacht; im
Uebrigen hatte sich jeder ruhig auf seinem Platze zu verhalten.
Der „rothe Drache" war der Einzige unter uns allen, der etwas von den
Gebräuchen und Gewohnheiten der nomadisirenden Indianer und einige wenige
Worte ihrer Sprache kannte; um ihre Stärke und Absichten zu erfahren, wurde
er mit zweien der zuverlässigsten und umsichtigsten Leute auf Kundschaft vor¬
geschoben. Ich schloß mich der kleinen Vorpostenkette an. Wohlbewaffnet mit
Pulver und Blei und scharfen Hüftmessern schlichen wir tief niedergeduckt und
stellenweise auf dem Bauche fvrtrutschend durch das Gestrüpp bis auf Schu߬
weite an das Lager, das mit seinen Spitzhütten einer Colonie von Termiten-
Hausen glich, heran. Der erste genaue Ueberblick über dasselbe beruhigte uns
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