Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.A us Der Großherzog in Rostock. Der Großherzog hatte der Stadt Rostock, auf erhaltene Einladung, die Man hatte Ursache, auf die Haltung der rostocker Bevölkerung bei dieser Daß es in Rostock an der Erkenntniß solcher Pflicht nicht ganz fehlte, ließ A us Der Großherzog in Rostock. Der Großherzog hatte der Stadt Rostock, auf erhaltene Einladung, die Man hatte Ursache, auf die Haltung der rostocker Bevölkerung bei dieser Daß es in Rostock an der Erkenntniß solcher Pflicht nicht ganz fehlte, ließ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0306" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189401"/> </div> <div n="1"> <head> A us<lb/> Der Großherzog in Rostock. </head><lb/> <p xml:id="ID_1236"> Der Großherzog hatte der Stadt Rostock, auf erhaltene Einladung, die<lb/> Zusicherung ertheilt, daß er mit seiner jungen Gemahlin am 25. Juli feier¬<lb/> lichen Einzug in die Stadt halten und fünf Tage daselbst verweilen wolle.</p><lb/> <p xml:id="ID_1237"> Man hatte Ursache, auf die Haltung der rostocker Bevölkerung bei dieser<lb/> Veranlassung mit einiger Spannung zu blicken. Bei aller schuldigen Rücksicht<lb/> auf die hohen Gaste schien doch die Begrüßung derselben kaum auf die Gren¬<lb/> zen eines bloßen Actes der Courtoisie sich beschränken zu können, sondern noth¬<lb/> wendig zugleich eine politische Färbung annehmen und die Stimmung über<lb/> das herrschende Regierungssystem zum Ausdruck bringen zu müssen. Rostock,<lb/> die bedeutendste und unabhängigste Stadt des Landes, hatte die Pflicht, diese<lb/> Gelegenheit nicht unbenutzt zu lassen, um ein unzweideutiges politisches Urtheil<lb/> über jenes System abzugeben, welches dein Lande so schwere Wunden geschla¬<lb/> gen und Mecklenburgs Namen in Deutschland zum Spotte gemacht hat. Diese Pflicht<lb/> war um so deutlicher vorgezeichnet, als jedes sonstige Mittel, sich politisch zu<lb/> äußern, durch den auf der Presse lastenden Druck, durch das Verbot der Ver¬<lb/> einigungen und Versammlungen zu politischen Zwecken, durch die systematische<lb/> Niederhaltung jeder freien Regung, welche die im Lande seit 14 Jahren wieder<lb/> herrschende Partei zu ihrer Aufrechthaltung bedarf, der mecklenburgischen Be¬<lb/> völkerung abgeschnitten ist. In der Aufforderung, dem Fürsten die Wahrheit<lb/> nicht zu verhehlen, lag auch keineswegs die Zumuthung eines beleidigenden<lb/> Verhaltens. Die wahre Anhänglichkeit und Treue wird sich vielmehr in männ¬<lb/> licher Offenheit und Freimüthigkeit bewähren müssen, wenn der Fcstjubel nicht<lb/> zu einer elenden Heuchelei herabsinken soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1238" next="#ID_1239"> Daß es in Rostock an der Erkenntniß solcher Pflicht nicht ganz fehlte, ließ<lb/> sich sowohl nach dem in der alten Hansestadt fortlebenden selbständigen Sinn<lb/> wie nach dem Eindruck vermuthen, welchen notorisch das herrschende Regierungs-<lb/> system in den Gemüthern hervorgerufen hatte. Im Jahre 1848 hatte die ro-<lb/> stvcker Bürgerschaft an der Spitze der politischen Bewegung des Landes gestan¬<lb/> den. Sie leistete noch im Jahre 1850 der hereinbrechenden Reaction tapferen<lb/> und anhaltenden, wenn auch schließlich erfolglosen Widerstand. Auch noch in<lb/> den letzten Jahren bildete Rostock den Hauptsitz der freiheitlichen Bestrebungen,<lb/> sowohl auf kirchlichem wie auf politischem Gebiet. In der baumgartenschen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0306]
A us
Der Großherzog in Rostock.
Der Großherzog hatte der Stadt Rostock, auf erhaltene Einladung, die
Zusicherung ertheilt, daß er mit seiner jungen Gemahlin am 25. Juli feier¬
lichen Einzug in die Stadt halten und fünf Tage daselbst verweilen wolle.
Man hatte Ursache, auf die Haltung der rostocker Bevölkerung bei dieser
Veranlassung mit einiger Spannung zu blicken. Bei aller schuldigen Rücksicht
auf die hohen Gaste schien doch die Begrüßung derselben kaum auf die Gren¬
zen eines bloßen Actes der Courtoisie sich beschränken zu können, sondern noth¬
wendig zugleich eine politische Färbung annehmen und die Stimmung über
das herrschende Regierungssystem zum Ausdruck bringen zu müssen. Rostock,
die bedeutendste und unabhängigste Stadt des Landes, hatte die Pflicht, diese
Gelegenheit nicht unbenutzt zu lassen, um ein unzweideutiges politisches Urtheil
über jenes System abzugeben, welches dein Lande so schwere Wunden geschla¬
gen und Mecklenburgs Namen in Deutschland zum Spotte gemacht hat. Diese Pflicht
war um so deutlicher vorgezeichnet, als jedes sonstige Mittel, sich politisch zu
äußern, durch den auf der Presse lastenden Druck, durch das Verbot der Ver¬
einigungen und Versammlungen zu politischen Zwecken, durch die systematische
Niederhaltung jeder freien Regung, welche die im Lande seit 14 Jahren wieder
herrschende Partei zu ihrer Aufrechthaltung bedarf, der mecklenburgischen Be¬
völkerung abgeschnitten ist. In der Aufforderung, dem Fürsten die Wahrheit
nicht zu verhehlen, lag auch keineswegs die Zumuthung eines beleidigenden
Verhaltens. Die wahre Anhänglichkeit und Treue wird sich vielmehr in männ¬
licher Offenheit und Freimüthigkeit bewähren müssen, wenn der Fcstjubel nicht
zu einer elenden Heuchelei herabsinken soll.
Daß es in Rostock an der Erkenntniß solcher Pflicht nicht ganz fehlte, ließ
sich sowohl nach dem in der alten Hansestadt fortlebenden selbständigen Sinn
wie nach dem Eindruck vermuthen, welchen notorisch das herrschende Regierungs-
system in den Gemüthern hervorgerufen hatte. Im Jahre 1848 hatte die ro-
stvcker Bürgerschaft an der Spitze der politischen Bewegung des Landes gestan¬
den. Sie leistete noch im Jahre 1850 der hereinbrechenden Reaction tapferen
und anhaltenden, wenn auch schließlich erfolglosen Widerstand. Auch noch in
den letzten Jahren bildete Rostock den Hauptsitz der freiheitlichen Bestrebungen,
sowohl auf kirchlichem wie auf politischem Gebiet. In der baumgartenschen
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