Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.Leonhard Wächter (Pseudonym Veit Weber) geb. zu Aetzen 1762. geht, A. C. Nieman schrieb eine Satire: Wilhelm Tell der Tausendkünstler, oder auch der travestierte Tell. nach Bei dem zu Bern gefeierten Schillerjubiläum 1859 meinte der Festredner Rückblick und Abschluß. Die vollständige Entfaltung eines Gedankens, welcher ein nationaler, dem Leonhard Wächter (Pseudonym Veit Weber) geb. zu Aetzen 1762. geht, A. C. Nieman schrieb eine Satire: Wilhelm Tell der Tausendkünstler, oder auch der travestierte Tell. nach Bei dem zu Bern gefeierten Schillerjubiläum 1859 meinte der Festredner Rückblick und Abschluß. Die vollständige Entfaltung eines Gedankens, welcher ein nationaler, dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0277" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189372"/> <p xml:id="ID_1123"> Leonhard Wächter (Pseudonym Veit Weber) geb. zu Aetzen 1762. geht,<lb/> zu Hamburg 1837 als Inhaber eines Erziehungsinstituts, folgte als Roman¬<lb/> schriftsteller der durch Goethes Göj? angeschlagenen Richtung und gab heraus (nebst<lb/> den Sagen der Vorzeit, 6 Bde. 1787.) Wilhelm Tell. ein Schauspiel in Jamben.<lb/> Berlin 1804. 8". Letzteres ist unabhängig von Schiller, dessen Tell später er¬<lb/> schienen. (Gödeke, Grundriß 1133.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1124"> A. C. Nieman schrieb eine Satire:</p><lb/> <p xml:id="ID_1125"> Wilhelm Tell der Tausendkünstler, oder auch der travestierte Tell. nach<lb/> Gefallen. Ein heroisch- komisch- historisch- lyrisch- und poetisches Schauspiel<lb/> mit Gesang. Tanz und Spektakel in 3 Abth. Mit einem illum. Kupfer. Uri<lb/> (Kratzsch in Hamburg) 1805. 8". 16 Groschen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1126"> Bei dem zu Bern gefeierten Schillerjubiläum 1859 meinte der Festredner<lb/> Howald, obiges Spottgedicht sei zu Altorf und um Schillers Schauspiel dort<lb/> zu verspotten, erschienen. (Die Schweiz, Jllustrirte Monatsschrift des Bern.<lb/> Litt. Vereines 1859, Novemberheft 267.)</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Rückblick und Abschluß.</head><lb/> <p xml:id="ID_1127" next="#ID_1128"> Die vollständige Entfaltung eines Gedankens, welcher ein nationaler, dem<lb/> ganzen Volke angehörender werden soll, bedarf nicht blos der Geistesarbeit<lb/> etlicher Generationen, sondern mehrer Jahrhunderte. Wie es edle Pflanzen<lb/> giebt, die ein Mensch in seinem Leben nur einmal blühen sieht, weil ihnen der<lb/> Lauf eines Jahres nicht Sonnenschein und Regen genug zu liefern vermag für<lb/> den unendlichen Hergang ihres reichen Lebens: ebenso liegt auch die Präformation<lb/> einer Idee, eines Kunststoffes lange in der Seele iber Vorzeit da, still und<lb/> reizlos. Erst wenn die Länge der Zeit ihre epische Weihe darüber gesprochen<lb/> hat, wenn schon mancher Patriot davon geredet, mancher Dichter und Den¬<lb/> ker seine poetische oder wissenschaftliche Gestaltungskraft daran erprobt hat,<lb/> und jeder erneute Versuch immer noch nicht für voll galt, immer noch<lb/> nicht national durchschlug, dann einmal kann das Wunderkind erscheinen, jener<lb/> Rechte, der nach der zeitigen Frucht den nur einmal erlaubten glücklichen Griff<lb/> thut. So ist Schillers Tell durch einen einzigen Schöpfungsact entsprungen,<lb/> nachdem der progressive Proceß in den Seelen seiner poetischen Vorläufer der<lb/> Gestaltung seines Werkes sowohl als auch der Empfänglichkeit der Gemüther<lb/> für das neue Werk lange Zeit schon vorgearbeitet hatte. Bei allen Vor¬<lb/> gängern wird die poetische Form für den allgemein anziehenden Stoff gesucht,<lb/> aber bei keinem wird sie in dem Maße aufgefunden, daß sie dem Maße aller<lb/> darüber vorhandenen Vorstellungen gleichkommt. Immer noch konnte das Volk<lb/> oder der Einzelne von dem Stoffe feuriger erfüllt sein und allseitiger ihn fassen,<lb/> als es bisher die Dramen aussprachen; denn diese waren erst Stufen und Grade</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0277]
Leonhard Wächter (Pseudonym Veit Weber) geb. zu Aetzen 1762. geht,
zu Hamburg 1837 als Inhaber eines Erziehungsinstituts, folgte als Roman¬
schriftsteller der durch Goethes Göj? angeschlagenen Richtung und gab heraus (nebst
den Sagen der Vorzeit, 6 Bde. 1787.) Wilhelm Tell. ein Schauspiel in Jamben.
Berlin 1804. 8". Letzteres ist unabhängig von Schiller, dessen Tell später er¬
schienen. (Gödeke, Grundriß 1133.)
A. C. Nieman schrieb eine Satire:
Wilhelm Tell der Tausendkünstler, oder auch der travestierte Tell. nach
Gefallen. Ein heroisch- komisch- historisch- lyrisch- und poetisches Schauspiel
mit Gesang. Tanz und Spektakel in 3 Abth. Mit einem illum. Kupfer. Uri
(Kratzsch in Hamburg) 1805. 8". 16 Groschen. —
Bei dem zu Bern gefeierten Schillerjubiläum 1859 meinte der Festredner
Howald, obiges Spottgedicht sei zu Altorf und um Schillers Schauspiel dort
zu verspotten, erschienen. (Die Schweiz, Jllustrirte Monatsschrift des Bern.
Litt. Vereines 1859, Novemberheft 267.)
Rückblick und Abschluß.
Die vollständige Entfaltung eines Gedankens, welcher ein nationaler, dem
ganzen Volke angehörender werden soll, bedarf nicht blos der Geistesarbeit
etlicher Generationen, sondern mehrer Jahrhunderte. Wie es edle Pflanzen
giebt, die ein Mensch in seinem Leben nur einmal blühen sieht, weil ihnen der
Lauf eines Jahres nicht Sonnenschein und Regen genug zu liefern vermag für
den unendlichen Hergang ihres reichen Lebens: ebenso liegt auch die Präformation
einer Idee, eines Kunststoffes lange in der Seele iber Vorzeit da, still und
reizlos. Erst wenn die Länge der Zeit ihre epische Weihe darüber gesprochen
hat, wenn schon mancher Patriot davon geredet, mancher Dichter und Den¬
ker seine poetische oder wissenschaftliche Gestaltungskraft daran erprobt hat,
und jeder erneute Versuch immer noch nicht für voll galt, immer noch
nicht national durchschlug, dann einmal kann das Wunderkind erscheinen, jener
Rechte, der nach der zeitigen Frucht den nur einmal erlaubten glücklichen Griff
thut. So ist Schillers Tell durch einen einzigen Schöpfungsact entsprungen,
nachdem der progressive Proceß in den Seelen seiner poetischen Vorläufer der
Gestaltung seines Werkes sowohl als auch der Empfänglichkeit der Gemüther
für das neue Werk lange Zeit schon vorgearbeitet hatte. Bei allen Vor¬
gängern wird die poetische Form für den allgemein anziehenden Stoff gesucht,
aber bei keinem wird sie in dem Maße aufgefunden, daß sie dem Maße aller
darüber vorhandenen Vorstellungen gleichkommt. Immer noch konnte das Volk
oder der Einzelne von dem Stoffe feuriger erfüllt sein und allseitiger ihn fassen,
als es bisher die Dramen aussprachen; denn diese waren erst Stufen und Grade
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |