Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Ergebniß der bayerischen Wahlen.

Die ein 2-.". April vollzogenen Wahlen zum bayerischen Abgeordnetenhause
sind nicht ganz so günstig für die Fortschrittspartei ausgefallen, wie man nach den
rühmlichen Anstrengungen der letztern und nach dem Ergebniß der acht Tage früher
vorgenommenen Urwcchlcn gewärtigen mochte. Die vier Wahlen in Augsburg,
die drei in Donauwörth, die drei in Schweinfurt und die drei in Kronach
hoffte man mit größerer oder geringerer Sicherheit in Anspruch nehmen zu können,
während sie jetzt sämmtlich den Gegnern anheimgefallen sind. Dagegen ist nur
Erlangen mit drei Sitzen und einer von den vier Sitzen Hoff wider anfäng¬
liches Erwarten für die Fortschrittspartei erobert worden, deren Halt im dies¬
seitigen Bayern sich demnach so ziemlich auf Mittelfranken oder die Gegend
um Nürnberg herum und auf das obere, dem Bodensee zugewandte Schwa¬
ben (die Wahlbezirke Memmingen, Kausbeuren und Innenstadt) beschränkt.
Längs des Mains hat sie augenblicklich keinen rechten Boden, wie der Verlust
von Schweinfurt und Kronach darthut. Desto klarer ergibt sich freilich, daß
sie kein vom Auslande her importirtes, sondern ein mitten im Lande selbst
ersproßtcs Gewächs ist.

Ungleich erfreulicher im Verhältniß zu den vorher angestellten Berechnungen
ist der Ausgang der Pfälzischen Wahlen. Hier scheint blos eine einzige Stimme
unter neunzehn einem nicht ganz zuverlässigen Liberalen anzugehören, während
kein einziges Mitglied der bisherigen servilen Mehrheit wieder gewählt worden
ist. Und was mehr ist, die Wahl ist in einem Geiste vor sich gegangen, der
"n ungleich innigeres Zusammengehen mit der Fortschrittspartei, als sich
hoffen ließ, in Aussicht stellt. Nicht nur daß ein und das andere Mitglied
der Fortschrittspartei -- z. B. der Gutsbesitzer Jordan in Deidesheim, Schwa¬
ger des verstorbenen Buhl -- unter den Gewählten ist: in dem wichtigsten
Wahlkreis, Neustadt-Landau, ist von der Mehrzahl der Wahlmänner den Vier


Gvenzdote" II, 1A>". 26
Das Ergebniß der bayerischen Wahlen.

Die ein 2-.». April vollzogenen Wahlen zum bayerischen Abgeordnetenhause
sind nicht ganz so günstig für die Fortschrittspartei ausgefallen, wie man nach den
rühmlichen Anstrengungen der letztern und nach dem Ergebniß der acht Tage früher
vorgenommenen Urwcchlcn gewärtigen mochte. Die vier Wahlen in Augsburg,
die drei in Donauwörth, die drei in Schweinfurt und die drei in Kronach
hoffte man mit größerer oder geringerer Sicherheit in Anspruch nehmen zu können,
während sie jetzt sämmtlich den Gegnern anheimgefallen sind. Dagegen ist nur
Erlangen mit drei Sitzen und einer von den vier Sitzen Hoff wider anfäng¬
liches Erwarten für die Fortschrittspartei erobert worden, deren Halt im dies¬
seitigen Bayern sich demnach so ziemlich auf Mittelfranken oder die Gegend
um Nürnberg herum und auf das obere, dem Bodensee zugewandte Schwa¬
ben (die Wahlbezirke Memmingen, Kausbeuren und Innenstadt) beschränkt.
Längs des Mains hat sie augenblicklich keinen rechten Boden, wie der Verlust
von Schweinfurt und Kronach darthut. Desto klarer ergibt sich freilich, daß
sie kein vom Auslande her importirtes, sondern ein mitten im Lande selbst
ersproßtcs Gewächs ist.

Ungleich erfreulicher im Verhältniß zu den vorher angestellten Berechnungen
ist der Ausgang der Pfälzischen Wahlen. Hier scheint blos eine einzige Stimme
unter neunzehn einem nicht ganz zuverlässigen Liberalen anzugehören, während
kein einziges Mitglied der bisherigen servilen Mehrheit wieder gewählt worden
ist. Und was mehr ist, die Wahl ist in einem Geiste vor sich gegangen, der
"n ungleich innigeres Zusammengehen mit der Fortschrittspartei, als sich
hoffen ließ, in Aussicht stellt. Nicht nur daß ein und das andere Mitglied
der Fortschrittspartei — z. B. der Gutsbesitzer Jordan in Deidesheim, Schwa¬
ger des verstorbenen Buhl — unter den Gewählten ist: in dem wichtigsten
Wahlkreis, Neustadt-Landau, ist von der Mehrzahl der Wahlmänner den Vier


Gvenzdote» II, 1A>». 26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/188232"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das Ergebniß der bayerischen Wahlen.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_663"> Die ein 2-.». April vollzogenen Wahlen zum bayerischen Abgeordnetenhause<lb/>
sind nicht ganz so günstig für die Fortschrittspartei ausgefallen, wie man nach den<lb/>
rühmlichen Anstrengungen der letztern und nach dem Ergebniß der acht Tage früher<lb/>
vorgenommenen Urwcchlcn gewärtigen mochte. Die vier Wahlen in Augsburg,<lb/>
die drei in Donauwörth, die drei in Schweinfurt und die drei in Kronach<lb/>
hoffte man mit größerer oder geringerer Sicherheit in Anspruch nehmen zu können,<lb/>
während sie jetzt sämmtlich den Gegnern anheimgefallen sind. Dagegen ist nur<lb/>
Erlangen mit drei Sitzen und einer von den vier Sitzen Hoff wider anfäng¬<lb/>
liches Erwarten für die Fortschrittspartei erobert worden, deren Halt im dies¬<lb/>
seitigen Bayern sich demnach so ziemlich auf Mittelfranken oder die Gegend<lb/>
um Nürnberg herum und auf das obere, dem Bodensee zugewandte Schwa¬<lb/>
ben (die Wahlbezirke Memmingen, Kausbeuren und Innenstadt) beschränkt.<lb/>
Längs des Mains hat sie augenblicklich keinen rechten Boden, wie der Verlust<lb/>
von Schweinfurt und Kronach darthut. Desto klarer ergibt sich freilich, daß<lb/>
sie kein vom Auslande her importirtes, sondern ein mitten im Lande selbst<lb/>
ersproßtcs Gewächs ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_664" next="#ID_665"> Ungleich erfreulicher im Verhältniß zu den vorher angestellten Berechnungen<lb/>
ist der Ausgang der Pfälzischen Wahlen. Hier scheint blos eine einzige Stimme<lb/>
unter neunzehn einem nicht ganz zuverlässigen Liberalen anzugehören, während<lb/>
kein einziges Mitglied der bisherigen servilen Mehrheit wieder gewählt worden<lb/>
ist. Und was mehr ist, die Wahl ist in einem Geiste vor sich gegangen, der<lb/>
"n ungleich innigeres Zusammengehen mit der Fortschrittspartei, als sich<lb/>
hoffen ließ, in Aussicht stellt. Nicht nur daß ein und das andere Mitglied<lb/>
der Fortschrittspartei &#x2014; z. B. der Gutsbesitzer Jordan in Deidesheim, Schwa¬<lb/>
ger des verstorbenen Buhl &#x2014; unter den Gewählten ist: in dem wichtigsten<lb/>
Wahlkreis, Neustadt-Landau, ist von der Mehrzahl der Wahlmänner den Vier</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Gvenzdote» II, 1A&gt;». 26</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0205] Das Ergebniß der bayerischen Wahlen. Die ein 2-.». April vollzogenen Wahlen zum bayerischen Abgeordnetenhause sind nicht ganz so günstig für die Fortschrittspartei ausgefallen, wie man nach den rühmlichen Anstrengungen der letztern und nach dem Ergebniß der acht Tage früher vorgenommenen Urwcchlcn gewärtigen mochte. Die vier Wahlen in Augsburg, die drei in Donauwörth, die drei in Schweinfurt und die drei in Kronach hoffte man mit größerer oder geringerer Sicherheit in Anspruch nehmen zu können, während sie jetzt sämmtlich den Gegnern anheimgefallen sind. Dagegen ist nur Erlangen mit drei Sitzen und einer von den vier Sitzen Hoff wider anfäng¬ liches Erwarten für die Fortschrittspartei erobert worden, deren Halt im dies¬ seitigen Bayern sich demnach so ziemlich auf Mittelfranken oder die Gegend um Nürnberg herum und auf das obere, dem Bodensee zugewandte Schwa¬ ben (die Wahlbezirke Memmingen, Kausbeuren und Innenstadt) beschränkt. Längs des Mains hat sie augenblicklich keinen rechten Boden, wie der Verlust von Schweinfurt und Kronach darthut. Desto klarer ergibt sich freilich, daß sie kein vom Auslande her importirtes, sondern ein mitten im Lande selbst ersproßtcs Gewächs ist. Ungleich erfreulicher im Verhältniß zu den vorher angestellten Berechnungen ist der Ausgang der Pfälzischen Wahlen. Hier scheint blos eine einzige Stimme unter neunzehn einem nicht ganz zuverlässigen Liberalen anzugehören, während kein einziges Mitglied der bisherigen servilen Mehrheit wieder gewählt worden ist. Und was mehr ist, die Wahl ist in einem Geiste vor sich gegangen, der "n ungleich innigeres Zusammengehen mit der Fortschrittspartei, als sich hoffen ließ, in Aussicht stellt. Nicht nur daß ein und das andere Mitglied der Fortschrittspartei — z. B. der Gutsbesitzer Jordan in Deidesheim, Schwa¬ ger des verstorbenen Buhl — unter den Gewählten ist: in dem wichtigsten Wahlkreis, Neustadt-Landau, ist von der Mehrzahl der Wahlmänner den Vier Gvenzdote» II, 1A>». 26

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/205
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_360476/205>, abgerufen am 19.10.2024.