Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.der alten Demokratie in eine wüste Begeisterung für die "Verträge" getrieben; man 1 5 Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Dritten Landes erste Lieferung. Dem vorstehenden Anfänge des dritten Bandes soll in den nächsten Wochen der alten Demokratie in eine wüste Begeisterung für die „Verträge" getrieben; man 1 5 Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Dritten Landes erste Lieferung. Dem vorstehenden Anfänge des dritten Bandes soll in den nächsten Wochen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0329" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107376"/> <p xml:id="ID_982" prev="#ID_981"> der alten Demokratie in eine wüste Begeisterung für die „Verträge" getrieben; man<lb/> hofft eine Erneuerung der heiligen Allianz; man hofft, daß über dem KricgSlärm<lb/> das parlamentarische Interesse vollständig einschlafen wird. Auch die Dänen werden<lb/> sich diese Begeisterung für die „Verträge" merken; Preußen hüte sich nur, in dieser<lb/> Sache dereinst den Störenfried machen und für das jetzt wieder so sehr verachtete<lb/> »Nationalitätsprincip" eintreten zu wollen. — Indeß rechnen wir sest auf den Prinz-<lb/> Agenten, der bisher mit seinem geraden Verstände sehr scharf zu unterscheiden ge¬<lb/> wußt, was von der wandelbaren Vox ?oxuli wirklich Vox ohl ist und was nicht.<lb/> -</p><lb/> <note type="byline"> 1 5</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Deutsches Wörterbuch</head><lb/> <p xml:id="ID_983"> von Jacob und Wilhelm Grimm. Dritten Landes erste Lieferung.<lb/> E.-—Einöde. Leipzig, S. Hirzel. 1859.</p><lb/> <p xml:id="ID_984" next="#ID_985"> Dem vorstehenden Anfänge des dritten Bandes soll in den nächsten Wochen<lb/> der Schluß des zweiten und die Fortsetzung des dritten folgen. So ist schnellere ^<lb/> Fortsetzung in willkommene Aussicht gestellt; mit dieser Lieferung beginnt wieder<lb/> die Thätigkeit Jacob Grimms. Leicht ist seine Feder in der knappen Behandlung,<lb/> der Auswahl der Belegstellen und der gründlichen Darstellung der Wörtcrvcrwandt-<lb/> schasten zu erkennen. Das E, dessen dritter Theil in diesem ersten Heft abgemacht<lb/> wird, ist für die deutsche Zunge sowol, als für den Lexikographen nicht der an¬<lb/> genehmste Buchstabe des Alphabets. Jetzt der herrschende Vocal unserer Schrift¬<lb/> sprache, übermächtig in Ableitungs- und Flexionsendungen, häufig auch im Irland<lb/> der Wörter, war er in den ältesten Dialekten ein verhältnißmäßig seltener Laut, der<lb/> un Gothischen noch die Natur eines Doppclvocals hatte und etwa wie das grie¬<lb/> chische «t nur in einzelnen Fällen verkürzt gebraucht wurde. Nach und nach ist<lb/> sein unbestimmtes und mattes Wesen an die Stelle volltönender Klänge getreten,<lb/> von denen sich eine große Fülle in den oberdeutschen Dialekten bis heute erhalten<lb/> hat. Noch im sechzehnten Jahrhundert weiß ihn die neugebildete Schriftsprache ost zu<lb/> entbehren, wo wir ihn nicht missen können; denn damals war die Sprache, wäh¬<lb/> rend sie aus dem Volksmundc fixirt wurde, in einem energischen Proceß begriffen,<lb/> Ableitungssilben, selbst Stämme zu verkürzen. Wenn sie dadurch zuweilen hart<lb/> Wurde, so vermied sie doch glücklicher als wir die Eintönigkeit und die langweilige<lb/> Einkleidung der Stämme mit schwachen Anhängcsilbcn. Es ist charakteristisch für<lb/> das deutsche Wesen, daß die naturgemäße Abschweifung und Verkürzung, der Wort-<lb/> Körper in denselben Jahrhunderten gestört wurde, in welchen das nationale Leben<lb/> ' Bildungskraft und Energie einbüßte. Die weitschweifige, schleppende Redeweise der Theo-<lb/> ^'gen und Juristen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert hat ebenso wie die<lb/> Pedanterie der gelehrten Dichter dazu beigetragen, den indifferenten Vvcallaut groß zu<lb/> s'ehen. Aber auch der schwierigste aller Vocale ist E geworden. Die Aussprache<lb/> Unterscheidet bei großer Verwirrung noch in vielen Füllen das ursprüngliche i und a<lb/> durch Annäherung an den Ton derselben. Aus den Dialekten hat sich eine unan¬<lb/> genehme breite, dem ä gleiche Aussprache übermäßig eingedrängt, und für Fremde<lb/> 'se das Abdampfen des tonlosen und stummen e in den Bildungssilben eine fast<lb/> unüberwindliche Schwierigkeit. Unter den merkwürdigen Wörtern dieses Heftes seien<lb/> "ur einige genannt: eben, Eber, Ecke, edel, Egcrt (das Brandland), Ehe, Ehre, el,<lb/> Eiche, Eid, Eifer, eigen, Eile und das wichtige Wort: ein. Wieder gibt diese</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0329]
der alten Demokratie in eine wüste Begeisterung für die „Verträge" getrieben; man
hofft eine Erneuerung der heiligen Allianz; man hofft, daß über dem KricgSlärm
das parlamentarische Interesse vollständig einschlafen wird. Auch die Dänen werden
sich diese Begeisterung für die „Verträge" merken; Preußen hüte sich nur, in dieser
Sache dereinst den Störenfried machen und für das jetzt wieder so sehr verachtete
»Nationalitätsprincip" eintreten zu wollen. — Indeß rechnen wir sest auf den Prinz-
Agenten, der bisher mit seinem geraden Verstände sehr scharf zu unterscheiden ge¬
wußt, was von der wandelbaren Vox ?oxuli wirklich Vox ohl ist und was nicht.
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Deutsches Wörterbuch
von Jacob und Wilhelm Grimm. Dritten Landes erste Lieferung.
E.-—Einöde. Leipzig, S. Hirzel. 1859.
Dem vorstehenden Anfänge des dritten Bandes soll in den nächsten Wochen
der Schluß des zweiten und die Fortsetzung des dritten folgen. So ist schnellere ^
Fortsetzung in willkommene Aussicht gestellt; mit dieser Lieferung beginnt wieder
die Thätigkeit Jacob Grimms. Leicht ist seine Feder in der knappen Behandlung,
der Auswahl der Belegstellen und der gründlichen Darstellung der Wörtcrvcrwandt-
schasten zu erkennen. Das E, dessen dritter Theil in diesem ersten Heft abgemacht
wird, ist für die deutsche Zunge sowol, als für den Lexikographen nicht der an¬
genehmste Buchstabe des Alphabets. Jetzt der herrschende Vocal unserer Schrift¬
sprache, übermächtig in Ableitungs- und Flexionsendungen, häufig auch im Irland
der Wörter, war er in den ältesten Dialekten ein verhältnißmäßig seltener Laut, der
un Gothischen noch die Natur eines Doppclvocals hatte und etwa wie das grie¬
chische «t nur in einzelnen Fällen verkürzt gebraucht wurde. Nach und nach ist
sein unbestimmtes und mattes Wesen an die Stelle volltönender Klänge getreten,
von denen sich eine große Fülle in den oberdeutschen Dialekten bis heute erhalten
hat. Noch im sechzehnten Jahrhundert weiß ihn die neugebildete Schriftsprache ost zu
entbehren, wo wir ihn nicht missen können; denn damals war die Sprache, wäh¬
rend sie aus dem Volksmundc fixirt wurde, in einem energischen Proceß begriffen,
Ableitungssilben, selbst Stämme zu verkürzen. Wenn sie dadurch zuweilen hart
Wurde, so vermied sie doch glücklicher als wir die Eintönigkeit und die langweilige
Einkleidung der Stämme mit schwachen Anhängcsilbcn. Es ist charakteristisch für
das deutsche Wesen, daß die naturgemäße Abschweifung und Verkürzung, der Wort-
Körper in denselben Jahrhunderten gestört wurde, in welchen das nationale Leben
' Bildungskraft und Energie einbüßte. Die weitschweifige, schleppende Redeweise der Theo-
^'gen und Juristen im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert hat ebenso wie die
Pedanterie der gelehrten Dichter dazu beigetragen, den indifferenten Vvcallaut groß zu
s'ehen. Aber auch der schwierigste aller Vocale ist E geworden. Die Aussprache
Unterscheidet bei großer Verwirrung noch in vielen Füllen das ursprüngliche i und a
durch Annäherung an den Ton derselben. Aus den Dialekten hat sich eine unan¬
genehme breite, dem ä gleiche Aussprache übermäßig eingedrängt, und für Fremde
'se das Abdampfen des tonlosen und stummen e in den Bildungssilben eine fast
unüberwindliche Schwierigkeit. Unter den merkwürdigen Wörtern dieses Heftes seien
"ur einige genannt: eben, Eber, Ecke, edel, Egcrt (das Brandland), Ehe, Ehre, el,
Eiche, Eid, Eifer, eigen, Eile und das wichtige Wort: ein. Wieder gibt diese
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