Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.unterthänigsten Gefühle zu bezeugen." "Wenn die Politische Freiheit und das par¬ Was den Verlauf der politischen Angelegenheiten selbst betrifft, so erkennt die Nachtrag. Die Erklärung, welche soeben die "Preußische Zeitung" über die Anstalten unterthänigsten Gefühle zu bezeugen." „Wenn die Politische Freiheit und das par¬ Was den Verlauf der politischen Angelegenheiten selbst betrifft, so erkennt die Nachtrag. Die Erklärung, welche soeben die „Preußische Zeitung" über die Anstalten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0129" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107176"/> <p xml:id="ID_369" prev="#ID_368"> unterthänigsten Gefühle zu bezeugen." „Wenn die Politische Freiheit und das par¬<lb/> lamentarische Recht sich erschleichen ließe, so möchte der von dem preußischen Land¬<lb/> tag eingeschlagene Weg zum Ziel führen; da es aber ans dem Gebiet des Staats¬<lb/> lebens keinen andern Besitz gibt als denjenigen, welcher mit gewaffneter Hand<lb/> erobert und mit selbständiger Macht behauptet wird, so ist es eine falsche Rechnung,<lb/> wenn, der preußische Landtag . . . ein zartfühlendes Stillschweigen über die em¬<lb/> pörenden Thatsachen der jüngsten Vergangenheit beobachtet." — Die letzte Behauptung<lb/> ist wol nur daraus zu erklären, daß der Realpolitiker keine Zeitungen liest. Wenn<lb/> ihm der Landtag über die Thaten der jüngsten Vergangenheit noch nicht laut genug<lb/> spricht oder schreit, so ist er wirklich schwer zu befriedigen. Man sieht bei ihm<lb/> aber recht deutlich, wie keiner mehr der Gefahr ausgesetzt ist, in Phrasen zu ver¬<lb/> fallen als n,er fortwährend ausruft: „nur keine Phrasen!" Denn jene Bemerkung<lb/> über die Nothwendigkeit, die Freiheit mit gewaffneter Hand zu erobern, ist für den<lb/> gegenwärtigen Fall wirklich eine leere, ja sinnlose Phrase. Wenn der Landtag in<lb/> der That etwas damit ausrichten könnte, mit Schwert und Spieß vor das könig¬<lb/> liche Schloß zu rücken, so hätte er jedenfalls jetzt dazu keine Veranlassung, da man<lb/> ihm von dort aus auf das bereitwilligste entgegenkommt, da die Majorität des Land¬<lb/> tags und mit ihm fast das ganze Land mit der Regierung in den Hauptsachen voll¬<lb/> kommen einig ist; wenn man in Süddeutschland diese Einigkeit nicht billigt, so ist<lb/> das bedauern, aber wir werden suchen müssen, es zu ertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_370"> Was den Verlauf der politischen Angelegenheiten selbst betrifft, so erkennt die<lb/> Conferenz über die Donaufürstenthümer, wie wir es voraussagten, die vollendete<lb/> Thatsache an; mit der schweizer Neutralität haben sich Oestreich und Preußen ein¬<lb/> verstanden erklärt; über die Präliminarien der beabsichtigten Konferenz wissen wir<lb/> grade so viel als früher, wir wissen nur, daß statt der Entwaffnung alle Welt die<lb/> Rüstungen vermehrt. Englands Einfluß ist durch die Ministerkrisis fast ganz para-<lb/> lysirt. Rußland spielt ein verstecktes Spiel; wenn wir von unserm Standpunkt ans<lb/> an die preußische Regierung eine Jnterpellation zu richten hätten, so wäre es die,<lb/> ob sie bereits versucht hat, sich mit den übrigen Bundesregierungen zu verständigen.<lb/> Diese Verständigung ist nothwendig, da Preußen unmöglich daran denken kann, sich<lb/> isoliren, sie ist möglich, da diesmal glücklicherweise alle diese Regierungen mit<lb/> Ausnahme Oestreichs ein vollständig identisches Interesse haben. Auch eine Verhand¬<lb/> lung mit Oestreich kann nur dann mit einiger Aussicht auf Erfolg versucht werden,<lb/> rocnn vorher die übrigen Regierungen über alle Eventualitäten der Zukunft einig<lb/> geworden sind. -j- j-</p><lb/> <div n="2"> <head> Nachtrag.</head> <p xml:id="ID_371"> Die Erklärung, welche soeben die „Preußische Zeitung" über die Anstalten<lb/> gibt, welche Preußen trifft, um seincrBuudcspflicht zu genügen, werden hoffentlich auch<lb/> w Süddeutschland beruhigend wirken. — Nur noch eine Bemerkung in Bezug auf<lb/> die Forderungen süddeutscher Blätter, eine gemeinschaftliche Rüstung des Bundes be¬<lb/> treffend. Diese kann nur vom Bundestag ausgehn; das Präsidium des Bundes<lb/> führt Oestreich, und so würde nach einem solchen Vorgang Preußen auf jede Mög¬<lb/> lichkeit einer Vermittlung Verzicht leisten — die bis jetzt, wie wir von der Pr. Z.<lb/> wie großer Freude hören, noch nicht ganz abgeschnitten ist. — Die Ereignisse gehn<lb/> so rasch, daß diese Bemerkung vielleicht antiquirt sein wird, wenn sie im Druck<lb/> "sch<note type="byline"> -j-f</note> eint; jedenfalls scheint sie für das Vergangene nicht überflüssig. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0129]
unterthänigsten Gefühle zu bezeugen." „Wenn die Politische Freiheit und das par¬
lamentarische Recht sich erschleichen ließe, so möchte der von dem preußischen Land¬
tag eingeschlagene Weg zum Ziel führen; da es aber ans dem Gebiet des Staats¬
lebens keinen andern Besitz gibt als denjenigen, welcher mit gewaffneter Hand
erobert und mit selbständiger Macht behauptet wird, so ist es eine falsche Rechnung,
wenn, der preußische Landtag . . . ein zartfühlendes Stillschweigen über die em¬
pörenden Thatsachen der jüngsten Vergangenheit beobachtet." — Die letzte Behauptung
ist wol nur daraus zu erklären, daß der Realpolitiker keine Zeitungen liest. Wenn
ihm der Landtag über die Thaten der jüngsten Vergangenheit noch nicht laut genug
spricht oder schreit, so ist er wirklich schwer zu befriedigen. Man sieht bei ihm
aber recht deutlich, wie keiner mehr der Gefahr ausgesetzt ist, in Phrasen zu ver¬
fallen als n,er fortwährend ausruft: „nur keine Phrasen!" Denn jene Bemerkung
über die Nothwendigkeit, die Freiheit mit gewaffneter Hand zu erobern, ist für den
gegenwärtigen Fall wirklich eine leere, ja sinnlose Phrase. Wenn der Landtag in
der That etwas damit ausrichten könnte, mit Schwert und Spieß vor das könig¬
liche Schloß zu rücken, so hätte er jedenfalls jetzt dazu keine Veranlassung, da man
ihm von dort aus auf das bereitwilligste entgegenkommt, da die Majorität des Land¬
tags und mit ihm fast das ganze Land mit der Regierung in den Hauptsachen voll¬
kommen einig ist; wenn man in Süddeutschland diese Einigkeit nicht billigt, so ist
das bedauern, aber wir werden suchen müssen, es zu ertragen.
Was den Verlauf der politischen Angelegenheiten selbst betrifft, so erkennt die
Conferenz über die Donaufürstenthümer, wie wir es voraussagten, die vollendete
Thatsache an; mit der schweizer Neutralität haben sich Oestreich und Preußen ein¬
verstanden erklärt; über die Präliminarien der beabsichtigten Konferenz wissen wir
grade so viel als früher, wir wissen nur, daß statt der Entwaffnung alle Welt die
Rüstungen vermehrt. Englands Einfluß ist durch die Ministerkrisis fast ganz para-
lysirt. Rußland spielt ein verstecktes Spiel; wenn wir von unserm Standpunkt ans
an die preußische Regierung eine Jnterpellation zu richten hätten, so wäre es die,
ob sie bereits versucht hat, sich mit den übrigen Bundesregierungen zu verständigen.
Diese Verständigung ist nothwendig, da Preußen unmöglich daran denken kann, sich
isoliren, sie ist möglich, da diesmal glücklicherweise alle diese Regierungen mit
Ausnahme Oestreichs ein vollständig identisches Interesse haben. Auch eine Verhand¬
lung mit Oestreich kann nur dann mit einiger Aussicht auf Erfolg versucht werden,
rocnn vorher die übrigen Regierungen über alle Eventualitäten der Zukunft einig
geworden sind. -j- j-
Nachtrag. Die Erklärung, welche soeben die „Preußische Zeitung" über die Anstalten
gibt, welche Preußen trifft, um seincrBuudcspflicht zu genügen, werden hoffentlich auch
w Süddeutschland beruhigend wirken. — Nur noch eine Bemerkung in Bezug auf
die Forderungen süddeutscher Blätter, eine gemeinschaftliche Rüstung des Bundes be¬
treffend. Diese kann nur vom Bundestag ausgehn; das Präsidium des Bundes
führt Oestreich, und so würde nach einem solchen Vorgang Preußen auf jede Mög¬
lichkeit einer Vermittlung Verzicht leisten — die bis jetzt, wie wir von der Pr. Z.
wie großer Freude hören, noch nicht ganz abgeschnitten ist. — Die Ereignisse gehn
so rasch, daß diese Bemerkung vielleicht antiquirt sein wird, wenn sie im Druck
"sch -j-f eint; jedenfalls scheint sie für das Vergangene nicht überflüssig.
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