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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Der Teufel war todt, Wenigstens dem gebildeten Bürgerthum. Nur in den
untern Schichten des Volkes und in den aristokratischen Kreisen, welche beide
das Sonnenlicht unserer Bildung langsam und gebrochen aufnehmen, erhielt
sich noch ein stiller Glaube an seine Existenz. Da begegnete der deutschen
Nation zu derse.'den Zeit, in welcher die katholische Kirche der Mutter des
Heilands göttlichen Ursprung vindicirte. daß protestantische Fürsten und Geist¬
liche den Junker Satan im Glauben wieder zu beleben versuchten. Beide Con-
fessionen in dem entsprechenden Bestreben, ihr geistliches Rüstzeug zu verstär¬
ke". Prediger im Amt und akademische Lehrer haben gewagt, wieder eine
wirkliche Existenz des Teufels öffentlich zu lehren. -- Die letzte Folge solcher
Bestrebungen wird freilich sein, daß alle, welche daran theilnehmen, für sich
selbst die Bezeichnung erwerben, welche der Böse in d"in letzten Jahrhundert
? vorzugsweise getragen hat, das Prüdicat: armer Teufel.




Rückblick aus die neueste Geschichte Venezuelns.
Boll v n r und Pa e z.
i.. '

Bor wenig Wochen meldeten die Blätter, daß der Kaiser der Franzosen
in Einlaß des Attentats vom 14. Jan. auch aus Südamerika ein Beglück-
wünschungöschreiben erhallen habe: von Monagas, dem Präsidenten der Re¬
publik Venezuela. Die Ironie der Geschichte jener Freistaaten wollte es, daß
vor Eintreffen genannten Schreibens Mvnagas schon aufgehört hatte Präsi¬
dent zu sein. Durch eine Volkserhebung zur Abdankung gezwungen, hat er sich
in das Haus des französischen Gesandten in Caracas geflüchtet, und es wäre nun
die Reihe am Kaiser Napoleon, dankbar sür die freundliche Gesinnung Generals
Monagas, diesem zu gratuliren, daß er in seiner Hauptstadt noch einen guten
Freund gefunden. Nicht als ob Monagas für sein Leben Hütte fürchten müssen:
das Volk Venezuelas ist zu gutmüthig und versöhnlich, inmitten seines Sieges¬
rausches auch zu kurzsichtig, als daß es einen Mann, der seit i Stil, als wieder¬
holter Störer der Ordnung, seit 1847, der Zeit seiner ersten Präsidentur, als
Plünderer der Kassen, eigennütziger Gemaltherr unter dem prunkenden Titel


dran in Meyerbeers Robert ist kein deutscher Teufel, sonder" eine mit pariser Sentimen¬
talität verfehle romanische Figur. Der deutsche Teufel vermag keine menschliche Nachkommen¬
schaft zu produciren, aus seiner Verbindung mit den Hexen entstand nichts Lebendes, höchstens
Mitten und Schmetterlinge. Die entgegengesetzten Aussagen einzelner Hexen veränderten den
allgemeinen Glauben nicht. Nach celtische" Sagen aber hat er zweimal mit irdischen Frauen
Söhne gezeugt, den Merlin und Robert von der Normandie,

Der Teufel war todt, Wenigstens dem gebildeten Bürgerthum. Nur in den
untern Schichten des Volkes und in den aristokratischen Kreisen, welche beide
das Sonnenlicht unserer Bildung langsam und gebrochen aufnehmen, erhielt
sich noch ein stiller Glaube an seine Existenz. Da begegnete der deutschen
Nation zu derse.'den Zeit, in welcher die katholische Kirche der Mutter des
Heilands göttlichen Ursprung vindicirte. daß protestantische Fürsten und Geist¬
liche den Junker Satan im Glauben wieder zu beleben versuchten. Beide Con-
fessionen in dem entsprechenden Bestreben, ihr geistliches Rüstzeug zu verstär¬
ke». Prediger im Amt und akademische Lehrer haben gewagt, wieder eine
wirkliche Existenz des Teufels öffentlich zu lehren. — Die letzte Folge solcher
Bestrebungen wird freilich sein, daß alle, welche daran theilnehmen, für sich
selbst die Bezeichnung erwerben, welche der Böse in d»in letzten Jahrhundert
? vorzugsweise getragen hat, das Prüdicat: armer Teufel.




Rückblick aus die neueste Geschichte Venezuelns.
Boll v n r und Pa e z.
i.. '

Bor wenig Wochen meldeten die Blätter, daß der Kaiser der Franzosen
in Einlaß des Attentats vom 14. Jan. auch aus Südamerika ein Beglück-
wünschungöschreiben erhallen habe: von Monagas, dem Präsidenten der Re¬
publik Venezuela. Die Ironie der Geschichte jener Freistaaten wollte es, daß
vor Eintreffen genannten Schreibens Mvnagas schon aufgehört hatte Präsi¬
dent zu sein. Durch eine Volkserhebung zur Abdankung gezwungen, hat er sich
in das Haus des französischen Gesandten in Caracas geflüchtet, und es wäre nun
die Reihe am Kaiser Napoleon, dankbar sür die freundliche Gesinnung Generals
Monagas, diesem zu gratuliren, daß er in seiner Hauptstadt noch einen guten
Freund gefunden. Nicht als ob Monagas für sein Leben Hütte fürchten müssen:
das Volk Venezuelas ist zu gutmüthig und versöhnlich, inmitten seines Sieges¬
rausches auch zu kurzsichtig, als daß es einen Mann, der seit i Stil, als wieder¬
holter Störer der Ordnung, seit 1847, der Zeit seiner ersten Präsidentur, als
Plünderer der Kassen, eigennütziger Gemaltherr unter dem prunkenden Titel


dran in Meyerbeers Robert ist kein deutscher Teufel, sonder» eine mit pariser Sentimen¬
talität verfehle romanische Figur. Der deutsche Teufel vermag keine menschliche Nachkommen¬
schaft zu produciren, aus seiner Verbindung mit den Hexen entstand nichts Lebendes, höchstens
Mitten und Schmetterlinge. Die entgegengesetzten Aussagen einzelner Hexen veränderten den
allgemeinen Glauben nicht. Nach celtische» Sagen aber hat er zweimal mit irdischen Frauen
Söhne gezeugt, den Merlin und Robert von der Normandie,
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[0394] Der Teufel war todt, Wenigstens dem gebildeten Bürgerthum. Nur in den untern Schichten des Volkes und in den aristokratischen Kreisen, welche beide das Sonnenlicht unserer Bildung langsam und gebrochen aufnehmen, erhielt sich noch ein stiller Glaube an seine Existenz. Da begegnete der deutschen Nation zu derse.'den Zeit, in welcher die katholische Kirche der Mutter des Heilands göttlichen Ursprung vindicirte. daß protestantische Fürsten und Geist¬ liche den Junker Satan im Glauben wieder zu beleben versuchten. Beide Con- fessionen in dem entsprechenden Bestreben, ihr geistliches Rüstzeug zu verstär¬ ke». Prediger im Amt und akademische Lehrer haben gewagt, wieder eine wirkliche Existenz des Teufels öffentlich zu lehren. — Die letzte Folge solcher Bestrebungen wird freilich sein, daß alle, welche daran theilnehmen, für sich selbst die Bezeichnung erwerben, welche der Böse in d»in letzten Jahrhundert ? vorzugsweise getragen hat, das Prüdicat: armer Teufel. Rückblick aus die neueste Geschichte Venezuelns. Boll v n r und Pa e z. i.. ' Bor wenig Wochen meldeten die Blätter, daß der Kaiser der Franzosen in Einlaß des Attentats vom 14. Jan. auch aus Südamerika ein Beglück- wünschungöschreiben erhallen habe: von Monagas, dem Präsidenten der Re¬ publik Venezuela. Die Ironie der Geschichte jener Freistaaten wollte es, daß vor Eintreffen genannten Schreibens Mvnagas schon aufgehört hatte Präsi¬ dent zu sein. Durch eine Volkserhebung zur Abdankung gezwungen, hat er sich in das Haus des französischen Gesandten in Caracas geflüchtet, und es wäre nun die Reihe am Kaiser Napoleon, dankbar sür die freundliche Gesinnung Generals Monagas, diesem zu gratuliren, daß er in seiner Hauptstadt noch einen guten Freund gefunden. Nicht als ob Monagas für sein Leben Hütte fürchten müssen: das Volk Venezuelas ist zu gutmüthig und versöhnlich, inmitten seines Sieges¬ rausches auch zu kurzsichtig, als daß es einen Mann, der seit i Stil, als wieder¬ holter Störer der Ordnung, seit 1847, der Zeit seiner ersten Präsidentur, als Plünderer der Kassen, eigennütziger Gemaltherr unter dem prunkenden Titel dran in Meyerbeers Robert ist kein deutscher Teufel, sonder» eine mit pariser Sentimen¬ talität verfehle romanische Figur. Der deutsche Teufel vermag keine menschliche Nachkommen¬ schaft zu produciren, aus seiner Verbindung mit den Hexen entstand nichts Lebendes, höchstens Mitten und Schmetterlinge. Die entgegengesetzten Aussagen einzelner Hexen veränderten den allgemeinen Glauben nicht. Nach celtische» Sagen aber hat er zweimal mit irdischen Frauen Söhne gezeugt, den Merlin und Robert von der Normandie,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/394>, abgerufen am 21.12.2024.