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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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constatirt werden soll. -- Ist es denn wahr, daß unsere Dichter und Schriftsteller,
die diesen Namen verdienen, wirklich im Verhältniß zu den andern Ständen Noth
leiden?-- Einzelne Fülle, wo es sich um ein persönliches Unglück, nicht des Dichters,
sondern des Menschen handelt, können hier nicht in Betracht kommen. -- Ernten
nicht unsere Dichter und Schriftsteller im Durchschnitt einen reichern Lohn für ihre
Anstrengung ein, als irgend ein andrer Stand, der doch auch im Schweiß seines
Angesichts arbeitet? Steht mir der Schriftsteller so tief in der Achtung seiner Zeit¬
genossen, daß man nur ihm das Privilegium des Unmündigen beilegt, für seinen
Unterhalt nicht sorgen zu dürfen? -- Ist es an der Zeit, unreifen, halbgebildeter,
talentlosen Menschen (es gibt tausende in Deutschland, die sich selbst für einen zwei¬
ten Goethe halten) Hoffnungen zu errege", und sie dadurch zu einer ungeordneten
Laufbahn zu verführen, die doch für sic nur eine unglückliche sein kann! Ist es Zweck¬
mäßig, die Wohlthat gegen das unverschuldete Unglück, an der es in Deutschland
niemals fehlt, zu generalisiren, und dadurch einen Stand gewissermaßen als unmündig
zu bezeichnen? -- Man wird diese Bedenken begreifen; sic haben nicht den Zweck,
die Schillerstiftung überhaupt als unnütz oder schädlich darzustellen: wenn sie nur
überhaupt etwas Gutes wirkt, so schadet es nicht, daß sie es in geringerem Maß
thut, als sie ursprünglich sich vorgestellt hat; sie sollen nur die dresdner Schiller¬
stiftung auf die Möglichkeit aufmerksam machen, daß es Menschen in Deutschland
gibt, die ihren Zweck nicht für den einzigen hallen, dem ein Patriot sich hingeben
könne; Menschen, die also zu dem Zweck, alljährlich eine Rede zu Ehren Schillers
zu halten, und die Schiilerhänser anzukaufen, el" Legat hinterlassen können. -- Ob
H. v. Pflummcrn das wirtlich gethan, ist uns auch aus der vorliegenden Broschüre
nicht klar geworden ; darum ist es eben Sache des Gerichts, nach den gegebenen
rechtlichen Formen den Austrag zu finden.




Literatur.

Unter den neuen Romanen, deren Besprechung wir uns vorbehalte", sobald
sie fertig sein werden, nennen nur. Drei Jahre von Dreißig?" (1618--1621)
von L. Rellstab. Leipzig, Brockhaus (in 5 Bd. bis jetzt I Band); ferner: Die
Sansara von. Alfred Meißner. Leipzig, F. L. Herbig (in 4 Bd., bis jetzt
:i Bd.) -- Von Berthold Auerbachs gesammelten Werken sind bis jetzt (Stutt¬
gart, Cotta) " Bde. erschienen. --

Ein recht zweckmäßiges Handbuch für Anfänger und Liebhaber ist: Die Welt
gcschichte in Lebensbildern und Charakterschilderungen der Völker,
mit besonderer Beziehung auf Cultur und Sitte". Von Friedrich Körner,
Professor der Handelsakademie zu Pesth. Leipzig, Eostenoble. 3 Bd.




Verantwortlicher Redacteur: v, Moritz Busch -- Verlag vo" F. L, Hcrbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

constatirt werden soll. — Ist es denn wahr, daß unsere Dichter und Schriftsteller,
die diesen Namen verdienen, wirklich im Verhältniß zu den andern Ständen Noth
leiden?— Einzelne Fülle, wo es sich um ein persönliches Unglück, nicht des Dichters,
sondern des Menschen handelt, können hier nicht in Betracht kommen. — Ernten
nicht unsere Dichter und Schriftsteller im Durchschnitt einen reichern Lohn für ihre
Anstrengung ein, als irgend ein andrer Stand, der doch auch im Schweiß seines
Angesichts arbeitet? Steht mir der Schriftsteller so tief in der Achtung seiner Zeit¬
genossen, daß man nur ihm das Privilegium des Unmündigen beilegt, für seinen
Unterhalt nicht sorgen zu dürfen? — Ist es an der Zeit, unreifen, halbgebildeter,
talentlosen Menschen (es gibt tausende in Deutschland, die sich selbst für einen zwei¬
ten Goethe halten) Hoffnungen zu errege», und sie dadurch zu einer ungeordneten
Laufbahn zu verführen, die doch für sic nur eine unglückliche sein kann! Ist es Zweck¬
mäßig, die Wohlthat gegen das unverschuldete Unglück, an der es in Deutschland
niemals fehlt, zu generalisiren, und dadurch einen Stand gewissermaßen als unmündig
zu bezeichnen? — Man wird diese Bedenken begreifen; sic haben nicht den Zweck,
die Schillerstiftung überhaupt als unnütz oder schädlich darzustellen: wenn sie nur
überhaupt etwas Gutes wirkt, so schadet es nicht, daß sie es in geringerem Maß
thut, als sie ursprünglich sich vorgestellt hat; sie sollen nur die dresdner Schiller¬
stiftung auf die Möglichkeit aufmerksam machen, daß es Menschen in Deutschland
gibt, die ihren Zweck nicht für den einzigen hallen, dem ein Patriot sich hingeben
könne; Menschen, die also zu dem Zweck, alljährlich eine Rede zu Ehren Schillers
zu halten, und die Schiilerhänser anzukaufen, el» Legat hinterlassen können. — Ob
H. v. Pflummcrn das wirtlich gethan, ist uns auch aus der vorliegenden Broschüre
nicht klar geworden ; darum ist es eben Sache des Gerichts, nach den gegebenen
rechtlichen Formen den Austrag zu finden.




Literatur.

Unter den neuen Romanen, deren Besprechung wir uns vorbehalte», sobald
sie fertig sein werden, nennen nur. Drei Jahre von Dreißig?» (1618—1621)
von L. Rellstab. Leipzig, Brockhaus (in 5 Bd. bis jetzt I Band); ferner: Die
Sansara von. Alfred Meißner. Leipzig, F. L. Herbig (in 4 Bd., bis jetzt
:i Bd.) — Von Berthold Auerbachs gesammelten Werken sind bis jetzt (Stutt¬
gart, Cotta) » Bde. erschienen. —

Ein recht zweckmäßiges Handbuch für Anfänger und Liebhaber ist: Die Welt
gcschichte in Lebensbildern und Charakterschilderungen der Völker,
mit besonderer Beziehung auf Cultur und Sitte». Von Friedrich Körner,
Professor der Handelsakademie zu Pesth. Leipzig, Eostenoble. 3 Bd.




Verantwortlicher Redacteur: v, Moritz Busch — Verlag vo„ F. L, Hcrbig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0328] constatirt werden soll. — Ist es denn wahr, daß unsere Dichter und Schriftsteller, die diesen Namen verdienen, wirklich im Verhältniß zu den andern Ständen Noth leiden?— Einzelne Fülle, wo es sich um ein persönliches Unglück, nicht des Dichters, sondern des Menschen handelt, können hier nicht in Betracht kommen. — Ernten nicht unsere Dichter und Schriftsteller im Durchschnitt einen reichern Lohn für ihre Anstrengung ein, als irgend ein andrer Stand, der doch auch im Schweiß seines Angesichts arbeitet? Steht mir der Schriftsteller so tief in der Achtung seiner Zeit¬ genossen, daß man nur ihm das Privilegium des Unmündigen beilegt, für seinen Unterhalt nicht sorgen zu dürfen? — Ist es an der Zeit, unreifen, halbgebildeter, talentlosen Menschen (es gibt tausende in Deutschland, die sich selbst für einen zwei¬ ten Goethe halten) Hoffnungen zu errege», und sie dadurch zu einer ungeordneten Laufbahn zu verführen, die doch für sic nur eine unglückliche sein kann! Ist es Zweck¬ mäßig, die Wohlthat gegen das unverschuldete Unglück, an der es in Deutschland niemals fehlt, zu generalisiren, und dadurch einen Stand gewissermaßen als unmündig zu bezeichnen? — Man wird diese Bedenken begreifen; sic haben nicht den Zweck, die Schillerstiftung überhaupt als unnütz oder schädlich darzustellen: wenn sie nur überhaupt etwas Gutes wirkt, so schadet es nicht, daß sie es in geringerem Maß thut, als sie ursprünglich sich vorgestellt hat; sie sollen nur die dresdner Schiller¬ stiftung auf die Möglichkeit aufmerksam machen, daß es Menschen in Deutschland gibt, die ihren Zweck nicht für den einzigen hallen, dem ein Patriot sich hingeben könne; Menschen, die also zu dem Zweck, alljährlich eine Rede zu Ehren Schillers zu halten, und die Schiilerhänser anzukaufen, el» Legat hinterlassen können. — Ob H. v. Pflummcrn das wirtlich gethan, ist uns auch aus der vorliegenden Broschüre nicht klar geworden ; darum ist es eben Sache des Gerichts, nach den gegebenen rechtlichen Formen den Austrag zu finden. Literatur. Unter den neuen Romanen, deren Besprechung wir uns vorbehalte», sobald sie fertig sein werden, nennen nur. Drei Jahre von Dreißig?» (1618—1621) von L. Rellstab. Leipzig, Brockhaus (in 5 Bd. bis jetzt I Band); ferner: Die Sansara von. Alfred Meißner. Leipzig, F. L. Herbig (in 4 Bd., bis jetzt :i Bd.) — Von Berthold Auerbachs gesammelten Werken sind bis jetzt (Stutt¬ gart, Cotta) » Bde. erschienen. — Ein recht zweckmäßiges Handbuch für Anfänger und Liebhaber ist: Die Welt gcschichte in Lebensbildern und Charakterschilderungen der Völker, mit besonderer Beziehung auf Cultur und Sitte». Von Friedrich Körner, Professor der Handelsakademie zu Pesth. Leipzig, Eostenoble. 3 Bd. Verantwortlicher Redacteur: v, Moritz Busch — Verlag vo„ F. L, Hcrbig in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/328>, abgerufen am 30.12.2024.