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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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Die Ausstellungen in Berlin.

Außerordentlich tief begründet im Gemüthe des Menschen ist das Be¬
dürfniß, sich von Zeit zu Zeit gemeinsam mit seines Gleichen für irgend eine
Erscheinung zu begeistern und dieser Begeisterung auch einen gemeinschaft-
lichen Ausdruck zu geben. Das eigentlich begeisternde Moment: die der Er¬
scheinung zu Grunde liegende Idee geräth dann über dem Vergnügen, das
in der Gemeinsamkeit solcher Aeußerungen liegt, oftmals in Vergessenheit,
oder es wird in Ermangelung großer Ideen das Entzücken über eine Sänge¬
rin oder Tänzerin die Fahne, unter der Gleichempfiiidende sich scharen, um
eben dem tief gewurzelten Enthusiasmirungstriebe Genüge zu leisten. Nicht
nur der Straßenjunge hat das Bedürfniß hin und wieder sich in Hurrahs
und Lebehochs heiser zu schreien; -- darum wird auch jeder, man mochte sagen
"legitime" Anlaß zu diesem Vergnügen so eifrig benutzt, und wirken derartige
Stimmungen mit staunenerregender Ansteckung werter.

Ein neuer Beweis hierfür waren die Februarfeste, die Berlin und ganz
Preußen in so lebhafte Bewegung versetzten, und während welcher der Strom
der allgemeinen Begeisterung sich mit einer seltnen, ja fast unerhörten Einigkeit
in derselben Richtung ergoß. -- Dieser Strom ist nun vorübergerauscht, aber
bleibende und tief bedeutsame Zeugen seines Daseins hat er uns in Fülle
hinterlassen, zunächst in den zahlreichen wohlthätigen Stiftungen, die durch
die freudig gehobene Stimmung jener festlichen Tage ins Leben gerufen wur¬
den, deren Segen mehr in der Stille und in die Ferne wirksam ist. dann
aber auch in den beiden Ausstellungen, die im königlichen Akademiegebäude der
Schaulust des Publicums geöffnet sind. Es sei erlaubt, den Eindruck wieder¬
zugeben, den eine Wanderung durch diese Räume dem unbefangenen Beschauer
hervorbringt.

Der sogenannte Uhrsaal und die drei daranstoßenden Säle, in denen
sonst ein Theil der alle zwei Jahre stattfindenden Gemäldeausstellung Platz
nimmt, enthalten eine Aufstellung derjenigen Jndustrieembleme. welche
am 8. Februar 1858, dem feierlichen Einzugstage Ihrer königl. Hoheiten des
Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm von Preußen, öffentlich in Berlin
getragen wurden. Ein kleinerer Raum in demselben Gebäude, zu dem man
von der Univerfitätsstraße aus gelangt, und der erst vor wenigen Tagen er¬
öffnet wurde, ist angefüllt mit den Hochzeitsgeschenken, die Ihren königl.
Hoheiten dargebracht wurde". Beide Ausstellungen finden gegen Eintritts¬
geld zu wohlthätigen Zwecken statt und ist die erstere bis jetzt von circa
40,000 Personen besucht worden, was einen Reinertrag von etwa 700" Thlr.
lieferte. --


Die Ausstellungen in Berlin.

Außerordentlich tief begründet im Gemüthe des Menschen ist das Be¬
dürfniß, sich von Zeit zu Zeit gemeinsam mit seines Gleichen für irgend eine
Erscheinung zu begeistern und dieser Begeisterung auch einen gemeinschaft-
lichen Ausdruck zu geben. Das eigentlich begeisternde Moment: die der Er¬
scheinung zu Grunde liegende Idee geräth dann über dem Vergnügen, das
in der Gemeinsamkeit solcher Aeußerungen liegt, oftmals in Vergessenheit,
oder es wird in Ermangelung großer Ideen das Entzücken über eine Sänge¬
rin oder Tänzerin die Fahne, unter der Gleichempfiiidende sich scharen, um
eben dem tief gewurzelten Enthusiasmirungstriebe Genüge zu leisten. Nicht
nur der Straßenjunge hat das Bedürfniß hin und wieder sich in Hurrahs
und Lebehochs heiser zu schreien; — darum wird auch jeder, man mochte sagen
„legitime" Anlaß zu diesem Vergnügen so eifrig benutzt, und wirken derartige
Stimmungen mit staunenerregender Ansteckung werter.

Ein neuer Beweis hierfür waren die Februarfeste, die Berlin und ganz
Preußen in so lebhafte Bewegung versetzten, und während welcher der Strom
der allgemeinen Begeisterung sich mit einer seltnen, ja fast unerhörten Einigkeit
in derselben Richtung ergoß. — Dieser Strom ist nun vorübergerauscht, aber
bleibende und tief bedeutsame Zeugen seines Daseins hat er uns in Fülle
hinterlassen, zunächst in den zahlreichen wohlthätigen Stiftungen, die durch
die freudig gehobene Stimmung jener festlichen Tage ins Leben gerufen wur¬
den, deren Segen mehr in der Stille und in die Ferne wirksam ist. dann
aber auch in den beiden Ausstellungen, die im königlichen Akademiegebäude der
Schaulust des Publicums geöffnet sind. Es sei erlaubt, den Eindruck wieder¬
zugeben, den eine Wanderung durch diese Räume dem unbefangenen Beschauer
hervorbringt.

Der sogenannte Uhrsaal und die drei daranstoßenden Säle, in denen
sonst ein Theil der alle zwei Jahre stattfindenden Gemäldeausstellung Platz
nimmt, enthalten eine Aufstellung derjenigen Jndustrieembleme. welche
am 8. Februar 1858, dem feierlichen Einzugstage Ihrer königl. Hoheiten des
Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm von Preußen, öffentlich in Berlin
getragen wurden. Ein kleinerer Raum in demselben Gebäude, zu dem man
von der Univerfitätsstraße aus gelangt, und der erst vor wenigen Tagen er¬
öffnet wurde, ist angefüllt mit den Hochzeitsgeschenken, die Ihren königl.
Hoheiten dargebracht wurde». Beide Ausstellungen finden gegen Eintritts¬
geld zu wohlthätigen Zwecken statt und ist die erstere bis jetzt von circa
40,000 Personen besucht worden, was einen Reinertrag von etwa 700» Thlr.
lieferte. —


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[0194] Die Ausstellungen in Berlin. Außerordentlich tief begründet im Gemüthe des Menschen ist das Be¬ dürfniß, sich von Zeit zu Zeit gemeinsam mit seines Gleichen für irgend eine Erscheinung zu begeistern und dieser Begeisterung auch einen gemeinschaft- lichen Ausdruck zu geben. Das eigentlich begeisternde Moment: die der Er¬ scheinung zu Grunde liegende Idee geräth dann über dem Vergnügen, das in der Gemeinsamkeit solcher Aeußerungen liegt, oftmals in Vergessenheit, oder es wird in Ermangelung großer Ideen das Entzücken über eine Sänge¬ rin oder Tänzerin die Fahne, unter der Gleichempfiiidende sich scharen, um eben dem tief gewurzelten Enthusiasmirungstriebe Genüge zu leisten. Nicht nur der Straßenjunge hat das Bedürfniß hin und wieder sich in Hurrahs und Lebehochs heiser zu schreien; — darum wird auch jeder, man mochte sagen „legitime" Anlaß zu diesem Vergnügen so eifrig benutzt, und wirken derartige Stimmungen mit staunenerregender Ansteckung werter. Ein neuer Beweis hierfür waren die Februarfeste, die Berlin und ganz Preußen in so lebhafte Bewegung versetzten, und während welcher der Strom der allgemeinen Begeisterung sich mit einer seltnen, ja fast unerhörten Einigkeit in derselben Richtung ergoß. — Dieser Strom ist nun vorübergerauscht, aber bleibende und tief bedeutsame Zeugen seines Daseins hat er uns in Fülle hinterlassen, zunächst in den zahlreichen wohlthätigen Stiftungen, die durch die freudig gehobene Stimmung jener festlichen Tage ins Leben gerufen wur¬ den, deren Segen mehr in der Stille und in die Ferne wirksam ist. dann aber auch in den beiden Ausstellungen, die im königlichen Akademiegebäude der Schaulust des Publicums geöffnet sind. Es sei erlaubt, den Eindruck wieder¬ zugeben, den eine Wanderung durch diese Räume dem unbefangenen Beschauer hervorbringt. Der sogenannte Uhrsaal und die drei daranstoßenden Säle, in denen sonst ein Theil der alle zwei Jahre stattfindenden Gemäldeausstellung Platz nimmt, enthalten eine Aufstellung derjenigen Jndustrieembleme. welche am 8. Februar 1858, dem feierlichen Einzugstage Ihrer königl. Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm von Preußen, öffentlich in Berlin getragen wurden. Ein kleinerer Raum in demselben Gebäude, zu dem man von der Univerfitätsstraße aus gelangt, und der erst vor wenigen Tagen er¬ öffnet wurde, ist angefüllt mit den Hochzeitsgeschenken, die Ihren königl. Hoheiten dargebracht wurde». Beide Ausstellungen finden gegen Eintritts¬ geld zu wohlthätigen Zwecken statt und ist die erstere bis jetzt von circa 40,000 Personen besucht worden, was einen Reinertrag von etwa 700» Thlr. lieferte. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/194>, abgerufen am 30.12.2024.