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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band.

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Beispiel der russischen Negierung entgegengehalten, die doch erst vor Kurzem
den ganzen Stamm der Burciten zum Christenthum bekehrt hat. Oder läßt
sich im Ernste einen Augenblick daran zweifeln, daß selbst der verknöcherte
Anglicanismus noch Keime geistiger Entwicklung gegenüber dem ganz in Aeußer-
lichkeit versunkenen Hindubraminenthum besitzt?

Also hier haben die Fehler der ostindischen Compagnie nicht gelegen, und
waren eS Fehler, so konnte sie gar nicht umhin, sie zu begehen. Die wirk¬
lichen Fehler lagen vielmehr nach ganz andern Richtungen, in dem gesammten
Geist der indischen Verwaltung, wie er historisch aus Vorgängen entstanden
war, die zur Gegenwart nicht mehr paßten.




Die sranziisischell Philosophen des 19. Jahrhunderts.
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Cousin.

Der erste Schüler der von Napoleon gegründeten Normalschule, die dazu
bestimmt war, als Herd der Ideologie das Werk ihres Gründers zu unter¬
wühlen, war Cousin, geb. zu Paris -I79Ä, der Sohn armer Handwerker,
eines "aufgeklärten" Vaters und einer frommen Mutter. Er trat 1800 in die
Anstalt ein, und der ebenso klare als anmuthige Vortrag des Sensualiste"
La Romig uiere^) bestimmte ihn zum Studium der Philosophie, das im fol¬
genden Jahr durch Royer-Collards Vorträge eine neue, bestimmte Rich¬
tung erhielt. Er zeichnete sich so aus, daß man ihm schon 18-12 eine Lehrer¬
stelle übertrug; gern hätte er in der Philosophie unterrichtet, aber Guvroult,
der Director der Anstalt, gab ihm das Fach der Literatur und machte ihn zum
Substituten Nillemains. Nachdem er in richtiger Erkenntniß seines Talents
18-1 i eine ihm angebotene Stelle in der Verwaltung ausgeschlagen, wurde er
-I8I5 Professor der Philosophie am Lyc^e Bonaparte und Royer-CollardS
Stellvertreter in der philosophischen Facultüt. Seit dieser Zeit beginnt seine
außerordentliche Einwirkung auf die französische Bildung.

Wie sein Lehrer, ging Cousin ursprünglich von der schottischen Philo¬
sophie aus; gleich ihm war er von der Nothwendigkeit überzeugt, die bis¬
herige analytische Methode, welche den sittlichen und religiösen Ideen keinen
Spielraum gab, durch eine synthetische zu ersetzen, die auf die Natur und den



*) Die übrigen Lehrer waren: Villemain für die französische, Mablini für die griechische,
Bournvuf für die lateinische Literatur.

Beispiel der russischen Negierung entgegengehalten, die doch erst vor Kurzem
den ganzen Stamm der Burciten zum Christenthum bekehrt hat. Oder läßt
sich im Ernste einen Augenblick daran zweifeln, daß selbst der verknöcherte
Anglicanismus noch Keime geistiger Entwicklung gegenüber dem ganz in Aeußer-
lichkeit versunkenen Hindubraminenthum besitzt?

Also hier haben die Fehler der ostindischen Compagnie nicht gelegen, und
waren eS Fehler, so konnte sie gar nicht umhin, sie zu begehen. Die wirk¬
lichen Fehler lagen vielmehr nach ganz andern Richtungen, in dem gesammten
Geist der indischen Verwaltung, wie er historisch aus Vorgängen entstanden
war, die zur Gegenwart nicht mehr paßten.




Die sranziisischell Philosophen des 19. Jahrhunderts.
I^!« sibilosnsilios srun-^al» du 19. «lockt. l'iir II. 1'i> i»e. l'uris, lliivlivlte H ^in»j>.
Cousin.

Der erste Schüler der von Napoleon gegründeten Normalschule, die dazu
bestimmt war, als Herd der Ideologie das Werk ihres Gründers zu unter¬
wühlen, war Cousin, geb. zu Paris -I79Ä, der Sohn armer Handwerker,
eines „aufgeklärten" Vaters und einer frommen Mutter. Er trat 1800 in die
Anstalt ein, und der ebenso klare als anmuthige Vortrag des Sensualiste»
La Romig uiere^) bestimmte ihn zum Studium der Philosophie, das im fol¬
genden Jahr durch Royer-Collards Vorträge eine neue, bestimmte Rich¬
tung erhielt. Er zeichnete sich so aus, daß man ihm schon 18-12 eine Lehrer¬
stelle übertrug; gern hätte er in der Philosophie unterrichtet, aber Guvroult,
der Director der Anstalt, gab ihm das Fach der Literatur und machte ihn zum
Substituten Nillemains. Nachdem er in richtiger Erkenntniß seines Talents
18-1 i eine ihm angebotene Stelle in der Verwaltung ausgeschlagen, wurde er
-I8I5 Professor der Philosophie am Lyc^e Bonaparte und Royer-CollardS
Stellvertreter in der philosophischen Facultüt. Seit dieser Zeit beginnt seine
außerordentliche Einwirkung auf die französische Bildung.

Wie sein Lehrer, ging Cousin ursprünglich von der schottischen Philo¬
sophie aus; gleich ihm war er von der Nothwendigkeit überzeugt, die bis¬
herige analytische Methode, welche den sittlichen und religiösen Ideen keinen
Spielraum gab, durch eine synthetische zu ersetzen, die auf die Natur und den



*) Die übrigen Lehrer waren: Villemain für die französische, Mablini für die griechische,
Bournvuf für die lateinische Literatur.
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[0344] Beispiel der russischen Negierung entgegengehalten, die doch erst vor Kurzem den ganzen Stamm der Burciten zum Christenthum bekehrt hat. Oder läßt sich im Ernste einen Augenblick daran zweifeln, daß selbst der verknöcherte Anglicanismus noch Keime geistiger Entwicklung gegenüber dem ganz in Aeußer- lichkeit versunkenen Hindubraminenthum besitzt? Also hier haben die Fehler der ostindischen Compagnie nicht gelegen, und waren eS Fehler, so konnte sie gar nicht umhin, sie zu begehen. Die wirk¬ lichen Fehler lagen vielmehr nach ganz andern Richtungen, in dem gesammten Geist der indischen Verwaltung, wie er historisch aus Vorgängen entstanden war, die zur Gegenwart nicht mehr paßten. Die sranziisischell Philosophen des 19. Jahrhunderts. I^!« sibilosnsilios srun-^al» du 19. «lockt. l'iir II. 1'i> i»e. l'uris, lliivlivlte H ^in»j>. Cousin. Der erste Schüler der von Napoleon gegründeten Normalschule, die dazu bestimmt war, als Herd der Ideologie das Werk ihres Gründers zu unter¬ wühlen, war Cousin, geb. zu Paris -I79Ä, der Sohn armer Handwerker, eines „aufgeklärten" Vaters und einer frommen Mutter. Er trat 1800 in die Anstalt ein, und der ebenso klare als anmuthige Vortrag des Sensualiste» La Romig uiere^) bestimmte ihn zum Studium der Philosophie, das im fol¬ genden Jahr durch Royer-Collards Vorträge eine neue, bestimmte Rich¬ tung erhielt. Er zeichnete sich so aus, daß man ihm schon 18-12 eine Lehrer¬ stelle übertrug; gern hätte er in der Philosophie unterrichtet, aber Guvroult, der Director der Anstalt, gab ihm das Fach der Literatur und machte ihn zum Substituten Nillemains. Nachdem er in richtiger Erkenntniß seines Talents 18-1 i eine ihm angebotene Stelle in der Verwaltung ausgeschlagen, wurde er -I8I5 Professor der Philosophie am Lyc^e Bonaparte und Royer-CollardS Stellvertreter in der philosophischen Facultüt. Seit dieser Zeit beginnt seine außerordentliche Einwirkung auf die französische Bildung. Wie sein Lehrer, ging Cousin ursprünglich von der schottischen Philo¬ sophie aus; gleich ihm war er von der Nothwendigkeit überzeugt, die bis¬ herige analytische Methode, welche den sittlichen und religiösen Ideen keinen Spielraum gab, durch eine synthetische zu ersetzen, die auf die Natur und den *) Die übrigen Lehrer waren: Villemain für die französische, Mablini für die griechische, Bournvuf für die lateinische Literatur.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104200/344>, abgerufen am 11.12.2024.