Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.singen der Krankheiten ist wirksamer als .die Hilfe deö Arztes, der am Ende Aber nicht der Aberglaube allein legt seinem Geiste Fesseln an, auch die Korrespondenzen. Paris, Die Wahlen und die Parteien. Der Wahl¬ Es gibt in jedem Dorf wenigstens ein altes Weib, das durch ärztliche Kenntnisse
berühmt ist. Das Hauptmittel, bleibt das Wegsiugen, nebenbei aber bedienen sie sich der eigenthümlichsten Arzneien. Hollunderrinde von oben nach unten geschabt, wirkt als Abführung, von unten nach oben als Brechmittel. Gegen das so häufig vorkommende Wechselfieber reibt man einen Frosch mit etwas Erde von einem Grabe tüchtig zusammen, trägt die Masse in einen Lappen gehüllt Nenn Tage laug am Halse, und wirft sie dann in ein fließendes Wasser. Solcher Heilmittel gibt es sehr viele. singen der Krankheiten ist wirksamer als .die Hilfe deö Arztes, der am Ende Aber nicht der Aberglaube allein legt seinem Geiste Fesseln an, auch die Korrespondenzen. Paris, Die Wahlen und die Parteien. Der Wahl¬ Es gibt in jedem Dorf wenigstens ein altes Weib, das durch ärztliche Kenntnisse
berühmt ist. Das Hauptmittel, bleibt das Wegsiugen, nebenbei aber bedienen sie sich der eigenthümlichsten Arzneien. Hollunderrinde von oben nach unten geschabt, wirkt als Abführung, von unten nach oben als Brechmittel. Gegen das so häufig vorkommende Wechselfieber reibt man einen Frosch mit etwas Erde von einem Grabe tüchtig zusammen, trägt die Masse in einen Lappen gehüllt Nenn Tage laug am Halse, und wirft sie dann in ein fließendes Wasser. Solcher Heilmittel gibt es sehr viele. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0485" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104152"/> <p xml:id="ID_1368" prev="#ID_1367"> singen der Krankheiten ist wirksamer als .die Hilfe deö Arztes, der am Ende<lb/> gegen den Tod auch kein Kraut anzugeben weiß;*) u. s. w. Leider ist aber<lb/> auch seine Religion, an der er mit Fanatismus hängt, nicht frei von ähnlicher<lb/> Beimischung, Wenn er an dem Tage dieses oder jenes Heiligen arbeitet, so<lb/> trifft der Hagel sein Feld; ein anderer Heiliger rächt sich indem er den<lb/> ihn Nichtachtenden Hand oder Fuß mit der Art beschädigt; noch andere<lb/> richten ihr Augenmerk auf Vieh und Geflügel, oder lassen das.Feuer heraus¬<lb/> schlagen aus dem Strohdach, wenn man ihren Feiertag nicht heiligt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1369"> Aber nicht der Aberglaube allein legt seinem Geiste Fesseln an, auch die<lb/> Traditionen der Knechtschaft lasten noch augenscheinlich auf dem moldauischen<lb/> Bauer, und wie schwer ein ganzer Volksstamm solche Traditionen von sich<lb/> abschüttelt, bedarf wol hier keiner Erörterung. Die Leibeigenschaft ist schon<lb/> seit mehr als hundert Jahren aufgehoben; was aber im Laufe dieses Jahr¬<lb/> hunderts an die Stelle kam, war nicht viel besser. Der Bauer sieht<lb/> daher gedrückt aus, zieht den Hut schon von sern vor jeder herrschaftlichen<lb/> Equipage. Erst seit der Regulirung seiner Verhältnisse durch das unter der<lb/> provisorischen russischen Regierung im Jahre 1834 aufgesetzte organische Reg¬<lb/> lement hat er angefangen den Gutsbesitzer zu fragen: Herr, wofür soll ich<lb/> Dir diese oder jene Arbeit leisten, und was gibst Du mir dafür?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Korrespondenzen.</head><lb/> <div n="2"> <head> Paris,</head> <p xml:id="ID_1370" next="#ID_1371"> Die Wahlen und die Parteien. Der Wahl¬<lb/> kampf hat begonnen, wenn bei dieser allgemeinen Apathie von einem Kampfe die<lb/> Rede sein kann. Die Oppositionsparteien schienen anfänglich geneigt, sich an den<lb/> Wahlen zu betheiligen und das allgemeine Stimmrecht, welches officiell als Fels<lb/> ausgerufen ist, auf welchem das neue Kaiserreich beruht, beim Worte zu nehmen.<lb/> Die Regierung hat sich nämlich so angestellt, als wäre ihr eine Messung der gegen¬<lb/> seitigen Kräfte erwünscht. Es zeigte sich aber bald, daß ° dies bloße Redensart<lb/> war. Im Grunde ist man jetzt ebensowenig als früher geneigt, gefährliche Ver-<lb/> suche zu machen und begnügt sich vollkommen mit dem, was man hat. Nach dem<lb/> Rundschreiben des Herrn Billault an die Präfecten und nach der officiösen Deu-</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> Es gibt in jedem Dorf wenigstens ein altes Weib, das durch ärztliche Kenntnisse<lb/> berühmt ist. Das Hauptmittel, bleibt das Wegsiugen, nebenbei aber bedienen sie sich der<lb/> eigenthümlichsten Arzneien. Hollunderrinde von oben nach unten geschabt, wirkt als Abführung,<lb/> von unten nach oben als Brechmittel. Gegen das so häufig vorkommende Wechselfieber reibt<lb/> man einen Frosch mit etwas Erde von einem Grabe tüchtig zusammen, trägt die Masse in<lb/> einen Lappen gehüllt Nenn Tage laug am Halse, und wirft sie dann in ein fließendes Wasser.<lb/> Solcher Heilmittel gibt es sehr viele.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0485]
singen der Krankheiten ist wirksamer als .die Hilfe deö Arztes, der am Ende
gegen den Tod auch kein Kraut anzugeben weiß;*) u. s. w. Leider ist aber
auch seine Religion, an der er mit Fanatismus hängt, nicht frei von ähnlicher
Beimischung, Wenn er an dem Tage dieses oder jenes Heiligen arbeitet, so
trifft der Hagel sein Feld; ein anderer Heiliger rächt sich indem er den
ihn Nichtachtenden Hand oder Fuß mit der Art beschädigt; noch andere
richten ihr Augenmerk auf Vieh und Geflügel, oder lassen das.Feuer heraus¬
schlagen aus dem Strohdach, wenn man ihren Feiertag nicht heiligt.
Aber nicht der Aberglaube allein legt seinem Geiste Fesseln an, auch die
Traditionen der Knechtschaft lasten noch augenscheinlich auf dem moldauischen
Bauer, und wie schwer ein ganzer Volksstamm solche Traditionen von sich
abschüttelt, bedarf wol hier keiner Erörterung. Die Leibeigenschaft ist schon
seit mehr als hundert Jahren aufgehoben; was aber im Laufe dieses Jahr¬
hunderts an die Stelle kam, war nicht viel besser. Der Bauer sieht
daher gedrückt aus, zieht den Hut schon von sern vor jeder herrschaftlichen
Equipage. Erst seit der Regulirung seiner Verhältnisse durch das unter der
provisorischen russischen Regierung im Jahre 1834 aufgesetzte organische Reg¬
lement hat er angefangen den Gutsbesitzer zu fragen: Herr, wofür soll ich
Dir diese oder jene Arbeit leisten, und was gibst Du mir dafür?
Korrespondenzen.
Paris, Die Wahlen und die Parteien. Der Wahl¬
kampf hat begonnen, wenn bei dieser allgemeinen Apathie von einem Kampfe die
Rede sein kann. Die Oppositionsparteien schienen anfänglich geneigt, sich an den
Wahlen zu betheiligen und das allgemeine Stimmrecht, welches officiell als Fels
ausgerufen ist, auf welchem das neue Kaiserreich beruht, beim Worte zu nehmen.
Die Regierung hat sich nämlich so angestellt, als wäre ihr eine Messung der gegen¬
seitigen Kräfte erwünscht. Es zeigte sich aber bald, daß ° dies bloße Redensart
war. Im Grunde ist man jetzt ebensowenig als früher geneigt, gefährliche Ver-
suche zu machen und begnügt sich vollkommen mit dem, was man hat. Nach dem
Rundschreiben des Herrn Billault an die Präfecten und nach der officiösen Deu-
Es gibt in jedem Dorf wenigstens ein altes Weib, das durch ärztliche Kenntnisse
berühmt ist. Das Hauptmittel, bleibt das Wegsiugen, nebenbei aber bedienen sie sich der
eigenthümlichsten Arzneien. Hollunderrinde von oben nach unten geschabt, wirkt als Abführung,
von unten nach oben als Brechmittel. Gegen das so häufig vorkommende Wechselfieber reibt
man einen Frosch mit etwas Erde von einem Grabe tüchtig zusammen, trägt die Masse in
einen Lappen gehüllt Nenn Tage laug am Halse, und wirft sie dann in ein fließendes Wasser.
Solcher Heilmittel gibt es sehr viele.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |