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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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die Bewachung der Brandstätten von den Saptivs oder türkischen Polizeisoldaren
mit übernommen worden ist. Man sah allenthalben Posten von Kawassen (Polizei¬
dienern) an den Straßenecken aufgestellt, ohne daß dadurch den Passircnden ein
Zwang auferlegt worden wäre. Wünschenswert!) wäre es, daß diese Wachtmann"
schaften während des Brandes selbst namentlich zur Bewachung des geretteten Eigen¬
thums eine größere Thätigkeit entfalteten und überhaupt mehr Theilnahme an den
Tag legten. Sowie ein Feuerausbruch durch die Signalschüsse vom Brandkiosk
(Gangin Köschk) her gemeldet worden ist, setzen sich mit den Spritzenleuten zugleich
eine Menge von Vagabonden nach dem fraglichen Punkte in Bewegung, deren
Gewerbe es ist, sich als Lastträger zu verdingen und von den geretteten Stücken
die werthvolleren für eigne Rechnung auf die Seite zu schaffen. Einem meiner Be¬
kannten war in dieser Hinsicht ein äußerst verdrießlicher Vorfall passirt. Aus Furcht,
bei einem großen Brande einen großen Theil seiner Wäsche verlieren zu können,
hatte er seinen gesammten Vorrath in seiner Landwohnung zu Kadikoj in Koffern
belassen, die gut verschlossen waren, ebenso seine Garderobe. Als der Brand näher
rückte, räumte er bei Zeiten das Hans und engagirte mehre Leute, wie er glaubte,
aus der Innung der Lastträger, um seine Koffer nach einem näher gelegenen grö¬
ßeren Garten zu schaffen, wo er sie für gut aufgehoben erachtete -- er hat sie nicht
wieder gesehen und es ist wenig Aussicht vorhanden, daß er in ihren Besitz zurück¬
gelangen wird.

In Hinsicht auf den Gang, welchen der Brand genommen hatte/ fiel mir auf,
daß er sich nur dahin verbreitete, wo ein directer Zusammenhang von Haupt- und
Nebengebäuden stattfand; allenthalben hingegen, wo Gärten ihm entgegentraten,
oder auch nur Bäume mit breiten Kronen, war es den Löschmannschaften gelungen,
ihm eine Grenze zu setzen. Sie bedienten sich zu dem Zwecke, dem Feuer Einhalt
zu thun, nicht allein der Spritzen und Haken, mit welchen letzteren sie die brennen¬
den Gebälke niederreißen, sondern namentlich zum Absperren auch der großen, schweren
Teppiche, mit denen man hier allenthalben die Fußböden der Zimmer bedeckt. Die
Teppiche werden zu dem Ende ins Wasser getaucht und an den gefährdeten Haus¬
fronten, oft auch über die Dächer hin ausgehängt und, um sie naß zu erhalten,
unaufhörlich bespritzt. Wenn daher die französischen Pompiers bei dem neulichen
Brande am Taxim in Per" sich rühmten, den eingebornen Feuermanuschaften unend¬
lich überlegen zu sein, so trifft dies wol in Hinsicht aus die Mächtigkeit ihrer
Spritzen und aus allgemeine Routine zu, aber die Anwendung der Teppiche, welche
eines der erfolgreichsten Gegenmittel ist, werden sie von diesen erst zu erlernen
haben.


Pariser Brief.

Die Armee der Alliirten hat endlich das Märchen ratificirt,
das, aus der orientalischen Phantasie eines improvisirten Journalisten hervor¬
gehend , vor Jahr und Tag die Welt in Erstaunen und Entzücken setzte. Die
miss on Sven" kostete große Opfer und viel edles Blut mußte fließen, ehe die
Russen und die Russenfreunde in Europa zum Geständnisse der westlichen Ueber-
macht gezwungen wurden.

Man kann da ohne Uebertreibung von Uebermacht sprechen, denn die Alliirten
haben sich das schlechteste Terrain für ihre Operationen ausgesucht, in der Hoffnung,


die Bewachung der Brandstätten von den Saptivs oder türkischen Polizeisoldaren
mit übernommen worden ist. Man sah allenthalben Posten von Kawassen (Polizei¬
dienern) an den Straßenecken aufgestellt, ohne daß dadurch den Passircnden ein
Zwang auferlegt worden wäre. Wünschenswert!) wäre es, daß diese Wachtmann»
schaften während des Brandes selbst namentlich zur Bewachung des geretteten Eigen¬
thums eine größere Thätigkeit entfalteten und überhaupt mehr Theilnahme an den
Tag legten. Sowie ein Feuerausbruch durch die Signalschüsse vom Brandkiosk
(Gangin Köschk) her gemeldet worden ist, setzen sich mit den Spritzenleuten zugleich
eine Menge von Vagabonden nach dem fraglichen Punkte in Bewegung, deren
Gewerbe es ist, sich als Lastträger zu verdingen und von den geretteten Stücken
die werthvolleren für eigne Rechnung auf die Seite zu schaffen. Einem meiner Be¬
kannten war in dieser Hinsicht ein äußerst verdrießlicher Vorfall passirt. Aus Furcht,
bei einem großen Brande einen großen Theil seiner Wäsche verlieren zu können,
hatte er seinen gesammten Vorrath in seiner Landwohnung zu Kadikoj in Koffern
belassen, die gut verschlossen waren, ebenso seine Garderobe. Als der Brand näher
rückte, räumte er bei Zeiten das Hans und engagirte mehre Leute, wie er glaubte,
aus der Innung der Lastträger, um seine Koffer nach einem näher gelegenen grö¬
ßeren Garten zu schaffen, wo er sie für gut aufgehoben erachtete — er hat sie nicht
wieder gesehen und es ist wenig Aussicht vorhanden, daß er in ihren Besitz zurück¬
gelangen wird.

In Hinsicht auf den Gang, welchen der Brand genommen hatte/ fiel mir auf,
daß er sich nur dahin verbreitete, wo ein directer Zusammenhang von Haupt- und
Nebengebäuden stattfand; allenthalben hingegen, wo Gärten ihm entgegentraten,
oder auch nur Bäume mit breiten Kronen, war es den Löschmannschaften gelungen,
ihm eine Grenze zu setzen. Sie bedienten sich zu dem Zwecke, dem Feuer Einhalt
zu thun, nicht allein der Spritzen und Haken, mit welchen letzteren sie die brennen¬
den Gebälke niederreißen, sondern namentlich zum Absperren auch der großen, schweren
Teppiche, mit denen man hier allenthalben die Fußböden der Zimmer bedeckt. Die
Teppiche werden zu dem Ende ins Wasser getaucht und an den gefährdeten Haus¬
fronten, oft auch über die Dächer hin ausgehängt und, um sie naß zu erhalten,
unaufhörlich bespritzt. Wenn daher die französischen Pompiers bei dem neulichen
Brande am Taxim in Per« sich rühmten, den eingebornen Feuermanuschaften unend¬
lich überlegen zu sein, so trifft dies wol in Hinsicht aus die Mächtigkeit ihrer
Spritzen und aus allgemeine Routine zu, aber die Anwendung der Teppiche, welche
eines der erfolgreichsten Gegenmittel ist, werden sie von diesen erst zu erlernen
haben.


Pariser Brief.

Die Armee der Alliirten hat endlich das Märchen ratificirt,
das, aus der orientalischen Phantasie eines improvisirten Journalisten hervor¬
gehend , vor Jahr und Tag die Welt in Erstaunen und Entzücken setzte. Die
miss on Sven« kostete große Opfer und viel edles Blut mußte fließen, ehe die
Russen und die Russenfreunde in Europa zum Geständnisse der westlichen Ueber-
macht gezwungen wurden.

Man kann da ohne Uebertreibung von Uebermacht sprechen, denn die Alliirten
haben sich das schlechteste Terrain für ihre Operationen ausgesucht, in der Hoffnung,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/526>, abgerufen am 22.12.2024.