Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.nicht vernachlässigt, macht sein ein Genie Ehre, aber es ist peinlich. Das Peinliche Die vier Armeen in der Krim, i. Ihre Leser erinnern sich vielleicht eines Aufsatzes über die vier in der Die Behauptung ist heute an der Tagesordnung: daß sich neuerdings die nicht vernachlässigt, macht sein ein Genie Ehre, aber es ist peinlich. Das Peinliche Die vier Armeen in der Krim, i. Ihre Leser erinnern sich vielleicht eines Aufsatzes über die vier in der Die Behauptung ist heute an der Tagesordnung: daß sich neuerdings die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99450"/> <p xml:id="ID_183" prev="#ID_182"> nicht vernachlässigt, macht sein ein Genie Ehre, aber es ist peinlich. Das Peinliche<lb/> löst sich dann freilich am Ende auch in höhere Bewunderung des Dichters auf.<lb/> Man sieht den höchsten Blick, der über dem Teufel und den Menschen schwebt,<lb/> den frei spielenden Geist, der nirgends durch unzeitige Wahrheit beschränkt,<lb/> jede relative Wahrheit der Imagination ungescheut auffaßt und erschöpft."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Die vier Armeen in der Krim,</head><lb/> <div n="2"> <head> i.</head><lb/> <p xml:id="ID_184"> Ihre Leser erinnern sich vielleicht eines Aufsatzes über die vier in der<lb/> Krim operireuden Armeen — die französische, englische, türkische und die<lb/> russische — den ich Ihnen im Monat November des letztvergangenen JahreS<lb/> übersandte. Was ich zunächst hier niederschreiben will, soll ihm zur Er¬<lb/> gänzung, beziehungsweise zur Berichtigung dienen. Auf dem darin abge¬<lb/> gebenen Urtheil über die Leistungsfähigkeit der vier Heere beruht die Vorstel¬<lb/> lung, welche ich mir über den Ausgang des Kampfes auf der taurischen<lb/> Halbinsel bildete. Vielleicht, daß auch einige Ihrer Leser darin einen<lb/> erwünschten Anhalt für ihre eignen Reflexionen und Muthmaßungen finden<lb/> werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_185" next="#ID_186"> Die Behauptung ist heute an der Tagesordnung: daß sich neuerdings die<lb/> öffentliche Meinung, in Betreff der russischen Armee, abermals getäuscht und<lb/> daß sie ihr ein geringeres Maß von Kraft und Geschick zugeschrieben habe, als<lb/> sie wirklich besitzt. Dieser Ansicht liegt etwas Wahres zu Grunde, wenn man<lb/> unter öffentlicher Meinung nur das Urtheil einiger wankelmüthiger Wortführer<lb/> des Tages versteht; in weitrer Anwendung ist sie unbegründet. Die Verstän¬<lb/> digen haben nie in Abrede gestellt, daß eS dem Zaren nach einer Reihe von<lb/> Monaten möglich sein werde, über anderthalbhunderttausend Mann auf dem<lb/> taurischen Chersones zu vereinigen und was die Fehler der Verbündeten an¬<lb/> langt, so liegen sie selbstredend ganz über die Tragweite jeder Voraussicht hin¬<lb/> aus. Sie fallen außerdem ausschließlich der höhern Leitung, nicht den Truppen<lb/> zur Last und stellen letztere aus diesem Grunde nicht tiefer; weniger noch aber<lb/> die russische Armee hoher; denn ungeachtet die englischen und französischen<lb/> Heermassen in unverantwortlicher Weise geführt wurden, sind die Zarischen<lb/> Streitkräfte seither nicht im Stande gewesen, ihnen irgend etwas Erhebliches<lb/> anzuhaben; ja die seitherigen Schlachten und alle Gefechte, mit einziger Aus¬<lb/> nahme des Angriffs auf den Thurm von Malakow, schlugen zum Nachtheile</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0064]
nicht vernachlässigt, macht sein ein Genie Ehre, aber es ist peinlich. Das Peinliche
löst sich dann freilich am Ende auch in höhere Bewunderung des Dichters auf.
Man sieht den höchsten Blick, der über dem Teufel und den Menschen schwebt,
den frei spielenden Geist, der nirgends durch unzeitige Wahrheit beschränkt,
jede relative Wahrheit der Imagination ungescheut auffaßt und erschöpft."
Die vier Armeen in der Krim,
i.
Ihre Leser erinnern sich vielleicht eines Aufsatzes über die vier in der
Krim operireuden Armeen — die französische, englische, türkische und die
russische — den ich Ihnen im Monat November des letztvergangenen JahreS
übersandte. Was ich zunächst hier niederschreiben will, soll ihm zur Er¬
gänzung, beziehungsweise zur Berichtigung dienen. Auf dem darin abge¬
gebenen Urtheil über die Leistungsfähigkeit der vier Heere beruht die Vorstel¬
lung, welche ich mir über den Ausgang des Kampfes auf der taurischen
Halbinsel bildete. Vielleicht, daß auch einige Ihrer Leser darin einen
erwünschten Anhalt für ihre eignen Reflexionen und Muthmaßungen finden
werden.
Die Behauptung ist heute an der Tagesordnung: daß sich neuerdings die
öffentliche Meinung, in Betreff der russischen Armee, abermals getäuscht und
daß sie ihr ein geringeres Maß von Kraft und Geschick zugeschrieben habe, als
sie wirklich besitzt. Dieser Ansicht liegt etwas Wahres zu Grunde, wenn man
unter öffentlicher Meinung nur das Urtheil einiger wankelmüthiger Wortführer
des Tages versteht; in weitrer Anwendung ist sie unbegründet. Die Verstän¬
digen haben nie in Abrede gestellt, daß eS dem Zaren nach einer Reihe von
Monaten möglich sein werde, über anderthalbhunderttausend Mann auf dem
taurischen Chersones zu vereinigen und was die Fehler der Verbündeten an¬
langt, so liegen sie selbstredend ganz über die Tragweite jeder Voraussicht hin¬
aus. Sie fallen außerdem ausschließlich der höhern Leitung, nicht den Truppen
zur Last und stellen letztere aus diesem Grunde nicht tiefer; weniger noch aber
die russische Armee hoher; denn ungeachtet die englischen und französischen
Heermassen in unverantwortlicher Weise geführt wurden, sind die Zarischen
Streitkräfte seither nicht im Stande gewesen, ihnen irgend etwas Erhebliches
anzuhaben; ja die seitherigen Schlachten und alle Gefechte, mit einziger Aus¬
nahme des Angriffs auf den Thurm von Malakow, schlugen zum Nachtheile
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