Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.kenntniß zu schreiben pflegt. Die Geschichte ist sehr ansprechend und geschickt Die Bekenntnisse der Mademoiselle Mars ziehen wir gleichfalls Der neue Roman von Conscience ist in Komposition und Farbe ganz Die Friedensmlssichten. Die Gemüther waren zu Anfang dieses Jahres so entschieden auf den Zunächst ist es von Seiten des russischen Kaisers die weiseste Politik, in kenntniß zu schreiben pflegt. Die Geschichte ist sehr ansprechend und geschickt Die Bekenntnisse der Mademoiselle Mars ziehen wir gleichfalls Der neue Roman von Conscience ist in Komposition und Farbe ganz Die Friedensmlssichten. Die Gemüther waren zu Anfang dieses Jahres so entschieden auf den Zunächst ist es von Seiten des russischen Kaisers die weiseste Politik, in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99000"/> <p xml:id="ID_483" prev="#ID_482"> kenntniß zu schreiben pflegt. Die Geschichte ist sehr ansprechend und geschickt<lb/> erzählt und bewegt sich in den Gegenden des Lasters nicht mehr, als für den<lb/> Zweck des Dichters grade erforderlich ist. —</p><lb/> <p xml:id="ID_484"> Die Bekenntnisse der Mademoiselle Mars ziehen wir gleichfalls<lb/> unter, die Reihe der novellistischen Schriften, da der historische Inhalt dersel¬<lb/> ben nur gering ist. Es sind zarte Liebesgeschichten und Aehnliches, was nicht<lb/> grade der Folie einer berühmten Persönlichkeit bedarf, um das Interesse des<lb/> Lesepublicums zu erregen. Nach dem Titel erwartet man freilich etwas An¬<lb/> deres, und eine vertraute Freundin der berühmten Schauspielerin hätte auch<lb/> wol aus ihren Erzählungen einen reichern Stoff für die Culturgeschichte ge¬<lb/> winnen können. —</p><lb/> <p xml:id="ID_485"> Der neue Roman von Conscience ist in Komposition und Farbe ganz<lb/> so gehalten, wie die frühern Werke dieses Schriftstellers, die wir in diesen<lb/> Blättern dargestellt haben. Für die Darstellung so harter und gewaltthätiger<lb/> Charaktere, wie sie in der Geschichte des 3. r!ut 6. Jahrhunderts austreten,<lb/> scheint uns der Verfasser zu viel Gutmüthigkeit zu besitzen. Das ganze Werk<lb/> ist auf drei Bände berechnet. Nach Vollendung desselben kommen wir noch<lb/> einmal darauf zurück. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Friedensmlssichten.</head><lb/> <p xml:id="ID_486"> Die Gemüther waren zu Anfang dieses Jahres so entschieden auf den<lb/> Krieg gerichtet, daß die telegraphischen Depeschen aus Wien vom 6. Januar<lb/> im Anfang nirgends Glauben fanden. Es läßt sich jetzt nicht mehr daran<lb/> zweifeln, daß das Friedenswerk wenigstens ernstlich in Angriff genommen wird,<lb/> obgleich freilich damit noch lange nicht gesagt ist, daß es auch Zustandekommen<lb/> wird. Bei genauerer Ueberlegung kann man sich diese Wendung der Dinge<lb/> auch wol erklären.</p><lb/> <p xml:id="ID_487" next="#ID_488"> Zunächst ist es von Seiten des russischen Kaisers die weiseste Politik, in<lb/> diesem Augenblick auf alle Forderungen einzugehen, welche die Alliirten stellen<lb/> 'mögen, wenn sie nicht eine unmittelbare reale Machtverkleinerung betreffen;<lb/> und davon scheint ja für den Augenblick keine Rede zu sein. Denn gegenwärtig<lb/> ist das Bündniß gegen Rußland noch immer im Wachsen: Schweden und<lb/> Sardinien sind nach glaubhaften Nachrichten bereits beigetreten, und Preußen<lb/> und Dänemark hätten sich zuletzt gleichfalls anschließen müssen. Wäre der<lb/> Krieg in diesem Jahre wirklich ausgebrochen, so wäre das Bündniß immer<lb/> fester gekittet worden, und Nußland hätte gar keine Chance des Gewinns, da¬<lb/> gegen sehr viel Chancen eines bedeutenden Verlustes gehabt. Was aber die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
kenntniß zu schreiben pflegt. Die Geschichte ist sehr ansprechend und geschickt
erzählt und bewegt sich in den Gegenden des Lasters nicht mehr, als für den
Zweck des Dichters grade erforderlich ist. —
Die Bekenntnisse der Mademoiselle Mars ziehen wir gleichfalls
unter, die Reihe der novellistischen Schriften, da der historische Inhalt dersel¬
ben nur gering ist. Es sind zarte Liebesgeschichten und Aehnliches, was nicht
grade der Folie einer berühmten Persönlichkeit bedarf, um das Interesse des
Lesepublicums zu erregen. Nach dem Titel erwartet man freilich etwas An¬
deres, und eine vertraute Freundin der berühmten Schauspielerin hätte auch
wol aus ihren Erzählungen einen reichern Stoff für die Culturgeschichte ge¬
winnen können. —
Der neue Roman von Conscience ist in Komposition und Farbe ganz
so gehalten, wie die frühern Werke dieses Schriftstellers, die wir in diesen
Blättern dargestellt haben. Für die Darstellung so harter und gewaltthätiger
Charaktere, wie sie in der Geschichte des 3. r!ut 6. Jahrhunderts austreten,
scheint uns der Verfasser zu viel Gutmüthigkeit zu besitzen. Das ganze Werk
ist auf drei Bände berechnet. Nach Vollendung desselben kommen wir noch
einmal darauf zurück. —
Die Friedensmlssichten.
Die Gemüther waren zu Anfang dieses Jahres so entschieden auf den
Krieg gerichtet, daß die telegraphischen Depeschen aus Wien vom 6. Januar
im Anfang nirgends Glauben fanden. Es läßt sich jetzt nicht mehr daran
zweifeln, daß das Friedenswerk wenigstens ernstlich in Angriff genommen wird,
obgleich freilich damit noch lange nicht gesagt ist, daß es auch Zustandekommen
wird. Bei genauerer Ueberlegung kann man sich diese Wendung der Dinge
auch wol erklären.
Zunächst ist es von Seiten des russischen Kaisers die weiseste Politik, in
diesem Augenblick auf alle Forderungen einzugehen, welche die Alliirten stellen
'mögen, wenn sie nicht eine unmittelbare reale Machtverkleinerung betreffen;
und davon scheint ja für den Augenblick keine Rede zu sein. Denn gegenwärtig
ist das Bündniß gegen Rußland noch immer im Wachsen: Schweden und
Sardinien sind nach glaubhaften Nachrichten bereits beigetreten, und Preußen
und Dänemark hätten sich zuletzt gleichfalls anschließen müssen. Wäre der
Krieg in diesem Jahre wirklich ausgebrochen, so wäre das Bündniß immer
fester gekittet worden, und Nußland hätte gar keine Chance des Gewinns, da¬
gegen sehr viel Chancen eines bedeutenden Verlustes gehabt. Was aber die
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