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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Problem hervorgehen, im einzelnen betrachten, so werden wir zuweilen von einem
großen Zauber der Poesie umfangen, aber als Ganzes befriedigen sie uns nicht,
denn sie haben keinen psychologischen Zusammenhang. Wir können den merkwür¬
digen Gemiithszustand Lanras, für den gar kein ausreichender Grund vorhanden
ist, nur als ein körperliches Leiden betrachten, und ein solches entzieht sich der
künstlerischen Darstellung; es, gehört in die Medicin. Die künstlerische Darstellung
hat nur da einen Sinn, wo der Causalnexus ein geistiger ist. -- Unter den epi¬
sodisch hinzugefügten Schilderungen aus dem Künstlerlcbe" ist manches artig ge¬
nug, aber doch nicht im entferntesten mit den betreffenden Stellen der "Cvnsuelo".
zu vergleichen. -- Es ist sehr schade, daß Georges Sand, vielleicht aus ganz äu¬
ßerlichen Gründen, ihre Kräfte niemals vollständig zu einem größeren Werke con-
centrirt hat, daß sie über die Improvisation fast nie hinausgeht. An Eingebungen
ist sie unter den neneni Dichtern Frankreichs ohne Gleichen, aber diese allein rei¬
chen nicht aus. Sie hat e^inen großen Theil ihrer Zeit gefesselt, für die Nachwelt
aber wird sie, und wir sagen es mit großem Bedauern, vielleicht ganz verloren
gehen. Denn auch in ihren besten Werken bleibt doch immer ein irrationeller
Rest, der künstlerisch nicht überwunden ist, und der Gedankenreichthum, den sie
entwickelt, um diesen Mangel zu verbergen, ist zwar häufig glänzend, aber er
entbehrt des Ernstes und der Tiefe, der ihm allein einen bleibenden Werth ver¬
leihen kann. --

Wir führen zum Schluß noch zwei belletristische Zeitschriften an, in denen
außer anderen Beiträgen auch eine Reihe mehr oder minder gelungener Novellen
enthalten sind, nämlich:


Argo, belletristisches Jahrbuch für 18Si, herausgegeben von Theodor Fontane
und Franz Kugler. Dessau, Katz. --
und . . > , -
,
Der Phönix, eine Zeitschrift für Kunst, Literatur, Wissenschaft und Industrie. Ber¬
lin, Stubcnrauch. ---

Beide gehen aus der Mitte der Berliner Literatur hervor, In dem ersten
finden wir unter andern novellistische Beiträge von Paul Heyse, Theodor Fon¬
tane, Franz Kugler, Wilhelm von Merckel, außerdem eine ganze Reihe lyrischer
Gedichte. Eigentlich Bedeutendes haben wir darin nicht gefunden, indessen sind
manche von diesen Geschichten artig und interessant erzählt. --. Der "Phönix",
dessen Redacteur bekanntlich der Kritiker Klein ist, dessen piquante und zuweilen
Mystische Recensionen ein wesentliches Moment, der Berliner literarischen Athmo-
sphäre bilden, enthält unter andern den Anfang eines neuen Romans von Aline
von Schlichttrnll: Morton Varney, der wieder nicht ohne Talent geschrieben
zu sein scheint, bei dem wir aber grade wie bei demjenigen, der früher in unsern
Blättern besprochen ist, uns die ernsten,'durchaus nicht unreifen, aber ans Trockne
greifenden Reflexionen mit dem Wesen einer jungen Dame nicht zusammenreimen
können. --




Problem hervorgehen, im einzelnen betrachten, so werden wir zuweilen von einem
großen Zauber der Poesie umfangen, aber als Ganzes befriedigen sie uns nicht,
denn sie haben keinen psychologischen Zusammenhang. Wir können den merkwür¬
digen Gemiithszustand Lanras, für den gar kein ausreichender Grund vorhanden
ist, nur als ein körperliches Leiden betrachten, und ein solches entzieht sich der
künstlerischen Darstellung; es, gehört in die Medicin. Die künstlerische Darstellung
hat nur da einen Sinn, wo der Causalnexus ein geistiger ist. — Unter den epi¬
sodisch hinzugefügten Schilderungen aus dem Künstlerlcbe» ist manches artig ge¬
nug, aber doch nicht im entferntesten mit den betreffenden Stellen der „Cvnsuelo".
zu vergleichen. — Es ist sehr schade, daß Georges Sand, vielleicht aus ganz äu¬
ßerlichen Gründen, ihre Kräfte niemals vollständig zu einem größeren Werke con-
centrirt hat, daß sie über die Improvisation fast nie hinausgeht. An Eingebungen
ist sie unter den neneni Dichtern Frankreichs ohne Gleichen, aber diese allein rei¬
chen nicht aus. Sie hat e^inen großen Theil ihrer Zeit gefesselt, für die Nachwelt
aber wird sie, und wir sagen es mit großem Bedauern, vielleicht ganz verloren
gehen. Denn auch in ihren besten Werken bleibt doch immer ein irrationeller
Rest, der künstlerisch nicht überwunden ist, und der Gedankenreichthum, den sie
entwickelt, um diesen Mangel zu verbergen, ist zwar häufig glänzend, aber er
entbehrt des Ernstes und der Tiefe, der ihm allein einen bleibenden Werth ver¬
leihen kann. —

Wir führen zum Schluß noch zwei belletristische Zeitschriften an, in denen
außer anderen Beiträgen auch eine Reihe mehr oder minder gelungener Novellen
enthalten sind, nämlich:


Argo, belletristisches Jahrbuch für 18Si, herausgegeben von Theodor Fontane
und Franz Kugler. Dessau, Katz. —
und . . > , -
,
Der Phönix, eine Zeitschrift für Kunst, Literatur, Wissenschaft und Industrie. Ber¬
lin, Stubcnrauch. -—

Beide gehen aus der Mitte der Berliner Literatur hervor, In dem ersten
finden wir unter andern novellistische Beiträge von Paul Heyse, Theodor Fon¬
tane, Franz Kugler, Wilhelm von Merckel, außerdem eine ganze Reihe lyrischer
Gedichte. Eigentlich Bedeutendes haben wir darin nicht gefunden, indessen sind
manche von diesen Geschichten artig und interessant erzählt. —. Der „Phönix",
dessen Redacteur bekanntlich der Kritiker Klein ist, dessen piquante und zuweilen
Mystische Recensionen ein wesentliches Moment, der Berliner literarischen Athmo-
sphäre bilden, enthält unter andern den Anfang eines neuen Romans von Aline
von Schlichttrnll: Morton Varney, der wieder nicht ohne Talent geschrieben
zu sein scheint, bei dem wir aber grade wie bei demjenigen, der früher in unsern
Blättern besprochen ist, uns die ernsten,'durchaus nicht unreifen, aber ans Trockne
greifenden Reflexionen mit dem Wesen einer jungen Dame nicht zusammenreimen
können. —




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/102>, abgerufen am 22.12.2024.