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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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das NichtVorhandensein von Nachrichten in dem letzten Winterlager bei Cap Riley
wenig dafür zu sprechen scheint, daß Franklin von seinen Jnstructionen abgewichen
ist, die ihn nach Westen wiesen. Auch wenn man voraussetzt, daß eine plötzliche
Katastrophe die Schiffe betroffen und der Mannschaft plötzlichen Tod gebracht
hätte, bleibt es immer seltsam, daß sich auch nicht eine Sparre des Wracks vor¬
findet. Gibt man andrerseits die Möglichkeit zu, daß die Mannschaft die Schiffe
verlassen und zu Fuß oder in Booten Rettung gesucht, so bleibt es nicht weniger
wunderbar, daß von einer so zahlreichen und wohldiöcivlinirten Mannschaft, die
unter so tüchtigen nud erfahrnen Führern stand, auch nicht ein Einziger mensch¬
liche Wohnungen erreicht hat. Es ist alles Ungewißheit und räthselhaftes
Dunkel!




Neue historische Schriste"t.
Geschichte des Alterthums von Max Duncker. 2. Band. Berlin, Duncker und
Humblot. --

Ueber den ersten Band dieses Geschichtswerks haben wir -I8S2, Band II.,
S. 161 berichtet. Wir konnten damals den Plan des Werkes noch nicht voll¬
ständig übersehen und haben uns daher in einigen Voraussetzungen geirrt. Durch
das Erscheinen des zweiten Bandes dagegen ist die Tendenz und Physiognomie
des Werkes ziemlich fest bestimmt. Zunächst ist der Umfang viel bedeutender als
wir vorausgesetzt hatten. Schon der 2. Band, der wieder wie der erste zwei
Völkergruppcn, die Inder und die Baktrer, Meder und Perser in dem vor¬
historischen Zeitalter behandelt, ist fast noch einmal so stark wie der erste, der sich
mit den Aegyptern nud Semiten beschäftigt. Der Grund davon ist sehr natürlich,
denn von jenen Ländern haben wir trotz aller neuen Forschungen immer nur sehr
dürftige Notizen, bei den Indern dagegen leiden wir an einer Ueberfülle des
Reichthums, und es ist schwerer, den ungeheuren Stoff, an dessen Studium
eine ganze Reihe von Gelehrten ihr Leben setzt, zu sichten und zu gruppiren, als
den fehlenden Stoss dnrch Cvnjcctnren möglichst zu ergänzen. Mit dem 2. Bande
ist aber die Vorgeschichte noch nicht abgeschlossen, der 3. Band soll das vorhisto¬
rische Zeitalter der Griechen und Römer enthalte". Der eigentliche Osten, die
Chinesen u. s. w. bleiben ausgeschlossen, weil sie fast ganz aus dem System der
alten Geschichte heraustreten. Man sieht, das Unternehmen ist ein großes, küh¬
nes und ganz neues. Denn wenn auch für das vorhistorische Zeitalter in' der
Gegenwart sehr bedeutende Studien gemacht sind, deren Umfang man fast gar
nicht übersehen kann, so hat sich doch noch niemand an eine zusammenhängende
Darstellung gewagt. Wir glauben auch von vornherein, daß eine große Anzahl
von Gelehrten bedenklich auf ein Unternehmen Hinsehen wird, welches gewisser-


22"

das NichtVorhandensein von Nachrichten in dem letzten Winterlager bei Cap Riley
wenig dafür zu sprechen scheint, daß Franklin von seinen Jnstructionen abgewichen
ist, die ihn nach Westen wiesen. Auch wenn man voraussetzt, daß eine plötzliche
Katastrophe die Schiffe betroffen und der Mannschaft plötzlichen Tod gebracht
hätte, bleibt es immer seltsam, daß sich auch nicht eine Sparre des Wracks vor¬
findet. Gibt man andrerseits die Möglichkeit zu, daß die Mannschaft die Schiffe
verlassen und zu Fuß oder in Booten Rettung gesucht, so bleibt es nicht weniger
wunderbar, daß von einer so zahlreichen und wohldiöcivlinirten Mannschaft, die
unter so tüchtigen nud erfahrnen Führern stand, auch nicht ein Einziger mensch¬
liche Wohnungen erreicht hat. Es ist alles Ungewißheit und räthselhaftes
Dunkel!




Neue historische Schriste»t.
Geschichte des Alterthums von Max Duncker. 2. Band. Berlin, Duncker und
Humblot. —

Ueber den ersten Band dieses Geschichtswerks haben wir -I8S2, Band II.,
S. 161 berichtet. Wir konnten damals den Plan des Werkes noch nicht voll¬
ständig übersehen und haben uns daher in einigen Voraussetzungen geirrt. Durch
das Erscheinen des zweiten Bandes dagegen ist die Tendenz und Physiognomie
des Werkes ziemlich fest bestimmt. Zunächst ist der Umfang viel bedeutender als
wir vorausgesetzt hatten. Schon der 2. Band, der wieder wie der erste zwei
Völkergruppcn, die Inder und die Baktrer, Meder und Perser in dem vor¬
historischen Zeitalter behandelt, ist fast noch einmal so stark wie der erste, der sich
mit den Aegyptern nud Semiten beschäftigt. Der Grund davon ist sehr natürlich,
denn von jenen Ländern haben wir trotz aller neuen Forschungen immer nur sehr
dürftige Notizen, bei den Indern dagegen leiden wir an einer Ueberfülle des
Reichthums, und es ist schwerer, den ungeheuren Stoff, an dessen Studium
eine ganze Reihe von Gelehrten ihr Leben setzt, zu sichten und zu gruppiren, als
den fehlenden Stoss dnrch Cvnjcctnren möglichst zu ergänzen. Mit dem 2. Bande
ist aber die Vorgeschichte noch nicht abgeschlossen, der 3. Band soll das vorhisto¬
rische Zeitalter der Griechen und Römer enthalte». Der eigentliche Osten, die
Chinesen u. s. w. bleiben ausgeschlossen, weil sie fast ganz aus dem System der
alten Geschichte heraustreten. Man sieht, das Unternehmen ist ein großes, küh¬
nes und ganz neues. Denn wenn auch für das vorhistorische Zeitalter in' der
Gegenwart sehr bedeutende Studien gemacht sind, deren Umfang man fast gar
nicht übersehen kann, so hat sich doch noch niemand an eine zusammenhängende
Darstellung gewagt. Wir glauben auch von vornherein, daß eine große Anzahl
von Gelehrten bedenklich auf ein Unternehmen Hinsehen wird, welches gewisser-


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[0179] das NichtVorhandensein von Nachrichten in dem letzten Winterlager bei Cap Riley wenig dafür zu sprechen scheint, daß Franklin von seinen Jnstructionen abgewichen ist, die ihn nach Westen wiesen. Auch wenn man voraussetzt, daß eine plötzliche Katastrophe die Schiffe betroffen und der Mannschaft plötzlichen Tod gebracht hätte, bleibt es immer seltsam, daß sich auch nicht eine Sparre des Wracks vor¬ findet. Gibt man andrerseits die Möglichkeit zu, daß die Mannschaft die Schiffe verlassen und zu Fuß oder in Booten Rettung gesucht, so bleibt es nicht weniger wunderbar, daß von einer so zahlreichen und wohldiöcivlinirten Mannschaft, die unter so tüchtigen nud erfahrnen Führern stand, auch nicht ein Einziger mensch¬ liche Wohnungen erreicht hat. Es ist alles Ungewißheit und räthselhaftes Dunkel! Neue historische Schriste»t. Geschichte des Alterthums von Max Duncker. 2. Band. Berlin, Duncker und Humblot. — Ueber den ersten Band dieses Geschichtswerks haben wir -I8S2, Band II., S. 161 berichtet. Wir konnten damals den Plan des Werkes noch nicht voll¬ ständig übersehen und haben uns daher in einigen Voraussetzungen geirrt. Durch das Erscheinen des zweiten Bandes dagegen ist die Tendenz und Physiognomie des Werkes ziemlich fest bestimmt. Zunächst ist der Umfang viel bedeutender als wir vorausgesetzt hatten. Schon der 2. Band, der wieder wie der erste zwei Völkergruppcn, die Inder und die Baktrer, Meder und Perser in dem vor¬ historischen Zeitalter behandelt, ist fast noch einmal so stark wie der erste, der sich mit den Aegyptern nud Semiten beschäftigt. Der Grund davon ist sehr natürlich, denn von jenen Ländern haben wir trotz aller neuen Forschungen immer nur sehr dürftige Notizen, bei den Indern dagegen leiden wir an einer Ueberfülle des Reichthums, und es ist schwerer, den ungeheuren Stoff, an dessen Studium eine ganze Reihe von Gelehrten ihr Leben setzt, zu sichten und zu gruppiren, als den fehlenden Stoss dnrch Cvnjcctnren möglichst zu ergänzen. Mit dem 2. Bande ist aber die Vorgeschichte noch nicht abgeschlossen, der 3. Band soll das vorhisto¬ rische Zeitalter der Griechen und Römer enthalte». Der eigentliche Osten, die Chinesen u. s. w. bleiben ausgeschlossen, weil sie fast ganz aus dem System der alten Geschichte heraustreten. Man sieht, das Unternehmen ist ein großes, küh¬ nes und ganz neues. Denn wenn auch für das vorhistorische Zeitalter in' der Gegenwart sehr bedeutende Studien gemacht sind, deren Umfang man fast gar nicht übersehen kann, so hat sich doch noch niemand an eine zusammenhängende Darstellung gewagt. Wir glauben auch von vornherein, daß eine große Anzahl von Gelehrten bedenklich auf ein Unternehmen Hinsehen wird, welches gewisser- 22"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/179>, abgerufen am 22.07.2024.