Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.Goethe und Werther. Briefe Goethes, meistens aus seiner Jugendzeit mit erläuternden Documenten. Nach langem Zögern ist en.dlich diese so lebhaft begehrte Sammlung aus Mrcnzboteu, HI- ^ki
Goethe und Werther. Briefe Goethes, meistens aus seiner Jugendzeit mit erläuternden Documenten. Nach langem Zögern ist en.dlich diese so lebhaft begehrte Sammlung aus Mrcnzboteu, HI- ^ki
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Goethe und Werther.
Briefe Goethes, meistens aus seiner Jugendzeit mit erläuternden Documenten.
Herausgegeben von A. Kestner. Stuttgart u. Tübingen, Cotta. —
Nach langem Zögern ist en.dlich diese so lebhaft begehrte Sammlung aus
Licht getreten. Man suchte den Grund jenes Zögerns allgemein in der Be¬
denklichen der Kestnerschcn Familie, die intimen HerzensverlMnisse ihrer
Eltern zu Goethe der Oeffentlichkeit zu übergeben. Wenn das wirklich der
Fall gewesen ist, so können wir unser Erstaunen darüber nicht zurückhalten.
Aus diesen Briefen ergibt sich, daß das Verhältniß zwischen Goethe, Kestner
und Lotte ein viel schöneres und edleres gewesen ist, als wir uns aus dem
Werther abnehmen können, und daß alle drei betheiligten Personen im wirk¬
lichen Leben unsre Achtung viel mehr verdienen als im Gedicht. Von Albert
und Lotte sprechen wir noch später; hier wollen wir nur darauf aufmerk¬
sam machen, daß Goethe selbst viel reiner dasteht, als man nach seinem Abbild
im Werther vermuthen sollte. Man muß überhaupt sehr behutsam zu Werke gehen,
wenn man aus Goethes poetischen Figuren einen Rückschluß auf den Charakter des
Dichters machen will. Ein solcher Rückschluß liegt nahe, denn fast in jedem
seiner Werke enthalten die Hauptfiguren sehr leicht erkennbare Züge aus seinem
eignen Leben und seinem Ideenkreise. Allein in Goethes Natur lagen zwei
»anz verschiedene Momente. Einerseits Fülle des Gemüths, leichte Erregbarkeit
der Phantasie und eine ungewöhnliche Sensibilität; auf der andern aber ein
klarer, ruhiger und geordneter Verstand, der energisch genug war, in ent¬
scheidenden Augenblicken über daS Gefühl Herr zu werden und den Willen zu
bestimmen. Nun hatte aber Goethe, wenn wir seine Gedichte ausnehmen. fast
jedem einzelnen seiner größeren Werke die Methode beobachtet, diese Seiten
seines Charakters an zwei verschiedene Personen zu vertheilen. Wir erinnern
«n Clavigo und Carlos, Faust und Mephistopheles-Wagner. Tasso und An-
t°rio, Egmont und Oranien, Meister und Werner-Jarno, Eduard und der
Mrcnzboteu, HI- ^ki
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