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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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den Unterschied der heutigen Position von der frühern, wir übersehen durchaus
nicht, daß an die Stelle der damaligen Einzclstellnng Kurhesseus heute auf der
andern Seite der Anschluß an ein großes Ganze geboten erscheint. Es ist aber
gerade das Charakteristische des Verlaufes der Dinge in jener frühern Zeit, daß
sie einfach und durchaus durch die Verkehrsverhältnisse zwischen Kurhessen und
den preußischen Landen herbeigeführt wurden, die sich eben nicht nach anderen
Seiten hin ersetzen ließen.




Folgen der Confiscation und des unfreiwilligen Ver¬
kaufs der Orleans-Güter in Frankreich.

Allen Anzeichen nach ist gegenwärtig in der großen Masse des französischen
Volkes die Herrschaft der Interessen ausschließlich an die Tagesordnung gekom¬
men. Einen einheitlichen Zug können diese Interessen im besten Fall nur nach
außen hin haben; auf dem internationalen Boden müssen sie in einem zerklüfteten
Volke, wie das französische ist, durch'die sich kreuzenden und entgegenarbeitenden
Strebungen der Stände und Berufsarten einander gegenüberstehen. So Vieles
anch den Gewaltthaten Louis Napoleon's in und außerhalb Frankreichs zum
Ruhme nachgesagt worden ist, wir besinnen uns auf keinen Pane gyrikus, der un¬
ter den gesammelten Werken des Präsidenten auch eines solchen Erwähnung thäte^
aus dem die zweifellose Absicht, den Interessen Aller dienen zu wollen, hervor¬
blicke. Die Programme der Regierung stimmen darin überein, daß sich die neue
napoleonische Herrschaft auf das Heer, den Bauernstand und die handarbeitenden
Klassen stützen wolle, d. h. auf den Soldatenstand, auf die eigentliche Mutter desselben
und aus den im Bürgerkrieg am meisten zu fürchtenden Gegner desselben. In
entarteten Zeiten, bei einem herabgekommenen Volke ist: Sich ans Jemand
stützen und: den Interessen Jemandes dienen gleichbedeutend und für die Ver¬
hältnisse eines Mannes, wie Louis Napoleon, ganz sicherlich. Jene Massen in
dem französischen Volke könnten also ihren zustimmenden Gehorsam durch die
Aussicht auf die Förderung der ihnen innewohnenden Interessen sich gleichfalls
gegenseitig stützen und dienen lassen. Es genügt, daß mau auch nach oben hin
von dem festen Kitt eines solchen Kausalnexus überzeugt ist. Die. Ilaute-bour-
Tsolsw und die insbesondere hat gerade in Frankreich nach einer langen
Prüfungsreichen Schule ihren politischen Charakter damit beurkundet, daß sie ruhig
und geschäftig auf der vollendeten Thatsache weiterbaut, wenn diese eben nur einen
ruhigen Fortgang der Geschichte zu gewährleisten geeignet erscheint. Sieht man
von den Vereinzelten ab, die an politischen Principien festhalten und sich nnter


den Unterschied der heutigen Position von der frühern, wir übersehen durchaus
nicht, daß an die Stelle der damaligen Einzclstellnng Kurhesseus heute auf der
andern Seite der Anschluß an ein großes Ganze geboten erscheint. Es ist aber
gerade das Charakteristische des Verlaufes der Dinge in jener frühern Zeit, daß
sie einfach und durchaus durch die Verkehrsverhältnisse zwischen Kurhessen und
den preußischen Landen herbeigeführt wurden, die sich eben nicht nach anderen
Seiten hin ersetzen ließen.




Folgen der Confiscation und des unfreiwilligen Ver¬
kaufs der Orleans-Güter in Frankreich.

Allen Anzeichen nach ist gegenwärtig in der großen Masse des französischen
Volkes die Herrschaft der Interessen ausschließlich an die Tagesordnung gekom¬
men. Einen einheitlichen Zug können diese Interessen im besten Fall nur nach
außen hin haben; auf dem internationalen Boden müssen sie in einem zerklüfteten
Volke, wie das französische ist, durch'die sich kreuzenden und entgegenarbeitenden
Strebungen der Stände und Berufsarten einander gegenüberstehen. So Vieles
anch den Gewaltthaten Louis Napoleon's in und außerhalb Frankreichs zum
Ruhme nachgesagt worden ist, wir besinnen uns auf keinen Pane gyrikus, der un¬
ter den gesammelten Werken des Präsidenten auch eines solchen Erwähnung thäte^
aus dem die zweifellose Absicht, den Interessen Aller dienen zu wollen, hervor¬
blicke. Die Programme der Regierung stimmen darin überein, daß sich die neue
napoleonische Herrschaft auf das Heer, den Bauernstand und die handarbeitenden
Klassen stützen wolle, d. h. auf den Soldatenstand, auf die eigentliche Mutter desselben
und aus den im Bürgerkrieg am meisten zu fürchtenden Gegner desselben. In
entarteten Zeiten, bei einem herabgekommenen Volke ist: Sich ans Jemand
stützen und: den Interessen Jemandes dienen gleichbedeutend und für die Ver¬
hältnisse eines Mannes, wie Louis Napoleon, ganz sicherlich. Jene Massen in
dem französischen Volke könnten also ihren zustimmenden Gehorsam durch die
Aussicht auf die Förderung der ihnen innewohnenden Interessen sich gleichfalls
gegenseitig stützen und dienen lassen. Es genügt, daß mau auch nach oben hin
von dem festen Kitt eines solchen Kausalnexus überzeugt ist. Die. Ilaute-bour-
Tsolsw und die insbesondere hat gerade in Frankreich nach einer langen
Prüfungsreichen Schule ihren politischen Charakter damit beurkundet, daß sie ruhig
und geschäftig auf der vollendeten Thatsache weiterbaut, wenn diese eben nur einen
ruhigen Fortgang der Geschichte zu gewährleisten geeignet erscheint. Sieht man
von den Vereinzelten ab, die an politischen Principien festhalten und sich nnter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/25>, abgerufen am 04.07.2024.