Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.Deutsches Wörterbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm. Dieses Unternehmen ist ein Ereigniss in der deutschen Literatur. Seit 1i Jah¬ Für diesen Zweck war nöthig, jedes einzelne Wort unsrer Sprache zu ver¬ Grenzboten. II. -I8L2, 1
Deutsches Wörterbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm. Dieses Unternehmen ist ein Ereigniss in der deutschen Literatur. Seit 1i Jah¬ Für diesen Zweck war nöthig, jedes einzelne Wort unsrer Sprache zu ver¬ Grenzboten. II. -I8L2, 1
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Deutsches Wörterbuch
von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm.
Dieses Unternehmen ist ein Ereigniss in der deutschen Literatur. Seit 1i Jah¬
ren vorbereitet, erscheint es jetzt als ein Denkmal,deutsches Fleißes und deutscher
Wissenschaftlichkeit, als ein Werk, welches in dieser Art einzig in der Sprachgeschichte
dasteht, und weder in den französischen, noch in den italienischen und englischen Wör¬
terbüchern seines Gleichen findet. Der Plan des Werkes ist folgender. Es soll
ein Bild gegeben werden von dem innern Leben der deutschen Sprache seit drei¬
hundert Jahren, seit dem Eintreten der neuen Zeit in unsr.er Sprache und Ge¬
schichte durch Luther. Was durch ihn und seit ihm bis auf die neue Zeit an
Wörtern gebildet und verändert worden ist in Form und Bedeutung, soll wieder¬
gegeben werden. Der gesammte Bildungsgang der deutschen Nation, so weit er
sich in der Sprache niedergeschlagen hat, soll dargestellt werden. Es ist also nicht
die Sprache einer bestimmten Zeit, deren Wörterrcichthum, Wortformen und
Methode des Denkens und Empfindens sixirt werden soll, vielleicht als ein Ka¬
non und Gesetzbuch für spätere Entwickelungen, sondern es ist die höhere Aus¬
gabe gestellt, den ganzen ungeheuren »Organismus unsrer Sprache in seiner
flüssigen Bewegung und in seinem Lauf durch die Jahrhunderte aufzufassen und an¬
schaulich zu machen. Jedes wichtige Wort soll seine Geschichte haben, in welcher
Nie Herkunft und Familie desselben, so wie die Bedeutung und die Nuancen der¬
selben, die es im Lause der Zeiten erfahren, übersichtlich vor Augen gelegt wer¬
den.
Für diesen Zweck war nöthig, jedes einzelne Wort unsrer Sprache zu ver¬
folgen aus der Gegenwart zmück bis in die Zeit Luthers. Und das war wieder
uur möglich durch genaue Beobachtung seines Vorkommens untz Gebrauches bei
den zahlreichen deutschen Schriftstellern, welche seit Luther bis auf die neue Zeit
für irgend eine Periode charakteristisch oder bedeutsam gewesen sind. Wol war
es unmöglich, daß die Thätigkeit eines Einzelnen, selbst wenn sie so ungeheuer ist, wie
die vou Jakob Grimm, ein solches Unternehmen durchführen konnte. Es
Grenzboten. II. -I8L2, 1
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