Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.matisches Talent darin kundgiebt, z. B. der Sturm auf das Schloß ist, abgesehen (Schluß im nächsten Heft.) C. G. Z n in p t. Herr Ludwig Schneider, der jetzt Hofrath genannt wird, weil er in Sans- matisches Talent darin kundgiebt, z. B. der Sturm auf das Schloß ist, abgesehen (Schluß im nächsten Heft.) C. G. Z n in p t. Herr Ludwig Schneider, der jetzt Hofrath genannt wird, weil er in Sans- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0462" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/91655"/> <p xml:id="ID_1258" prev="#ID_1257"> matisches Talent darin kundgiebt, z. B. der Sturm auf das Schloß ist, abgesehen<lb/> von den Bengalischen Flämmchen, theatralisch recht gut arrangirt, und wo Werner<lb/> nicht in die Mystik verfällt, ist wenigstens das Streben nach einer sehr energischen<lb/> Charakteristik zu erkennen. Auch würde die Gegenüberstellung der heidnischen Bar¬<lb/> baren und der cultivirten Christen nicht ohne Interesse sein, ohne daß es des sinn¬<lb/> lichen Unterschiedes bedürfte, daß die Preußen meistens in Knittelversen, die Christen<lb/> theils in ungereimten Jamben, theils in Canzonen, Sonetten und dergl. spreche«.<lb/> Ungeschickt ist es, daß Werner seinen ersten Act den Heiden gewidmet hat, einer<lb/> Welt, die uns mit dämonischen Schauder durchdringen soll. Er mußte zuerst<lb/> uns die.bekannten Gestalten der Cultur, der auch wir angehören, vorführen und<lb/> uns erst allmälig auf die Engel und Teufel'vorbereiten; aber das wird dadurch<lb/> erklärt, daß seine Vorstellung vom Drama sich durch die Reminiscenzen der Oper<lb/> verwirrt. Dort will man gleich zu Anfang ein charakteristisches Ballet und einen<lb/> eben so charakteristischen Chor, und Spontini hat ganz Recht, uns seine Mexikani¬<lb/> schen Götzendiener, Marschner, uns seine Hexen und Vampyre gleich zu Anfang<lb/> des Stücks zu octroyiren; denn wo uns die Musik das Geheimnißvolle und Grau¬<lb/> sige vermittelt, glauben wir an Alles. Zudem kommt der eigentliche Mittelpunkt<lb/> des Schauders in diesem ersten Theil noch nicht vor, der alte Waidewuth, der<lb/> Religionsstifter und Oberpriester der Preußen, der aus seinen heiligen Hainen<lb/> nur seiue furchtbaren Abgeordneten entsendet, und der dem zweiten Theil, „die<lb/> Kreuzeserhöhuug", vorbehalten blieb, welcher erst 1820 in Wien erschien.</p><lb/> <p xml:id="ID_1259"> (Schluß im nächsten Heft.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> C. G. Z n in p t.</head><lb/> <p xml:id="ID_1260" next="#ID_1261"> Herr Ludwig Schneider, der jetzt Hofrath genannt wird, weil er in Sans-<lb/> souci den Zuschauer und den Kladderadatsch vorliest, und der kürzlich mit Depeschen<lb/> nach Warschau geschickt worden ist, mu dort — ich weiß nicht was zu thun, amüsirte<lb/> seiner Zeit nicht mir gekrönte Häupter, sondern das gesammte verehrliche Publicum.<lb/> Er war Schauspieler. Eine seiner beliebtesten Rollen war die des reisenden Stu¬<lb/> denten in der Posse gleichen Namens. Er hatte diese alte Scharteke für sich<lb/> zurechtgestutzt und begabte das Seitenstück von Zachariä's Renommisten, zu welchem<lb/> er seinen „Mauser" stempelte, mit einer" starken Dosis etwas dick aufgetragenen<lb/> Humors aus der altverblichenen Burschenzeit, die auf die Primaner und die Füchse<lb/> im Parterre ihres Eindrucks nicht verfehlte. Zu seinem Gipfelpunkte aber erhob<lb/> sich der Jubel dieser Jünger der Wissenschaft, und auch die Aelteren sielen herzlich<lb/> mit ein in den schallenden Chorus, wenn er, um als vous ox maekino, die Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0462]
matisches Talent darin kundgiebt, z. B. der Sturm auf das Schloß ist, abgesehen
von den Bengalischen Flämmchen, theatralisch recht gut arrangirt, und wo Werner
nicht in die Mystik verfällt, ist wenigstens das Streben nach einer sehr energischen
Charakteristik zu erkennen. Auch würde die Gegenüberstellung der heidnischen Bar¬
baren und der cultivirten Christen nicht ohne Interesse sein, ohne daß es des sinn¬
lichen Unterschiedes bedürfte, daß die Preußen meistens in Knittelversen, die Christen
theils in ungereimten Jamben, theils in Canzonen, Sonetten und dergl. spreche«.
Ungeschickt ist es, daß Werner seinen ersten Act den Heiden gewidmet hat, einer
Welt, die uns mit dämonischen Schauder durchdringen soll. Er mußte zuerst
uns die.bekannten Gestalten der Cultur, der auch wir angehören, vorführen und
uns erst allmälig auf die Engel und Teufel'vorbereiten; aber das wird dadurch
erklärt, daß seine Vorstellung vom Drama sich durch die Reminiscenzen der Oper
verwirrt. Dort will man gleich zu Anfang ein charakteristisches Ballet und einen
eben so charakteristischen Chor, und Spontini hat ganz Recht, uns seine Mexikani¬
schen Götzendiener, Marschner, uns seine Hexen und Vampyre gleich zu Anfang
des Stücks zu octroyiren; denn wo uns die Musik das Geheimnißvolle und Grau¬
sige vermittelt, glauben wir an Alles. Zudem kommt der eigentliche Mittelpunkt
des Schauders in diesem ersten Theil noch nicht vor, der alte Waidewuth, der
Religionsstifter und Oberpriester der Preußen, der aus seinen heiligen Hainen
nur seiue furchtbaren Abgeordneten entsendet, und der dem zweiten Theil, „die
Kreuzeserhöhuug", vorbehalten blieb, welcher erst 1820 in Wien erschien.
(Schluß im nächsten Heft.)
C. G. Z n in p t.
Herr Ludwig Schneider, der jetzt Hofrath genannt wird, weil er in Sans-
souci den Zuschauer und den Kladderadatsch vorliest, und der kürzlich mit Depeschen
nach Warschau geschickt worden ist, mu dort — ich weiß nicht was zu thun, amüsirte
seiner Zeit nicht mir gekrönte Häupter, sondern das gesammte verehrliche Publicum.
Er war Schauspieler. Eine seiner beliebtesten Rollen war die des reisenden Stu¬
denten in der Posse gleichen Namens. Er hatte diese alte Scharteke für sich
zurechtgestutzt und begabte das Seitenstück von Zachariä's Renommisten, zu welchem
er seinen „Mauser" stempelte, mit einer" starken Dosis etwas dick aufgetragenen
Humors aus der altverblichenen Burschenzeit, die auf die Primaner und die Füchse
im Parterre ihres Eindrucks nicht verfehlte. Zu seinem Gipfelpunkte aber erhob
sich der Jubel dieser Jünger der Wissenschaft, und auch die Aelteren sielen herzlich
mit ein in den schallenden Chorus, wenn er, um als vous ox maekino, die Ver-
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