Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.Clemens Brentano Brentano ist als Charakterbild seiner Zeit interessant genug, um die Gesammt- Den allgemeinen Charakter der Poesie Brentano's hat Heine in seiner ^rcnzbvtc", IV. -!8->I> Zg
Clemens Brentano Brentano ist als Charakterbild seiner Zeit interessant genug, um die Gesammt- Den allgemeinen Charakter der Poesie Brentano's hat Heine in seiner ^rcnzbvtc», IV. -!8->I> Zg
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/280822"/> </div> <div n="1"> <head> Clemens Brentano</head><lb/> <p xml:id="ID_627"> Brentano ist als Charakterbild seiner Zeit interessant genug, um die Gesammt-<lb/> "usgMe seiner bisher nnr verstreut erschienenen Schriften zu rechtfertigen. Wir<lb/> werden uns mit unsrer Kritik an das Erscheinen derselben halte», nud beschränken<lb/> '"'s daher hier ans die beiden Bände, welche bereits herausgegeben sind, den<lb/> ^sten und vierten.</p><lb/> <p xml:id="ID_628" next="#ID_629"> Den allgemeinen Charakter der Poesie Brentano's hat Heine in seiner<lb/> ''^mantischen Schule" treffend bezeichnet; er vergleicht ihn mit jener chinesischen<lb/> ^ü'zessin, die von so tollen Capricen geleitet wurde, daß sie endlich der freien<lb/> Verfügung über ihr Vermögen, verlustig erklärt werden mußte. Allerdings giebt<lb/> ^) in den Schöpfungen Brentano'S eine solche Uebermacht der Caprice kund,<lb/> er selbst unter den deutschen Dichtern, was viel sagen will, nicht seines<lb/> wichen findet, und daß man zuweilen in Verlegenheit ist, anch nur im entfern-<lb/> zu errathen, aus was für eine Stimmung oder Reminiscenz seine barocken<lb/> Zufälle sich beziehen. Er selber charakterisirt in einem Briefe ans dem Jahre<lb/> , ^, den der Herausgeber mittheilt, diese Launenhaftigkeit seines Schaffens auf<lb/> ^>>e vortreffliche Weise. Er erklärt, mit seiner Poesie darum im Ganzen zurück-<lb/> Me»d gewesen zu sein, „weil Alles, was er dichte» mochte, zu sehr die heiligere<lb/> Schichte seines Jnnern gewesen wäre, als daß er es ohne Frechheit in das<lb/> Untheilnchmende Tagewerk der Welt hätte einfügen dürfen." — Bei dieser<lb/> ^'genstanblvseu Beschäftigung mit seinem Innern, die für den Dichter überhaupt<lb/> '^«-'utiles ist, fehlt ihm noch etwas, was sonst der Subjectivität wenigstens eini-<lb/> ^ HM zu g^en pflegt: der Glaube an sich selbst. „Mein Selbstgefühl", sagt<lb/> ^ i» dieser Beziehung, „glich der abgelösten Farbendecke eines im Wasser ver-<lb/> "Ukeuen Pastellgemäldes, welche »och kurze Zeit oben schwimmt. Ich hätte es<lb/> 'Gleicht behutsam wiederauffasseu können, aber ich sah lieber so lange lächelnd<lb/> ^ein, bis heftig stürzende Thränen es verwirrten, und der widerliche Gedanke,<lb/> "6 durch das Auffassen solcher schwimmende» Farben marmorirtes Papier gemacht<lb/> ^o, machte, daß ich dem geliebten Bilde »och einen ernsten Scheideblick schenkte,""d, mich dann muthig den Wellen übergebend, es an meiner Brust scheitern ließ.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> ^rcnzbvtc», IV. -!8->I> Zg</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0205]
Clemens Brentano
Brentano ist als Charakterbild seiner Zeit interessant genug, um die Gesammt-
"usgMe seiner bisher nnr verstreut erschienenen Schriften zu rechtfertigen. Wir
werden uns mit unsrer Kritik an das Erscheinen derselben halte», nud beschränken
'"'s daher hier ans die beiden Bände, welche bereits herausgegeben sind, den
^sten und vierten.
Den allgemeinen Charakter der Poesie Brentano's hat Heine in seiner
''^mantischen Schule" treffend bezeichnet; er vergleicht ihn mit jener chinesischen
^ü'zessin, die von so tollen Capricen geleitet wurde, daß sie endlich der freien
Verfügung über ihr Vermögen, verlustig erklärt werden mußte. Allerdings giebt
^) in den Schöpfungen Brentano'S eine solche Uebermacht der Caprice kund,
er selbst unter den deutschen Dichtern, was viel sagen will, nicht seines
wichen findet, und daß man zuweilen in Verlegenheit ist, anch nur im entfern-
zu errathen, aus was für eine Stimmung oder Reminiscenz seine barocken
Zufälle sich beziehen. Er selber charakterisirt in einem Briefe ans dem Jahre
, ^, den der Herausgeber mittheilt, diese Launenhaftigkeit seines Schaffens auf
^>>e vortreffliche Weise. Er erklärt, mit seiner Poesie darum im Ganzen zurück-
Me»d gewesen zu sein, „weil Alles, was er dichte» mochte, zu sehr die heiligere
Schichte seines Jnnern gewesen wäre, als daß er es ohne Frechheit in das
Untheilnchmende Tagewerk der Welt hätte einfügen dürfen." — Bei dieser
^'genstanblvseu Beschäftigung mit seinem Innern, die für den Dichter überhaupt
'^«-'utiles ist, fehlt ihm noch etwas, was sonst der Subjectivität wenigstens eini-
^ HM zu g^en pflegt: der Glaube an sich selbst. „Mein Selbstgefühl", sagt
^ i» dieser Beziehung, „glich der abgelösten Farbendecke eines im Wasser ver-
"Ukeuen Pastellgemäldes, welche »och kurze Zeit oben schwimmt. Ich hätte es
'Gleicht behutsam wiederauffasseu können, aber ich sah lieber so lange lächelnd
^ein, bis heftig stürzende Thränen es verwirrten, und der widerliche Gedanke,
"6 durch das Auffassen solcher schwimmende» Farben marmorirtes Papier gemacht
^o, machte, daß ich dem geliebten Bilde »och einen ernsten Scheideblick schenkte,""d, mich dann muthig den Wellen übergebend, es an meiner Brust scheitern ließ.
^rcnzbvtc», IV. -!8->I> Zg
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