Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.nehmen Styl, einen Styl in Glacehandschuhen. Die feine Welt hat anch Sinn für Die Philologenversammlung in Verlitt. I evrier, qriQncl rLLüMtle, heißt es in einem französischen Vaudeville
und was nicht sonst Alles, anßer dem aufgerissenen Pflaster und den abgesetzten nehmen Styl, einen Styl in Glacehandschuhen. Die feine Welt hat anch Sinn für Die Philologenversammlung in Verlitt. I evrier, qriQncl rLLüMtle, heißt es in einem französischen Vaudeville
und was nicht sonst Alles, anßer dem aufgerissenen Pflaster und den abgesetzten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92385"/> <p xml:id="ID_290" prev="#ID_289"> nehmen Styl, einen Styl in Glacehandschuhen. Die feine Welt hat anch Sinn für<lb/> das Charakteristische, Irrationale, für Somnambulismus, emancipirte Weiber,<lb/> cigarrenrauchende Grisetten, Dichter, Teufel n. s. w., aber man wird sehr bald<lb/> unterscheiden können, ob dergleichen von einem gläubigen Gemüth oder vou einer<lb/> Bildung aufgefaßt wird, die sich zur Abwechselung einmal auch mit grellen Farben<lb/> zu thun macht, obgleich ihre eigentliche Farbe das interessante Blaßgrau ist. —<lb/> Daraus ist auch ein zweiter Widerspruch in der Behandlung erklärlich. Während<lb/> in der Regel die Arbeit mühsam und ängstlich ausfällt, wie mittelalterliches Elfen-<lb/> bcinschnitzwerk, wird man gerade in dem Augenblick, wo man ein sehr genaues<lb/> Detail erwartet, dnrch einen plötzlichen und sehr gewaltsamen Sprung überrascht,<lb/> der über alle Schwierigkeiten dnrch ein unbedingtes Nichtbeachten derselben hin¬<lb/> wegführt. Von einer soliden, regelmäßigen Entwickelung der Charaktere oder<lb/> Begebenheiten ist nie die Rede. Gerade darum sind diese Romane für die Aristo¬<lb/> kratie; das Volk mag lieber ans vollem Holze schneiden. — Es ist ferner erklärlich,<lb/> daß diese reprodnctioe Literatur gern einen Dichter oder Künstler zum Gegenstand<lb/> wählt. Hier z. B. werden die einzelnen Scenen und Gedanken der Shakspeare'schen<lb/> Stücke aus seinem Leben pragmatisch motivirt. Eine undankbare Mühe, auch wenn<lb/> sie, was nicht der Fall ist, aus Forschungen gegründet wäre, denn eine solche ans<lb/> „Dichtung und Wahrheit" zusammengesetzte Reproduction einer freien Dichtung macht<lb/> immer den Eindruck des Wiederkauens. — Doch wie dem auch sei, wir befinden<lb/> uus bei König immer in guter Gesellschaft, und mögen ein wenig Langeweile<lb/> und Caprice als unzertrennlich von derselben schon gerne mit in den Kauf nehmen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Philologenversammlung in Verlitt.<lb/></head><lb/> <p xml:id="ID_291" next="#ID_292"> I evrier, qriQncl rLLüMtle, heißt es in einem französischen Vaudeville<lb/> aus dein vorigen Jahre,</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_10" type="poem"> <l> One ac cUangemeus arrives!<lb/> 0n n, clepl^ce' k>an8 sei'upule<lb/> I,es souspr6tot3 et les pav6s.<lb/> NiU8 maiutenunt 011 elieiel^e on venu Ici liaee<lb/> Oe ces merci^ädles in6l^Ah:<lb/> I-of pavös et les sousprefül-s<lb/> Ont ele remis ü leur pi^ce —</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_292" prev="#ID_291" next="#ID_293"> und was nicht sonst Alles, anßer dem aufgerissenen Pflaster und den abgesetzten<lb/> Land- und Geheimräthen, was der Februar- und Märzsturm spurlos verweht zu<lb/> haben schien, hat sich wieder eingefunden und steht ans seiner alten Stelle, fester</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0096]
nehmen Styl, einen Styl in Glacehandschuhen. Die feine Welt hat anch Sinn für
das Charakteristische, Irrationale, für Somnambulismus, emancipirte Weiber,
cigarrenrauchende Grisetten, Dichter, Teufel n. s. w., aber man wird sehr bald
unterscheiden können, ob dergleichen von einem gläubigen Gemüth oder vou einer
Bildung aufgefaßt wird, die sich zur Abwechselung einmal auch mit grellen Farben
zu thun macht, obgleich ihre eigentliche Farbe das interessante Blaßgrau ist. —
Daraus ist auch ein zweiter Widerspruch in der Behandlung erklärlich. Während
in der Regel die Arbeit mühsam und ängstlich ausfällt, wie mittelalterliches Elfen-
bcinschnitzwerk, wird man gerade in dem Augenblick, wo man ein sehr genaues
Detail erwartet, dnrch einen plötzlichen und sehr gewaltsamen Sprung überrascht,
der über alle Schwierigkeiten dnrch ein unbedingtes Nichtbeachten derselben hin¬
wegführt. Von einer soliden, regelmäßigen Entwickelung der Charaktere oder
Begebenheiten ist nie die Rede. Gerade darum sind diese Romane für die Aristo¬
kratie; das Volk mag lieber ans vollem Holze schneiden. — Es ist ferner erklärlich,
daß diese reprodnctioe Literatur gern einen Dichter oder Künstler zum Gegenstand
wählt. Hier z. B. werden die einzelnen Scenen und Gedanken der Shakspeare'schen
Stücke aus seinem Leben pragmatisch motivirt. Eine undankbare Mühe, auch wenn
sie, was nicht der Fall ist, aus Forschungen gegründet wäre, denn eine solche ans
„Dichtung und Wahrheit" zusammengesetzte Reproduction einer freien Dichtung macht
immer den Eindruck des Wiederkauens. — Doch wie dem auch sei, wir befinden
uus bei König immer in guter Gesellschaft, und mögen ein wenig Langeweile
und Caprice als unzertrennlich von derselben schon gerne mit in den Kauf nehmen.
Die Philologenversammlung in Verlitt.
I evrier, qriQncl rLLüMtle, heißt es in einem französischen Vaudeville
aus dein vorigen Jahre,
One ac cUangemeus arrives!
0n n, clepl^ce' k>an8 sei'upule
I,es souspr6tot3 et les pav6s.
NiU8 maiutenunt 011 elieiel^e on venu Ici liaee
Oe ces merci^ädles in6l^Ah:
I-of pavös et les sousprefül-s
Ont ele remis ü leur pi^ce —
und was nicht sonst Alles, anßer dem aufgerissenen Pflaster und den abgesetzten
Land- und Geheimräthen, was der Februar- und Märzsturm spurlos verweht zu
haben schien, hat sich wieder eingefunden und steht ans seiner alten Stelle, fester
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