Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Man darf es sich nicht verhehlen, die Reaction richtet sich täglich drohender Im März vorigen Jahres waren es ebenfalls nicht die liberalen Professoren Das Wesen der Revolution. Entgegnung auf das vorstehende Votum. Der Verfasser der vorstehenden Abhandlung hat sehr recht, wenn er die Be¬ Man darf es sich nicht verhehlen, die Reaction richtet sich täglich drohender Im März vorigen Jahres waren es ebenfalls nicht die liberalen Professoren Das Wesen der Revolution. Entgegnung auf das vorstehende Votum. Der Verfasser der vorstehenden Abhandlung hat sehr recht, wenn er die Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279162"/> <p xml:id="ID_425"> Man darf es sich nicht verhehlen, die Reaction richtet sich täglich drohender<lb/> auf und über kurz oder lang kann es dahin kommen, daß man die Revolution<lb/> wieder wird von vorn anfangen müssen. Wer aber soll sich dann an die Spitze<lb/> stellen, wenn alle entschiedeneren Männer als Rothe verschrieen und decretirt wer¬<lb/> den? Werden etwa die Gemäßigten selbst, die Männer der richtigen Mitte es als¬<lb/> dann versuchen, das Volk zu den Barrikaden zu rufen? Wir haben alle Achtung vor<lb/> diesen Männern, wir wissen, daß sie in ihrer großen Mehrzahl es ehrt'es meinen,<lb/> und daß sie in ihren Reihen viel mehr politische Kapacitäten zählen als die<lb/> Radikalen. Aber was dieser Partei ganz fehlt, das ist die revolutionäre Energie,<lb/> mit der selbst unsere Quasi-Montagnards nicht im Ueberflusse versehen sind und<lb/> sie versteht durchaus nicht, die Massen in Bewegung zu setzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_426"> Im März vorigen Jahres waren es ebenfalls nicht die liberalen Professoren<lb/> und die Oppositions-Koryphäen aus den alten Ständeversammlungen, die in ein<lb/> paar Tagen den Absolutismus stürzten. sondern unbesonnene junge Leute, radi¬<lb/> kale Tollköpfe und Politiker dritten Ranges waren es, denen wir damals den Sieg<lb/> verdankten. Diesmal aber wird der Kampf noch viel ernster und hitziger werden,<lb/> denn damals wurde der Feind überrascht, jetzt aber ist er gerüstet und vorbereitet.<lb/> Wir wollen nicht den Uuglücksprophetcn machen, aber wenn es so fortgeht, wird<lb/> es bald nicht mehr auszuhalten sein, vor lauter Ruhe, Ordnung und Sicherheit<lb/> und da dürfte am Ende mancher jetzige „Gutgesinnte" die Thätigkeit der Wühler<lb/> schmerzlich vermissen und vielleicht wie König Richard rufen: Ein Wühler! Ein<lb/> Wühler! Fünf Königreiche und ein Kaiserthum für einen Wühler!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Wesen der Revolution.<lb/> Entgegnung auf das vorstehende Votum.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_427" next="#ID_428"> Der Verfasser der vorstehenden Abhandlung hat sehr recht, wenn er die Be¬<lb/> hauptung der conservativen Presse, die letzte Jnsurrection in Sachsen, Baden, der<lb/> Pfalz und Rheinprovinz habe einen andern, weiter gehenden Zweck gehabt, als die<lb/> gewaltsame Durchführung der Reichsverfassung vom 28. März, als unbewiesen zurück¬<lb/> weist. Jene Behauptung ist zum großen Theil aus einer Gefühlscolliflvn vieler Con-<lb/> stitutionellen zu erklären, die einerseits durch ihre Anerkennung der Reichsverfassung sich<lb/> für verpflichtet hielten, zur Verwirklichung derselben das ihrige zu thun, und die<lb/> andererseits sich nicht entschließen konnten, an den gewaltsamen Mitteln, welche<lb/> eine ihnen bis dahin fremde oder feindliche Partei zur Verfolgung desselben<lb/> Zweckes anwandte, sich irgendwie zu l'etheiligcn. Um nun diese, aus andern</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
Man darf es sich nicht verhehlen, die Reaction richtet sich täglich drohender
auf und über kurz oder lang kann es dahin kommen, daß man die Revolution
wieder wird von vorn anfangen müssen. Wer aber soll sich dann an die Spitze
stellen, wenn alle entschiedeneren Männer als Rothe verschrieen und decretirt wer¬
den? Werden etwa die Gemäßigten selbst, die Männer der richtigen Mitte es als¬
dann versuchen, das Volk zu den Barrikaden zu rufen? Wir haben alle Achtung vor
diesen Männern, wir wissen, daß sie in ihrer großen Mehrzahl es ehrt'es meinen,
und daß sie in ihren Reihen viel mehr politische Kapacitäten zählen als die
Radikalen. Aber was dieser Partei ganz fehlt, das ist die revolutionäre Energie,
mit der selbst unsere Quasi-Montagnards nicht im Ueberflusse versehen sind und
sie versteht durchaus nicht, die Massen in Bewegung zu setzen.
Im März vorigen Jahres waren es ebenfalls nicht die liberalen Professoren
und die Oppositions-Koryphäen aus den alten Ständeversammlungen, die in ein
paar Tagen den Absolutismus stürzten. sondern unbesonnene junge Leute, radi¬
kale Tollköpfe und Politiker dritten Ranges waren es, denen wir damals den Sieg
verdankten. Diesmal aber wird der Kampf noch viel ernster und hitziger werden,
denn damals wurde der Feind überrascht, jetzt aber ist er gerüstet und vorbereitet.
Wir wollen nicht den Uuglücksprophetcn machen, aber wenn es so fortgeht, wird
es bald nicht mehr auszuhalten sein, vor lauter Ruhe, Ordnung und Sicherheit
und da dürfte am Ende mancher jetzige „Gutgesinnte" die Thätigkeit der Wühler
schmerzlich vermissen und vielleicht wie König Richard rufen: Ein Wühler! Ein
Wühler! Fünf Königreiche und ein Kaiserthum für einen Wühler!
Das Wesen der Revolution.
Entgegnung auf das vorstehende Votum.
Der Verfasser der vorstehenden Abhandlung hat sehr recht, wenn er die Be¬
hauptung der conservativen Presse, die letzte Jnsurrection in Sachsen, Baden, der
Pfalz und Rheinprovinz habe einen andern, weiter gehenden Zweck gehabt, als die
gewaltsame Durchführung der Reichsverfassung vom 28. März, als unbewiesen zurück¬
weist. Jene Behauptung ist zum großen Theil aus einer Gefühlscolliflvn vieler Con-
stitutionellen zu erklären, die einerseits durch ihre Anerkennung der Reichsverfassung sich
für verpflichtet hielten, zur Verwirklichung derselben das ihrige zu thun, und die
andererseits sich nicht entschließen konnten, an den gewaltsamen Mitteln, welche
eine ihnen bis dahin fremde oder feindliche Partei zur Verfolgung desselben
Zweckes anwandte, sich irgendwie zu l'etheiligcn. Um nun diese, aus andern
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