Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.in Paris, mit den polnischen Emigranten, mit Tausenau und Bakunin. Aber Was sollte der Student wohl anderes sein, als Republikaner! Aber seine So sieht der Republikanismus des Studenten aus. Schämt euch, ihr Herren 2. Ein Stück Hussitenthnm. Die Schaaren Ziska's tranken sich im Abendmahlwein einen mystischen Rausch Der Freiheitsrausch übte eine ähnliche Wirkung aus. Da es hier das eigene in Paris, mit den polnischen Emigranten, mit Tausenau und Bakunin. Aber Was sollte der Student wohl anderes sein, als Republikaner! Aber seine So sieht der Republikanismus des Studenten aus. Schämt euch, ihr Herren 2. Ein Stück Hussitenthnm. Die Schaaren Ziska's tranken sich im Abendmahlwein einen mystischen Rausch Der Freiheitsrausch übte eine ähnliche Wirkung aus. Da es hier das eigene <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0127" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279153"/> <p xml:id="ID_393" prev="#ID_392"> in Paris, mit den polnischen Emigranten, mit Tausenau und Bakunin. Aber<lb/> die unermüdliche Umsicht und Wachsamkeit der Prager Polizei hat diese schändli¬<lb/> chen Pläne vereitelt; KhevenlMer weiß alles und hat sämmtliche Papiere in seiner<lb/> Hand. Etwa 45 Verschworene, im Alter von 18—22 Jahren, winden im Ver¬<lb/> laufe der letzten Wochen zur Nachtzeit gefänglich eingezogen, die Häupter der<lb/> Verschwörung, Nittig und Ermcr schon früher als „des Hochverraths rechtlich<lb/> beanzeigt," steckbrieflich verfolgt und der letztere bereits in Ketten hier eingebracht.</p><lb/> <p xml:id="ID_394"> Was sollte der Student wohl anderes sein, als Republikaner! Aber seine<lb/> Republik ist nicht die rothe und trägt nicht die Farbe der rücksichtslos-blutigen<lb/> That; sie ist vielmehr die unbegreifliche blaue Blume des Novalis, die er überall<lb/> sucht, und' nach der sich sein Herz träumend sehnt! Jetzt geht er in der Stube<lb/> grimmig auf und ab, seinen Don Karlos, den er auswendig lernt, in der Hand;<lb/> er stellt einen Stuhl in die Mitte des Zimmers, der den König Philipp vor¬<lb/> stellen soll und tritt als Marquis Posa ihm kühn mit den Worten entgegen: „Ich<lb/> kann nicht Fürstendiener sein!" Wenn wir aber in seiner Schublade nachsehen,<lb/> so finden wir darin „ein unterthänigstes Bittgesuch an das wohllöbliche Kriminal¬<lb/> gericht von Prag, worin der demuthsvoll Gefertigte das geziemende Ansuchen<lb/> stellt, man möge ihm mit Ende dieses den Antritt der Praxis gnädigst gestatten."<lb/> Er ist zwar Bürger einer Zeit, d:e erst kommen soll; da er aber sich selbst und<lb/> eine arme Mutter zu ernähren hat, so ist er bereit, in der Reihe die k. k. Prak¬<lb/> tikanten einzutreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_395"> So sieht der Republikanismus des Studenten aus. Schämt euch, ihr Herren<lb/> vom Generalstab und vom Ministerium! Ihr seid doch mit dem Teufel du und<lb/> du und fürchtet euch vor der theatralisch aufflackernden Flamme der Jugend!</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 2. Ein Stück Hussitenthnm.</head><lb/> <p xml:id="ID_396"> Die Schaaren Ziska's tranken sich im Abendmahlwein einen mystischen Rausch<lb/> und wurden in dithyrambischer Lust des Gottes voll. Statt dem heidnischen Evan<lb/> Evoe riefen sie den Namen Christi an und erneuerten die Bacchanalien auf dem<lb/> spiritualistischen Boden des Christenthums. Noch immer lebt ihr wilder Zug in<lb/> dem lebendigen Andenken des Volkes.</p><lb/> <p xml:id="ID_397"> Der Freiheitsrausch übte eine ähnliche Wirkung aus. Da es hier das eigene<lb/> Blut war, welches flammend zu Kopfe stieg, so brauchte man sich nicht weiter<lb/> in dem Blute Christi zu berauschen. Ziska war wieder auferstanden von den<lb/> Todten, er stieg hinab in die innersten Tiefen des Volksgeistes und fand sein Ver¬<lb/> lornes Augenlicht wieder in den unstät glühenden Blicken der neuerwachten<lb/> Czechen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0127]
in Paris, mit den polnischen Emigranten, mit Tausenau und Bakunin. Aber
die unermüdliche Umsicht und Wachsamkeit der Prager Polizei hat diese schändli¬
chen Pläne vereitelt; KhevenlMer weiß alles und hat sämmtliche Papiere in seiner
Hand. Etwa 45 Verschworene, im Alter von 18—22 Jahren, winden im Ver¬
laufe der letzten Wochen zur Nachtzeit gefänglich eingezogen, die Häupter der
Verschwörung, Nittig und Ermcr schon früher als „des Hochverraths rechtlich
beanzeigt," steckbrieflich verfolgt und der letztere bereits in Ketten hier eingebracht.
Was sollte der Student wohl anderes sein, als Republikaner! Aber seine
Republik ist nicht die rothe und trägt nicht die Farbe der rücksichtslos-blutigen
That; sie ist vielmehr die unbegreifliche blaue Blume des Novalis, die er überall
sucht, und' nach der sich sein Herz träumend sehnt! Jetzt geht er in der Stube
grimmig auf und ab, seinen Don Karlos, den er auswendig lernt, in der Hand;
er stellt einen Stuhl in die Mitte des Zimmers, der den König Philipp vor¬
stellen soll und tritt als Marquis Posa ihm kühn mit den Worten entgegen: „Ich
kann nicht Fürstendiener sein!" Wenn wir aber in seiner Schublade nachsehen,
so finden wir darin „ein unterthänigstes Bittgesuch an das wohllöbliche Kriminal¬
gericht von Prag, worin der demuthsvoll Gefertigte das geziemende Ansuchen
stellt, man möge ihm mit Ende dieses den Antritt der Praxis gnädigst gestatten."
Er ist zwar Bürger einer Zeit, d:e erst kommen soll; da er aber sich selbst und
eine arme Mutter zu ernähren hat, so ist er bereit, in der Reihe die k. k. Prak¬
tikanten einzutreten.
So sieht der Republikanismus des Studenten aus. Schämt euch, ihr Herren
vom Generalstab und vom Ministerium! Ihr seid doch mit dem Teufel du und
du und fürchtet euch vor der theatralisch aufflackernden Flamme der Jugend!
2. Ein Stück Hussitenthnm.
Die Schaaren Ziska's tranken sich im Abendmahlwein einen mystischen Rausch
und wurden in dithyrambischer Lust des Gottes voll. Statt dem heidnischen Evan
Evoe riefen sie den Namen Christi an und erneuerten die Bacchanalien auf dem
spiritualistischen Boden des Christenthums. Noch immer lebt ihr wilder Zug in
dem lebendigen Andenken des Volkes.
Der Freiheitsrausch übte eine ähnliche Wirkung aus. Da es hier das eigene
Blut war, welches flammend zu Kopfe stieg, so brauchte man sich nicht weiter
in dem Blute Christi zu berauschen. Ziska war wieder auferstanden von den
Todten, er stieg hinab in die innersten Tiefen des Volksgeistes und fand sein Ver¬
lornes Augenlicht wieder in den unstät glühenden Blicken der neuerwachten
Czechen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |