Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.Tage b u es. i. Die Pariser Druckergesellen. Die hiesigen Drucker haben eine Verbindung unter sich eingegangen, um etwaige Es ist vorerst charakteristisch, daß die Druckergeselleu diese "Fragen" an den Tage b u es. i. Die Pariser Druckergesellen. Die hiesigen Drucker haben eine Verbindung unter sich eingegangen, um etwaige Es ist vorerst charakteristisch, daß die Druckergeselleu diese „Fragen" an den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0583" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184743"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Tage b u es.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> i.<lb/> Die Pariser Druckergesellen.</head><lb/> <p xml:id="ID_2099"> Die hiesigen Drucker haben eine Verbindung unter sich eingegangen, um etwaige<lb/> Zwiste unter den Druckcrcibcsitzcrn und ihren Arbeitern zu schlichten. Diese Gesell¬<lb/> schaft hat bis jetzt nur Gutes gestiftet. Es scheint aber fast, als ob in der letzten Zeit<lb/> die Meister sich größtentheils zurückgezogen und den Arbeitern das Feld geräumt hätten.<lb/> Das wurde dann die Ursache, daß die Regierung ihrerseits die Gesellschaft — in der<lb/> nnn die Proletarier ungefähr allein standen — mit einem gewissen Mißtrauen betrachtet.<lb/> Als daher vor ein paar Tagen die Jahresfeier der Stiftung dieser Gesellschaft statt¬<lb/> finden sollte, verweigerte die Präscctnr ihr die Erlaubniß, die sie ihr bis dahin stets<lb/> ohne Anstand gestattet hatte. Die Drucker versammelten sich dann in einem Privat¬<lb/> hause, wurden aber anch hier von der Polizei aufgesucht, und nicht ohne Brutalität<lb/> verhindert, ihr Fest zu feiern. Das gab zu einer Art offenen Brief von Seiten der<lb/> Arbeiter an den Polizei-Präfecten Veranlassung, und dieser Brief ist wieder ein Zeichen<lb/> der Zeit, ein Beweis, wie die Arbeiter über sich selbst und über die Gesellschaft, die<lb/> man mitunter das „officielle Frankreich" nennt, denken. Sie fragen in diesem Briefe;<lb/> 1) ist es erlaubt, daß ein Polizcicommissär einen Bürger festnehmen und seine Taschen<lb/> untersuchen ^dürfe, ohne einen Grund für diese Brutalität anzugeben? — 2) darf die<lb/> Polizei in ein Privateigenthum dringen, ohne Mandat des prucursur all roi? —<lb/> 3) Erlaubt das Gesetz Vereinigungen von Pairs, Deputirten, Wählern-und National-<lb/> garten, während es dieselben den Arbeitern verbietet?</p><lb/> <p xml:id="ID_2100" next="#ID_2101"> Es ist vorerst charakteristisch, daß die Druckergeselleu diese „Fragen" an den<lb/> Herrn Präfect stellen. Sie könnten sie eben so gut an den Mond richten. In Eng¬<lb/> land würden Arbeiter, die offenbar in ihren Bürgerrechten verletzt worden wären, die<lb/> obigen Fragen an einen Richter oder Gcsctzkuudigcn stellen, und je uach der Autwort<lb/> ganz ruhig den Polizeikommissär vor Gericht verfolgen. Dazu gehört freilich in Frank¬<lb/> reich die vorhergehende Erlaubniß des Staatsrathes, wenn die Klage gegen einen Be¬<lb/> amten gerichtet ist; aber wenn die Franzosen sich daran gewöhnten, so oft eine Rechts¬<lb/> verletzung von Beamten stattgefunden hat, die Anklage zu suchen, so würde dies sicher<lb/> bald genügen, um die Polizeigewalt in ihre gesetzlichen Schranken zurückzuweisen. Aber</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0583]
Tage b u es.
i.
Die Pariser Druckergesellen.
Die hiesigen Drucker haben eine Verbindung unter sich eingegangen, um etwaige
Zwiste unter den Druckcrcibcsitzcrn und ihren Arbeitern zu schlichten. Diese Gesell¬
schaft hat bis jetzt nur Gutes gestiftet. Es scheint aber fast, als ob in der letzten Zeit
die Meister sich größtentheils zurückgezogen und den Arbeitern das Feld geräumt hätten.
Das wurde dann die Ursache, daß die Regierung ihrerseits die Gesellschaft — in der
nnn die Proletarier ungefähr allein standen — mit einem gewissen Mißtrauen betrachtet.
Als daher vor ein paar Tagen die Jahresfeier der Stiftung dieser Gesellschaft statt¬
finden sollte, verweigerte die Präscctnr ihr die Erlaubniß, die sie ihr bis dahin stets
ohne Anstand gestattet hatte. Die Drucker versammelten sich dann in einem Privat¬
hause, wurden aber anch hier von der Polizei aufgesucht, und nicht ohne Brutalität
verhindert, ihr Fest zu feiern. Das gab zu einer Art offenen Brief von Seiten der
Arbeiter an den Polizei-Präfecten Veranlassung, und dieser Brief ist wieder ein Zeichen
der Zeit, ein Beweis, wie die Arbeiter über sich selbst und über die Gesellschaft, die
man mitunter das „officielle Frankreich" nennt, denken. Sie fragen in diesem Briefe;
1) ist es erlaubt, daß ein Polizcicommissär einen Bürger festnehmen und seine Taschen
untersuchen ^dürfe, ohne einen Grund für diese Brutalität anzugeben? — 2) darf die
Polizei in ein Privateigenthum dringen, ohne Mandat des prucursur all roi? —
3) Erlaubt das Gesetz Vereinigungen von Pairs, Deputirten, Wählern-und National-
garten, während es dieselben den Arbeitern verbietet?
Es ist vorerst charakteristisch, daß die Druckergeselleu diese „Fragen" an den
Herrn Präfect stellen. Sie könnten sie eben so gut an den Mond richten. In Eng¬
land würden Arbeiter, die offenbar in ihren Bürgerrechten verletzt worden wären, die
obigen Fragen an einen Richter oder Gcsctzkuudigcn stellen, und je uach der Autwort
ganz ruhig den Polizeikommissär vor Gericht verfolgen. Dazu gehört freilich in Frank¬
reich die vorhergehende Erlaubniß des Staatsrathes, wenn die Klage gegen einen Be¬
amten gerichtet ist; aber wenn die Franzosen sich daran gewöhnten, so oft eine Rechts¬
verletzung von Beamten stattgefunden hat, die Anklage zu suchen, so würde dies sicher
bald genügen, um die Polizeigewalt in ihre gesetzlichen Schranken zurückzuweisen. Aber
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |