Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.Nachdem Nott aus Berlin durch drei Wochen uns längst und beinahe zum Ueber- Wir wollen unserer Direction de Facto den guten Willen, an gutem Theater IV. 1. Religiöse Politik. -- Ferrara'S Räumung und d-is Verhalten Frankreichs. -- Die kaiserliche Crci-irkassc. -- Die Börsenkrisis. -- Graf Kvlvwrat. Die Politik ist hier in bürgerlichen Kreisen Mode geworden und wird sich nun Erenzbote". III. !"i7. 67
Nachdem Nott aus Berlin durch drei Wochen uns längst und beinahe zum Ueber- Wir wollen unserer Direction de Facto den guten Willen, an gutem Theater IV. 1. Religiöse Politik. — Ferrara'S Räumung und d-is Verhalten Frankreichs. — Die kaiserliche Crci-irkassc. — Die Börsenkrisis. — Graf Kvlvwrat. Die Politik ist hier in bürgerlichen Kreisen Mode geworden und wird sich nun Erenzbote». III. !»i7. 67
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Nachdem Nott aus Berlin durch drei Wochen uns längst und beinahe zum Ueber-
druß Gesehenes in zwölf Rollen produzirt hatte, kam Moritz an, dessen Erscheinen so
viele schöne Erinnerung an eine bessere Thcatcrzeit im Prager Publikum erweckte, in
dessen Mitte er so lange geweilt. Daß die Herren Stände ihm im Jahre 1845 die
Direction angeboten hatten, die er leider nicht hat übernehmen können, mag die Direc-
tion bewogen haben, Moritzen's Anwesenheit für gefährlich zu halten; man war bedacht,
seinein Gastspiel den Glanz möglichst zu nehmen, man ließ Beckmann, den Komiker,
und Madame Beckmann mit Moritz alternirend gastircn; heute „dreißig Minuten in
Grüncberg", morgen „Monäldeski" n. s. w. Moritz vermochte es nicht, sein Reper¬
toire durchzusetzen, -man verweigerte ihm die Proben, weil Beckmann's alberne Possen
studirt werden müßten.
Wir wollen unserer Direction de Facto den guten Willen, an gutem Theater
gutes Geld zu verdienen, nicht geradezu absprechen; zugegeben, das Wollen sei da,
immer vermissen wir schmerzlich das Können, die Kapacität; wir halten grundsätz¬
lich einen ehemaligen Sänger für ungeeignet, ein Theater, wie das unsere, würdig zu
leiten, denn unwillkürlich wird das Drama zum Stiefkind, dem man kümmerliche Brocken
hinwirft, während die Oper vrävälirt. Freilich möchte unsere Oper in ihrer Trostlosigkeit
das zu widerlegen scheinen, doch hat dies seinen guten Grund in dem systematischen, zugleich
selbstmörderischen Bemühen, Madame Hofmann, gegen die lautesten Protestationen des
Publikums, dennoch zum Mittelpunkte der Oper zu machen; in kurzem müssen die we¬
nigen Stimmrcste dem Zähne der Zeit unterliegen, dann hört der Kampf mit dem er¬
bitterten Publikum wohl von selber auf. Doch steht uns noch ein böser Thcaterwinter
bevor, Madame Hofmann drohet uns mit Rückkehr aus dem Seebade; Herr Rott-
meyer drohet uns mit sehr vielen Rollen; eine Tänzerin läßt die Direction, ans Grün¬
den, die wir gerne nicht wissen möchten, zur Schauspielerin abrichten; eine Sängerin
wird im Konservatorium gedrillt, um uns ganz frisch aus der Pfanne vorgesetzt zu
werden; der Balletmeister, der Chef des momios piilisirs setzt Ballete in Scene, die
voraussichtlich ausgezischt werden, wie ihre ledernermüdcnden Vorgänger; wir fürchten
uns ernstlich vor der grausigen Winterkälte im Theater, deren Luftheizung so wenig
zur Erwärmung beiträgt.
IV.
1.
Religiöse Politik. — Ferrara'S Räumung und d-is Verhalten Frankreichs. — Die kaiserliche Crci-irkassc. —
Die Börsenkrisis. — Graf Kvlvwrat.
Die Politik ist hier in bürgerlichen Kreisen Mode geworden und wird sich nun
erhalten wie die Pantalons, die Glacechandschuhe und die Seidenhüte. Das Ge¬
spräch über Strauß, Oper und Theater ist dnrch die allgemeine und lebhafte Theil¬
nahme an den italienischen Vorgängen verdrängt. Staatsphilosophen und Diplomaten
sind aus dem für diese exotischen Pflanzen bisher unfruchtbaren Boden über Nacht wie
die Pilze aufgeschossen. Man muß nicht glauben, daß das hohe Gefühl der Berechti¬
gung je nach Kraft und Kapacität mit einzugreifen in die Räder der Staatsmaschine,
Erenzbote». III. !»i7. 67
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