Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.Königsberg nud feine Männer. Die Stadt "der reinen Vernunft" spielt in der neuen Bewegung theils wirk¬ ^ .I"vo iniliiim, sagt der Lateiner; wir wollen in der Darstellung unserer Königsberg nud feine Männer. Die Stadt „der reinen Vernunft" spielt in der neuen Bewegung theils wirk¬ ^ .I»vo iniliiim, sagt der Lateiner; wir wollen in der Darstellung unserer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0022" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184786"/> </div> <div n="1"> <head> Königsberg nud feine Männer.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_65"> Die Stadt „der reinen Vernunft" spielt in der neuen Bewegung theils wirk¬<lb/> lich, theils wenigstens dem Rufe nach eine zu bedeutende Rolle, als daß es nicht<lb/> Ihre Leser interessiren sollte, einmal etwas über die Persönlichkeiten zu erfahren,<lb/> die theils durch ihre äußerliche Stellung, theils durch ihre innere Bedeutung bei<lb/> diesen Bewegungen in den Vordergrund getreten sind. Königsberg ist uoch immer<lb/> in dein Nachtheil, die Bewegung der Geschichte, die doch vorzugsweise im Westen<lb/> spielt, erst durch die dritte, vierte Hand zu empfangen; und was in deu andern<lb/> Gegenden Deutschlands lebendige Theilnahme ist, kaun hier oft genug nur in<lb/> der Form der Tradition erscheinen. Aber häufig wird ebeu durch die Tradition<lb/> in eine Sache ein Pathos gelegt, das ursprünglich nicht darin war, und so ge¬<lb/> schieht es denn auch, daß wir aus der Ferne das Vereinzelte, Zerstreute und<lb/> Zufällige in den Tendenzen der Freiheit zu einem Gesammtbilde undichten, wir<lb/> sehen das successive auf einmal, und so wird unsere eigene Theilnahme concen-<lb/> trirter und intensiver.</p><lb/> <p xml:id="ID_66" next="#ID_67"> ^ .I»vo iniliiim, sagt der Lateiner; wir wollen in der Darstellung unserer<lb/> geistigen Umgestaltung mit der Theologie beginnen. Wer sich aufmerksam mit der<lb/> Geschichte der deutscheu Literatur beschäftigt hat, wird in den ostpreußischen Schrift-<lb/> stellern, wenigstens in einem großen Theile derselben, einen ganz eigenthümlichen<lb/> Charakter gefunden haben, nämlich eine seltsame Mischung von scharfer, zersetzen¬<lb/> der, sarkastischer Kritik, mit einem raffinirten Gemüthsleben. Es sind namentlich<lb/> die religiösen Gefühle, in denen man es bei uns zu einer gewissen Virtuosität<lb/> gebracht hat, weil in ihnen die Subjectivität am freisten all' ihre Schlupfwinkel<lb/> und Verstecke hervorkehren kann. Mau erinnere sich namentlich an Haman, deu<lb/> Magus des Nordens, wie er zu seiner Zeit genannt wurde, der in seinem sin-<lb/> gulären und allgemeinen menschlichen Sündenbewußtsein so lauge herumwühlte,<lb/> bis es ihm selbst uicht mehr geheuer darin war, und das weniger mit der Glut<lb/> einer ursprünglichen Phantasie, als mit dem ätzenden Calcul der Reflexiv».<lb/> Man denke an Hip-pel, der mit seinem trockenen Herzen der religiösen Inbrunst<lb/> bis in die Speisekammer seiner frommen Mutter nachging, die ihren Heiligen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
Königsberg nud feine Männer.
Die Stadt „der reinen Vernunft" spielt in der neuen Bewegung theils wirk¬
lich, theils wenigstens dem Rufe nach eine zu bedeutende Rolle, als daß es nicht
Ihre Leser interessiren sollte, einmal etwas über die Persönlichkeiten zu erfahren,
die theils durch ihre äußerliche Stellung, theils durch ihre innere Bedeutung bei
diesen Bewegungen in den Vordergrund getreten sind. Königsberg ist uoch immer
in dein Nachtheil, die Bewegung der Geschichte, die doch vorzugsweise im Westen
spielt, erst durch die dritte, vierte Hand zu empfangen; und was in deu andern
Gegenden Deutschlands lebendige Theilnahme ist, kaun hier oft genug nur in
der Form der Tradition erscheinen. Aber häufig wird ebeu durch die Tradition
in eine Sache ein Pathos gelegt, das ursprünglich nicht darin war, und so ge¬
schieht es denn auch, daß wir aus der Ferne das Vereinzelte, Zerstreute und
Zufällige in den Tendenzen der Freiheit zu einem Gesammtbilde undichten, wir
sehen das successive auf einmal, und so wird unsere eigene Theilnahme concen-
trirter und intensiver.
^ .I»vo iniliiim, sagt der Lateiner; wir wollen in der Darstellung unserer
geistigen Umgestaltung mit der Theologie beginnen. Wer sich aufmerksam mit der
Geschichte der deutscheu Literatur beschäftigt hat, wird in den ostpreußischen Schrift-
stellern, wenigstens in einem großen Theile derselben, einen ganz eigenthümlichen
Charakter gefunden haben, nämlich eine seltsame Mischung von scharfer, zersetzen¬
der, sarkastischer Kritik, mit einem raffinirten Gemüthsleben. Es sind namentlich
die religiösen Gefühle, in denen man es bei uns zu einer gewissen Virtuosität
gebracht hat, weil in ihnen die Subjectivität am freisten all' ihre Schlupfwinkel
und Verstecke hervorkehren kann. Mau erinnere sich namentlich an Haman, deu
Magus des Nordens, wie er zu seiner Zeit genannt wurde, der in seinem sin-
gulären und allgemeinen menschlichen Sündenbewußtsein so lauge herumwühlte,
bis es ihm selbst uicht mehr geheuer darin war, und das weniger mit der Glut
einer ursprünglichen Phantasie, als mit dem ätzenden Calcul der Reflexiv».
Man denke an Hip-pel, der mit seinem trockenen Herzen der religiösen Inbrunst
bis in die Speisekammer seiner frommen Mutter nachging, die ihren Heiligen
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