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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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und Don Philipp als Herrn Rottmeyer, und Sie haben ein ohngefähres
Bild der Qualen, welche Herr Rottmeyer uns bereitet.

Herr Rottmeyer auf der Scene ist schrecklich, hinter der Scene un-
sichtbar als Commandant der Eomvarsen wirkend, ganz !tiini"ti"z, wenn
auch nicht diesen selbst; drum wünschen wir, Herr Rottmeyer möge stets
im lieblichen Gewände der Unsichtbarkeit gekleidet bleiben.

Die Direktion beginnt des Publicums Urtheil und Wünsche zu be¬
herzigen. Schon wird mehrern jenen zusammengerafften Dorfhistrionen
gekündet, der eckige Herr Paetsch ist in, Abgehen, Tüchtiges wird ge¬
wonnen, die übernommenen Mitglieder, offenbar die besten, werden wie¬
der beschäftigt, das Publicum findet sich allmälig wieder ein, das "Rus-
senthum" beginnt sich zu acclimatisircn, und läßt die Krücke ruhen, die
Intendanz wie die gedruckte Kritik hat sich selber wieder gefunden seit
einiger Zeit. Es ist immerhin eine gute Sache um "nressurv k>c>in
ol'ittiout"^ ihr widersteht endlich doch nichts, nur Geduld muß man ha¬
ben, viel Geduld! Zum Glück ist dies eben ein Artikel, an dem wir
Ueberfluß haben, wir könnten bedeutendes Exportgeschäft damit treiben.


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IV.
Aus Berlin.

Meyerbeer. -- Schüchterne Dingenten. -- Die Garcia und die italienischeOpcr.>-<
Zeitungshalle. -- Ulrich.

Wir haben mit den Meistern der Tonkunst entschieden Unglück.
In den letzten sechs Jahren ist seit Spontini und Felir Mendelssohn,
Meyerbeer nun schon der Dritte, dessen musikalischen Genie die Ber¬
liner Atmosphäre nicht zusagt. Wenn ich Ihnen aus sicherer Quelle
Melden kann, beabsichtigt nämlich Letzterer seinen hiesigen Wohnort aus¬
zugeben und sich mit seiner Familie nach W im überzusiedeln.(?) Welche
Ursachen zu diesem Entschlüsse hingewirkt haben, ob sie in der Vergan¬
genheit oder in der Zukunft liegen, kann ich Ihnen nicht mittheilen.
Wenn wir gewisse Reibungen zwischen den Oberhäuptern unseres The-
aterinstitutS mit Stillschweigen übergehen, kann es doch auch in rein
künstlerischer Hinsicht einem Componisten wie Meyerbeer nicht verarge
werden, wenn er für seine nun schon so lange im Pulte ruhenden Werke:
der Prophet und die Afrikanerin, endlich eine Bühne zu finden
trachtet, die nicht durch ein mangelhaftes und ungenügendes Personal
den Erfolg so gigantischer Werke auf's Spiel setzt. Weder in Paris
noch in Berlin aber sind, nach Meyerbeer's Zurückhaltung mit den be¬
wußten beiden Partituren zu urtheilen, bis jetzt die Kräfte der Opern¬
personale für seine Intentionen hinreichend gewesen. Das kunstsinnige Publi¬
cum verliert übrigens durch den Abgang Meyerbeer's weniger, als durch
die frühern Verluste Spontini's und Mendelssohn's. Namentlich zeich¬
nete sich dieser durch sein feuriges und hohes Bestreben aus, die Leistun¬
gen der königlichen Kapelle und Singakademie auf den Gipfelpunkt zu
bringen, der durch den inneren Gehalt dieser beiden Institute möglich ge-


und Don Philipp als Herrn Rottmeyer, und Sie haben ein ohngefähres
Bild der Qualen, welche Herr Rottmeyer uns bereitet.

Herr Rottmeyer auf der Scene ist schrecklich, hinter der Scene un-
sichtbar als Commandant der Eomvarsen wirkend, ganz !tiini»ti«z, wenn
auch nicht diesen selbst; drum wünschen wir, Herr Rottmeyer möge stets
im lieblichen Gewände der Unsichtbarkeit gekleidet bleiben.

Die Direktion beginnt des Publicums Urtheil und Wünsche zu be¬
herzigen. Schon wird mehrern jenen zusammengerafften Dorfhistrionen
gekündet, der eckige Herr Paetsch ist in, Abgehen, Tüchtiges wird ge¬
wonnen, die übernommenen Mitglieder, offenbar die besten, werden wie¬
der beschäftigt, das Publicum findet sich allmälig wieder ein, das „Rus-
senthum" beginnt sich zu acclimatisircn, und läßt die Krücke ruhen, die
Intendanz wie die gedruckte Kritik hat sich selber wieder gefunden seit
einiger Zeit. Es ist immerhin eine gute Sache um „nressurv k>c>in
ol'ittiout"^ ihr widersteht endlich doch nichts, nur Geduld muß man ha¬
ben, viel Geduld! Zum Glück ist dies eben ein Artikel, an dem wir
Ueberfluß haben, wir könnten bedeutendes Exportgeschäft damit treiben.


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IV.
Aus Berlin.

Meyerbeer. — Schüchterne Dingenten. — Die Garcia und die italienischeOpcr.>-<
Zeitungshalle. — Ulrich.

Wir haben mit den Meistern der Tonkunst entschieden Unglück.
In den letzten sechs Jahren ist seit Spontini und Felir Mendelssohn,
Meyerbeer nun schon der Dritte, dessen musikalischen Genie die Ber¬
liner Atmosphäre nicht zusagt. Wenn ich Ihnen aus sicherer Quelle
Melden kann, beabsichtigt nämlich Letzterer seinen hiesigen Wohnort aus¬
zugeben und sich mit seiner Familie nach W im überzusiedeln.(?) Welche
Ursachen zu diesem Entschlüsse hingewirkt haben, ob sie in der Vergan¬
genheit oder in der Zukunft liegen, kann ich Ihnen nicht mittheilen.
Wenn wir gewisse Reibungen zwischen den Oberhäuptern unseres The-
aterinstitutS mit Stillschweigen übergehen, kann es doch auch in rein
künstlerischer Hinsicht einem Componisten wie Meyerbeer nicht verarge
werden, wenn er für seine nun schon so lange im Pulte ruhenden Werke:
der Prophet und die Afrikanerin, endlich eine Bühne zu finden
trachtet, die nicht durch ein mangelhaftes und ungenügendes Personal
den Erfolg so gigantischer Werke auf's Spiel setzt. Weder in Paris
noch in Berlin aber sind, nach Meyerbeer's Zurückhaltung mit den be¬
wußten beiden Partituren zu urtheilen, bis jetzt die Kräfte der Opern¬
personale für seine Intentionen hinreichend gewesen. Das kunstsinnige Publi¬
cum verliert übrigens durch den Abgang Meyerbeer's weniger, als durch
die frühern Verluste Spontini's und Mendelssohn's. Namentlich zeich¬
nete sich dieser durch sein feuriges und hohes Bestreben aus, die Leistun¬
gen der königlichen Kapelle und Singakademie auf den Gipfelpunkt zu
bringen, der durch den inneren Gehalt dieser beiden Institute möglich ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/83>, abgerufen am 23.07.2024.