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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Die zweite Stände - Kammer
im Großherzogthum Hessen.



Die Berathungen der zweiten Ständekammer Hessen-Darmstadts
hinsichtlich des ihr vorgelegten Gesetzentwurfs, haben die Augen von
ganz Deutschland wieder auf dieselbe gelenkt. Seit dem siebenten
Landtage von 183" sind in dieser Kammer nicht mehr solche Fragen
von allgemeinem deutschen Interesse behandelt worden, wie diesmal.
Seit dein fünften Landtage 1832 hat in dem Lande nicht die Aufre¬
gung der Gemüther geherrscht, wie sie sich jetzt, vorzugsweise in der
Provinz Rheinhessen, an deren liebsten Institutionen der neue Gesetz¬
entwurf rüttelt und sägt, nicht minder aber auch in den aufgeklärten
Kreisen der alten Provinzen Oberhessen und Starkenburg, kund gibt.

Der jetzige zehnte Landtag war vertagt worden, bis die Prüfung
der fertigen Gesetzentwürfe durch die Ausschüsse der Kammern vollen¬
det sei. Als dies geschehen war und nun das Personenrecht, das Po¬
lizeistrafgesetz, sowie das Einführungsgesetz des neuen Civilgesetzbuches
den Kammer" behufs der Discussion vorgelegt werden konnten, wurde
der Landtag wieder einberufen. Nur wenige neue Wahlen hatten vor¬
genommen werden müssen, somit behielt die zweite Kammer der Stände
ganz die alte Färbung, welche sie seit dem achten Landtage von 1838
nicht mehr vertauschen mochte oder konnte. Diese Färbung ist eine
entschieden ministerielle, loyal devote, und wird bedingt einestheils durch
die eigenthümlichen Verhältnisse des Hess. - darmstädtischen Wahlcensus,
andererseits durch die consequenten Maximen der Staatsregierung.

Die erste Kammer besteht aus den Prinzen des großherzogli-
chen Hauses, deu Standesherren, dem Senior des von Riedesel'--
schen Hauses, dem katholischen Landesbischof, dem Protestantischen
Prälaten, dem Kanzler der Landesuniversität, und den von, Groß-


Die zweite Stände - Kammer
im Großherzogthum Hessen.



Die Berathungen der zweiten Ständekammer Hessen-Darmstadts
hinsichtlich des ihr vorgelegten Gesetzentwurfs, haben die Augen von
ganz Deutschland wieder auf dieselbe gelenkt. Seit dem siebenten
Landtage von 183» sind in dieser Kammer nicht mehr solche Fragen
von allgemeinem deutschen Interesse behandelt worden, wie diesmal.
Seit dein fünften Landtage 1832 hat in dem Lande nicht die Aufre¬
gung der Gemüther geherrscht, wie sie sich jetzt, vorzugsweise in der
Provinz Rheinhessen, an deren liebsten Institutionen der neue Gesetz¬
entwurf rüttelt und sägt, nicht minder aber auch in den aufgeklärten
Kreisen der alten Provinzen Oberhessen und Starkenburg, kund gibt.

Der jetzige zehnte Landtag war vertagt worden, bis die Prüfung
der fertigen Gesetzentwürfe durch die Ausschüsse der Kammern vollen¬
det sei. Als dies geschehen war und nun das Personenrecht, das Po¬
lizeistrafgesetz, sowie das Einführungsgesetz des neuen Civilgesetzbuches
den Kammer» behufs der Discussion vorgelegt werden konnten, wurde
der Landtag wieder einberufen. Nur wenige neue Wahlen hatten vor¬
genommen werden müssen, somit behielt die zweite Kammer der Stände
ganz die alte Färbung, welche sie seit dem achten Landtage von 1838
nicht mehr vertauschen mochte oder konnte. Diese Färbung ist eine
entschieden ministerielle, loyal devote, und wird bedingt einestheils durch
die eigenthümlichen Verhältnisse des Hess. - darmstädtischen Wahlcensus,
andererseits durch die consequenten Maximen der Staatsregierung.

Die erste Kammer besteht aus den Prinzen des großherzogli-
chen Hauses, deu Standesherren, dem Senior des von Riedesel'--
schen Hauses, dem katholischen Landesbischof, dem Protestantischen
Prälaten, dem Kanzler der Landesuniversität, und den von, Groß-


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[0497] Die zweite Stände - Kammer im Großherzogthum Hessen. Die Berathungen der zweiten Ständekammer Hessen-Darmstadts hinsichtlich des ihr vorgelegten Gesetzentwurfs, haben die Augen von ganz Deutschland wieder auf dieselbe gelenkt. Seit dem siebenten Landtage von 183» sind in dieser Kammer nicht mehr solche Fragen von allgemeinem deutschen Interesse behandelt worden, wie diesmal. Seit dein fünften Landtage 1832 hat in dem Lande nicht die Aufre¬ gung der Gemüther geherrscht, wie sie sich jetzt, vorzugsweise in der Provinz Rheinhessen, an deren liebsten Institutionen der neue Gesetz¬ entwurf rüttelt und sägt, nicht minder aber auch in den aufgeklärten Kreisen der alten Provinzen Oberhessen und Starkenburg, kund gibt. Der jetzige zehnte Landtag war vertagt worden, bis die Prüfung der fertigen Gesetzentwürfe durch die Ausschüsse der Kammern vollen¬ det sei. Als dies geschehen war und nun das Personenrecht, das Po¬ lizeistrafgesetz, sowie das Einführungsgesetz des neuen Civilgesetzbuches den Kammer» behufs der Discussion vorgelegt werden konnten, wurde der Landtag wieder einberufen. Nur wenige neue Wahlen hatten vor¬ genommen werden müssen, somit behielt die zweite Kammer der Stände ganz die alte Färbung, welche sie seit dem achten Landtage von 1838 nicht mehr vertauschen mochte oder konnte. Diese Färbung ist eine entschieden ministerielle, loyal devote, und wird bedingt einestheils durch die eigenthümlichen Verhältnisse des Hess. - darmstädtischen Wahlcensus, andererseits durch die consequenten Maximen der Staatsregierung. Die erste Kammer besteht aus den Prinzen des großherzogli- chen Hauses, deu Standesherren, dem Senior des von Riedesel'-- schen Hauses, dem katholischen Landesbischof, dem Protestantischen Prälaten, dem Kanzler der Landesuniversität, und den von, Groß-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/497>, abgerufen am 05.12.2024.