Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.dem Scheiterhaufen stand, erpreßte ihm der erste Schmerz den Ausruf: Der treffliche Bau des Stücks, die Sccnenfügung kann uns über Wie es im Publicum verlautet, ist wenig Hoffnung vorhanden, daß I!. Aus Wie". I. Der Studentenaustauf. -- Ein Greis. -- Studenten und Professoren. -- Hono¬ rar-System an den deutschen und an den österreichischen Universitäten. -- Privat- docenten. -- Neuer Studienplan. -- Oeffentlichkeitswünsche. Eine Kundmachung des Consistoriums in den Hallen der hiesigen dem Scheiterhaufen stand, erpreßte ihm der erste Schmerz den Ausruf: Der treffliche Bau des Stücks, die Sccnenfügung kann uns über Wie es im Publicum verlautet, ist wenig Hoffnung vorhanden, daß I!. Aus Wie«. I. Der Studentenaustauf. — Ein Greis. — Studenten und Professoren. — Hono¬ rar-System an den deutschen und an den österreichischen Universitäten. — Privat- docenten. — Neuer Studienplan. — Oeffentlichkeitswünsche. Eine Kundmachung des Consistoriums in den Hallen der hiesigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184066"/> <p xml:id="ID_1373" prev="#ID_1372"> dem Scheiterhaufen stand, erpreßte ihm der erste Schmerz den Ausruf:<lb/> mi !)on»! Ha, sagten die Pfaffen, hört! er widerruft. Er aber<lb/> zuckte die Achseln und sprach: I^lxznumii i'-leite. — So kehrt sich denn<lb/> nach Acosta's Widerruf im vierten 'Acte das Interesse vom Helden ab,<lb/> er ist nicht mehr werth Träger der großen Befreiungsidee zu sein; wenn<lb/> er im letzten Acte seinem Leben mit der Kugel ein Ende macht, fühlen<lb/> wir uns nicht, wie es die Absicht des Verfassers war, von der Größe<lb/> der Idee gehoben, der Verrath an der Wahrheit war zu dauernd, zu<lb/> ungeheuer, wir sind erkaltet, ja erniedrigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1374"> Der treffliche Bau des Stücks, die Sccnenfügung kann uns über<lb/> so viel Gewaltsames nicht hinausbringen. Unbegreiflich bleibt es, wie<lb/> der Acosta, der sich beim Anfang des Stücks so leicht von seiner Judith<lb/> trennen konnte, ihr später den Kern seines Wesens, seine heilige Wahr¬<lb/> heit zum Opfer bringen kann. Wir sehen die Handlung äußerlich fort¬<lb/> schreiten, sehen eine Kette von Wirkungen, neu, überraschend, blendend,<lb/> mit allen bengalischen Feuerwerken der Poesie beleuchtet, — aber Ursprüng¬<lb/> lichkeit, das Menschenherz aufgeblättert bis in seine tiefsten Tiefen —<lb/> wie selten!</p><lb/> <p xml:id="ID_1375"> Wie es im Publicum verlautet, ist wenig Hoffnung vorhanden, daß<lb/> wir den Acosta noch einmal zu sehen bekommen. Er soll höchsten Orts<lb/> bedeutendes Mißfallen erregt haben. Die guten Dresdner erzählen sich<lb/> besorgt, daß eine hohe Dame zu mehrern Malen unwillig mit dem Stuhle<lb/> gerückt habe. Ich weiß nicht, ob dies in einem konstitutionellen Staate<lb/> genügt, daß der -Minister das Stück verbietet.</p><lb/> <note type="byline"/><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head> I!.<lb/> Aus Wie«.</head><lb/> <div n="3"> <head> I.</head><lb/> <note type="argument"> Der Studentenaustauf. — Ein Greis. — Studenten und Professoren. — Hono¬<lb/> rar-System an den deutschen und an den österreichischen Universitäten. — Privat-<lb/> docenten. — Neuer Studienplan. — Oeffentlichkeitswünsche.</note><lb/> <p xml:id="ID_1376" next="#ID_1377"> Eine Kundmachung des Consistoriums in den Hallen der hiesigen<lb/> Universität spricht von „bedauerlichen Störungen der öffentlichen Ruhe",<lb/> „von leidenschaftlichen Gemüthern der Jugend" und von der Hoffnung,<lb/> daß der „gute Geist und die charaktervolle Gesinnung der Akademiker<lb/> fortan wieder ihren alten Ruf bewerben werden." Eine solche in diesem<lb/> Jahrhunderte noch nicht vorgekommene Apostrophe an die Studenten<lb/> Wiens hat in folgendem Factum seinen Grund: Der Religions-Professor<lb/> Richter, der zum Pfarrer befördert wurde und von seinen Hörern im Hör-<lb/> säle Abschied nahm, erhielt einen tumultuarischen Gegengruß, bei dem<lb/> schwer zu erkennen war, ob er ironisch oder naiv gemeint sei, gewiß aber<lb/> ist es, daß die Freude über den Abschied des eben nicht beliebten Lehrers<lb/> vorschmeckte. Dieser Unbeliebtheit verfallen eigentlich die meisten Lehrer</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
dem Scheiterhaufen stand, erpreßte ihm der erste Schmerz den Ausruf:
mi !)on»! Ha, sagten die Pfaffen, hört! er widerruft. Er aber
zuckte die Achseln und sprach: I^lxznumii i'-leite. — So kehrt sich denn
nach Acosta's Widerruf im vierten 'Acte das Interesse vom Helden ab,
er ist nicht mehr werth Träger der großen Befreiungsidee zu sein; wenn
er im letzten Acte seinem Leben mit der Kugel ein Ende macht, fühlen
wir uns nicht, wie es die Absicht des Verfassers war, von der Größe
der Idee gehoben, der Verrath an der Wahrheit war zu dauernd, zu
ungeheuer, wir sind erkaltet, ja erniedrigt.
Der treffliche Bau des Stücks, die Sccnenfügung kann uns über
so viel Gewaltsames nicht hinausbringen. Unbegreiflich bleibt es, wie
der Acosta, der sich beim Anfang des Stücks so leicht von seiner Judith
trennen konnte, ihr später den Kern seines Wesens, seine heilige Wahr¬
heit zum Opfer bringen kann. Wir sehen die Handlung äußerlich fort¬
schreiten, sehen eine Kette von Wirkungen, neu, überraschend, blendend,
mit allen bengalischen Feuerwerken der Poesie beleuchtet, — aber Ursprüng¬
lichkeit, das Menschenherz aufgeblättert bis in seine tiefsten Tiefen —
wie selten!
Wie es im Publicum verlautet, ist wenig Hoffnung vorhanden, daß
wir den Acosta noch einmal zu sehen bekommen. Er soll höchsten Orts
bedeutendes Mißfallen erregt haben. Die guten Dresdner erzählen sich
besorgt, daß eine hohe Dame zu mehrern Malen unwillig mit dem Stuhle
gerückt habe. Ich weiß nicht, ob dies in einem konstitutionellen Staate
genügt, daß der -Minister das Stück verbietet.
I!.
Aus Wie«.
I.
Der Studentenaustauf. — Ein Greis. — Studenten und Professoren. — Hono¬
rar-System an den deutschen und an den österreichischen Universitäten. — Privat-
docenten. — Neuer Studienplan. — Oeffentlichkeitswünsche.
Eine Kundmachung des Consistoriums in den Hallen der hiesigen
Universität spricht von „bedauerlichen Störungen der öffentlichen Ruhe",
„von leidenschaftlichen Gemüthern der Jugend" und von der Hoffnung,
daß der „gute Geist und die charaktervolle Gesinnung der Akademiker
fortan wieder ihren alten Ruf bewerben werden." Eine solche in diesem
Jahrhunderte noch nicht vorgekommene Apostrophe an die Studenten
Wiens hat in folgendem Factum seinen Grund: Der Religions-Professor
Richter, der zum Pfarrer befördert wurde und von seinen Hörern im Hör-
säle Abschied nahm, erhielt einen tumultuarischen Gegengruß, bei dem
schwer zu erkennen war, ob er ironisch oder naiv gemeint sei, gewiß aber
ist es, daß die Freude über den Abschied des eben nicht beliebten Lehrers
vorschmeckte. Dieser Unbeliebtheit verfallen eigentlich die meisten Lehrer
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