Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.Schlosser über Napoleon von 1798--1806. In der tiefen Bewegung, welche uns bei der Durchlesung des so Es ist grade in dem gegenwärtigen Augenblicke doppelt lehrreich, Schlosser über Napoleon von 1798—1806. In der tiefen Bewegung, welche uns bei der Durchlesung des so Es ist grade in dem gegenwärtigen Augenblicke doppelt lehrreich, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0386" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183968"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Schlosser über Napoleon von 1798—1806.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1148"> In der tiefen Bewegung, welche uns bei der Durchlesung des so<lb/> eben erschienenen sechsten Bandes von Schlossers „Geschichte des acht¬<lb/> zehnten und der sünzehn ersten Jahre des neunzehnten Jahrhunderts"<lb/> ergreift, ist bei all' dem niederschlagenden, welches die Darstellung die¬<lb/> ser Zeit (von »797—1806) besonders für den deutschen Patrioten bie¬<lb/> tet, doch ein tröstlicher Gedanke vorherrschend. Es ist die befriedigende<lb/> Einsicht, daß das ganze, seiner Zeit so geheim gehaltene und so fein<lb/> gesponnene Gewebe politischer Erbärmlichkeit und armseliger Nichts¬<lb/> würdigkeit, dem unser arMes Vaterland in jenen unheilvollen Jahren<lb/> seine tiefste Erniedrigung verdankt, doch endlich vor dem Weltgerichte<lb/> der Historie in sonnenheller Klarheit erscheinen ausi.</p><lb/> <p xml:id="ID_1149" next="#ID_1150"> Es ist grade in dem gegenwärtigen Augenblicke doppelt lehrreich,<lb/> der deutschen Menschheit zu zeigen, was aus einer Nation wird, wenn<lb/> die allgemeine Schlaffheit, Feigheit und Verknechtung stumpfsinnig die<lb/> Ehre und das Heil des Vaterlandes fremder Anmaßung gegenüber<lb/> allein einigen wenigen Einzelnen überläßt. Denjenigen „Halben und<lb/> Father", welche uns jetzt noch der dänischen Anmaßung gegenüber fra¬<lb/> gen, waS denn diese Petitionen und Adressen eigentlich sagen wollen,<lb/> ihnen muß man diesen Band der Schlosser'schen Geschichte vorlegen.<lb/> Er wird ihnen eine Antwort ertheilen, vor der ihnen die Haare zu<lb/> Berge stehen. Aus ihm werden sie erkennen, wie viel historische Schmach,<lb/> welches unermeßliche Elend und welche Ströme von Blut dem deut¬<lb/> schen Vaterlande erspart worden wären, wenn vor einigen vierzig Jah¬<lb/> ren dieselbe Gesinnung, dasselbe Gemeingefühl die deutsche Menschheit<lb/> erfüllt hätten, über welches jetzt diese Unverbesserlichen, die Alles ver¬<lb/> gessen und nichts gelernt zu haben scheinen, vornehm die Nase rümpfen.<lb/> Wären die Deutschen nicht damals, wie Schlosser sagt, „seit Jahr-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0386]
Schlosser über Napoleon von 1798—1806.
In der tiefen Bewegung, welche uns bei der Durchlesung des so
eben erschienenen sechsten Bandes von Schlossers „Geschichte des acht¬
zehnten und der sünzehn ersten Jahre des neunzehnten Jahrhunderts"
ergreift, ist bei all' dem niederschlagenden, welches die Darstellung die¬
ser Zeit (von »797—1806) besonders für den deutschen Patrioten bie¬
tet, doch ein tröstlicher Gedanke vorherrschend. Es ist die befriedigende
Einsicht, daß das ganze, seiner Zeit so geheim gehaltene und so fein
gesponnene Gewebe politischer Erbärmlichkeit und armseliger Nichts¬
würdigkeit, dem unser arMes Vaterland in jenen unheilvollen Jahren
seine tiefste Erniedrigung verdankt, doch endlich vor dem Weltgerichte
der Historie in sonnenheller Klarheit erscheinen ausi.
Es ist grade in dem gegenwärtigen Augenblicke doppelt lehrreich,
der deutschen Menschheit zu zeigen, was aus einer Nation wird, wenn
die allgemeine Schlaffheit, Feigheit und Verknechtung stumpfsinnig die
Ehre und das Heil des Vaterlandes fremder Anmaßung gegenüber
allein einigen wenigen Einzelnen überläßt. Denjenigen „Halben und
Father", welche uns jetzt noch der dänischen Anmaßung gegenüber fra¬
gen, waS denn diese Petitionen und Adressen eigentlich sagen wollen,
ihnen muß man diesen Band der Schlosser'schen Geschichte vorlegen.
Er wird ihnen eine Antwort ertheilen, vor der ihnen die Haare zu
Berge stehen. Aus ihm werden sie erkennen, wie viel historische Schmach,
welches unermeßliche Elend und welche Ströme von Blut dem deut¬
schen Vaterlande erspart worden wären, wenn vor einigen vierzig Jah¬
ren dieselbe Gesinnung, dasselbe Gemeingefühl die deutsche Menschheit
erfüllt hätten, über welches jetzt diese Unverbesserlichen, die Alles ver¬
gessen und nichts gelernt zu haben scheinen, vornehm die Nase rümpfen.
Wären die Deutschen nicht damals, wie Schlosser sagt, „seit Jahr-
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