Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.ses, schrillendes Pfeifen kam ein Reitknecht mit zwei Pferden um die Durch diesen Vorfall wundersam erregt und neugierig gemacht, Wenig belehrt von diesen Notizen, sann ich der seltsamen Erschei¬ !l"<A'let'i4 ' Eine Woche später hatte mich mein Freund, der Pfarrer von ses, schrillendes Pfeifen kam ein Reitknecht mit zwei Pferden um die Durch diesen Vorfall wundersam erregt und neugierig gemacht, Wenig belehrt von diesen Notizen, sann ich der seltsamen Erschei¬ !l»<A'let'i4 ' Eine Woche später hatte mich mein Freund, der Pfarrer von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183948"/> <p xml:id="ID_1100" prev="#ID_1099"> ses, schrillendes Pfeifen kam ein Reitknecht mit zwei Pferden um die<lb/> Eckr, Herr und Diener saßen auf und waren bald im Galopp in dem<lb/> Dunkel des breiten Platzes verschwunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1101"> Durch diesen Vorfall wundersam erregt und neugierig gemacht,<lb/> erkundigte ich mich vor allen Dingen bei dem Kellner nach dem son¬<lb/> derbaren Fremdling. Er sei ein englischer Arzt, hieß es, der seit dem<lb/> Frühjahr erst im Theater bemerkt werde, er komme pünktlich um acht<lb/> und behaupte bis zehn Uhr seinen Platz auf dem Balkone. Diese Be¬<lb/> suche hätten jedoch anfangs eine Unterbrechung von mehrern Wochen,<lb/> später von vierzehn Tagen und «och "kürzern Zeit erlitten, eS sei aber<lb/> uoch nicht vorgekommen, daß der Herr das Büffet länger als fünf<lb/> Tage hintereinander regelmäßig besucht hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1102"> Wenig belehrt von diesen Notizen, sann ich der seltsamen Erschei¬<lb/> nung nach, da aber der Fremde die folgenden Tage im Caffv nicht<lb/> erschien, vergaß ich endlich den Vorfall oder dachte wenigstens nicht<lb/> mehr daran.'</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> !l»<A'let'i4<lb/> '</head><lb/> <p xml:id="ID_1103" next="#ID_1104"> Eine Woche später hatte mich mein Freund, der Pfarrer von<lb/> Tmnewitz, zu einem Rendezvous bestellt und als Ort der Zusammen¬<lb/> kunft das Wirthshaus im Dorfe L. bestimmt. .Tennewitz liegt zwei<lb/> Stunden von der Residenz, das Dorf L. ist die Hälfte deö Weges, so<lb/> konnte sich kein Theil beklagen. Da ich mich bei Zeiten aufgemacht,<lb/> so erreichte ich Nachmittags bei guter Stunde das Wirthshaus und<lb/> saß bald in der kühlen Rebenlaube bei einem Glase trüben Weines.<lb/> Eine einsame Bergstraße zog neben mir das Thal hinauf, und da die<lb/> Leute im Felde waren und Stille im ganzen Dorfe herrschte, so hatte<lb/> ich Muße, die Spatzen zu beobachten, die sich mancher schon reifen<lb/> Beere am Geländer naschhaft bemächtigten. Der Freund kam nicht,<lb/> ich ward der Spatzen überdrüssig und war bald in Träumereien ver¬<lb/> sunken, als mich der Schritt mehrerer Pferde plötzlich weckte. Ein selt¬<lb/> sames Paar, von einem alten Bedienten gefolgt, ritt langsam die Straße<lb/> herauf. Eine schön gewachsene hohe Frau saß keck und fest auf einem<lb/> zierlich gebauten Rappen, sie war ganz schwarz gekleidet und trug nur<lb/> ein zierlich geschlungenes, feuerfarbenes Tüchlein am Halse. Was<lb/> aber mehr als Alles meine Aufmerksamkeit fesselte, war ihr Gesicht —<lb/> ein Gesicht, das man nur einmal zu sehen braucht, um es unaustilg¬<lb/> bar im Herzen bewahren zu müssen, so gern man es auch vielleicht<lb/> vergessen möchte. Hohe und edle Züge, wie nur der Marmor sie ebensq</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
ses, schrillendes Pfeifen kam ein Reitknecht mit zwei Pferden um die
Eckr, Herr und Diener saßen auf und waren bald im Galopp in dem
Dunkel des breiten Platzes verschwunden.
Durch diesen Vorfall wundersam erregt und neugierig gemacht,
erkundigte ich mich vor allen Dingen bei dem Kellner nach dem son¬
derbaren Fremdling. Er sei ein englischer Arzt, hieß es, der seit dem
Frühjahr erst im Theater bemerkt werde, er komme pünktlich um acht
und behaupte bis zehn Uhr seinen Platz auf dem Balkone. Diese Be¬
suche hätten jedoch anfangs eine Unterbrechung von mehrern Wochen,
später von vierzehn Tagen und «och "kürzern Zeit erlitten, eS sei aber
uoch nicht vorgekommen, daß der Herr das Büffet länger als fünf
Tage hintereinander regelmäßig besucht hätte.
Wenig belehrt von diesen Notizen, sann ich der seltsamen Erschei¬
nung nach, da aber der Fremde die folgenden Tage im Caffv nicht
erschien, vergaß ich endlich den Vorfall oder dachte wenigstens nicht
mehr daran.'
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'
Eine Woche später hatte mich mein Freund, der Pfarrer von
Tmnewitz, zu einem Rendezvous bestellt und als Ort der Zusammen¬
kunft das Wirthshaus im Dorfe L. bestimmt. .Tennewitz liegt zwei
Stunden von der Residenz, das Dorf L. ist die Hälfte deö Weges, so
konnte sich kein Theil beklagen. Da ich mich bei Zeiten aufgemacht,
so erreichte ich Nachmittags bei guter Stunde das Wirthshaus und
saß bald in der kühlen Rebenlaube bei einem Glase trüben Weines.
Eine einsame Bergstraße zog neben mir das Thal hinauf, und da die
Leute im Felde waren und Stille im ganzen Dorfe herrschte, so hatte
ich Muße, die Spatzen zu beobachten, die sich mancher schon reifen
Beere am Geländer naschhaft bemächtigten. Der Freund kam nicht,
ich ward der Spatzen überdrüssig und war bald in Träumereien ver¬
sunken, als mich der Schritt mehrerer Pferde plötzlich weckte. Ein selt¬
sames Paar, von einem alten Bedienten gefolgt, ritt langsam die Straße
herauf. Eine schön gewachsene hohe Frau saß keck und fest auf einem
zierlich gebauten Rappen, sie war ganz schwarz gekleidet und trug nur
ein zierlich geschlungenes, feuerfarbenes Tüchlein am Halse. Was
aber mehr als Alles meine Aufmerksamkeit fesselte, war ihr Gesicht —
ein Gesicht, das man nur einmal zu sehen braucht, um es unaustilg¬
bar im Herzen bewahren zu müssen, so gern man es auch vielleicht
vergessen möchte. Hohe und edle Züge, wie nur der Marmor sie ebensq
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