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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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nicht wieder nach Berlin zu gehen, sondern bat schriftlich um meinen
Abschied, durch einen Brief an den König. Was ich nun weiter thun,
wovon ich leben wollte, (wovon ich bis dahin gelebt habe,) das alles
ist mir jetzt ein Räthsel. In Dresden trieb ich mich, wie gewöhnlich,
mit der eleganten Welt, mit Metternich, Elliot und andern vornehmen
Leuten herum; und ganz zufällig machte mir Elliot am 26. den Vor¬
schlag, mit ihm nach England zu reisen.

Soviel ich mich erinnere, gab mir Metternich einen Wechsel auf 100
Pf. sert. und Armfeldt, dem ich noch den letzten Abend 200 Thaler abge¬
wann, einen ähnlichen auf London mit. Und am I.Octbr. reisete ich allein
von Dresden nach Weimar ab. Dort lasse ich mir vom Herzog 40
Louisd'or vorschießen, schicke meinen Bedienten mit einer Unzahl von
Briefen nach Berlin, und erwarte nun Elliot, der auch glücklich am
6. ankommt. Mit ihm reise ich nun nach Frankfurt, von da zu Was¬
ser nach Coblenz, nachdem ich in Frankfurt meinen Wagen verkauft
hatte; dann über Brüssel, von Elliot auf'S äußerste tyrannisirt, nach
Calais.




Zweites V ü ,l es se i " cV.
1814 (Wien).

Von den öffentlichen Begebenheiten dieses merkwürdigen Zeit¬
raums habe ich in meinen Tagebüchern wenig aufgezeichnet, ob ich
gleich darin lebte und webte, und sie stets früher als das Publicum
erfuhr. Dies Stillschweigen hatte wohl hauptsächlich darin seinen
Grund, daß ich fast immer abgesonderte politische Journale führte, die
jeh später zu vernichten für gut hielt.

Sonderbarer ist, daß ich selbst über meinen Gesundheitszustand in
jenen Tagebüchern sehr sparsame und unvollkommene Notizen finde.
Daß ich seit dem Februar zuweilen unpäßlich und leidend war, ist ge¬
wiß; Mes, daß ich einigemale den alten Frank consultirte. Indessen
scheinen diese vorübergehenden Uebel weder auf meine Geschäfte, noch
nuf Meine gesellschaftlichen Verbindungen Einfluß gehabt zu haben;
und am 2. Mai (meinem Geburtstage) schrieb ich: "N-t ".meo "'"se
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nicht wieder nach Berlin zu gehen, sondern bat schriftlich um meinen
Abschied, durch einen Brief an den König. Was ich nun weiter thun,
wovon ich leben wollte, (wovon ich bis dahin gelebt habe,) das alles
ist mir jetzt ein Räthsel. In Dresden trieb ich mich, wie gewöhnlich,
mit der eleganten Welt, mit Metternich, Elliot und andern vornehmen
Leuten herum; und ganz zufällig machte mir Elliot am 26. den Vor¬
schlag, mit ihm nach England zu reisen.

Soviel ich mich erinnere, gab mir Metternich einen Wechsel auf 100
Pf. sert. und Armfeldt, dem ich noch den letzten Abend 200 Thaler abge¬
wann, einen ähnlichen auf London mit. Und am I.Octbr. reisete ich allein
von Dresden nach Weimar ab. Dort lasse ich mir vom Herzog 40
Louisd'or vorschießen, schicke meinen Bedienten mit einer Unzahl von
Briefen nach Berlin, und erwarte nun Elliot, der auch glücklich am
6. ankommt. Mit ihm reise ich nun nach Frankfurt, von da zu Was¬
ser nach Coblenz, nachdem ich in Frankfurt meinen Wagen verkauft
hatte; dann über Brüssel, von Elliot auf'S äußerste tyrannisirt, nach
Calais.




Zweites V ü ,l es se i » cV.
1814 (Wien).

Von den öffentlichen Begebenheiten dieses merkwürdigen Zeit¬
raums habe ich in meinen Tagebüchern wenig aufgezeichnet, ob ich
gleich darin lebte und webte, und sie stets früher als das Publicum
erfuhr. Dies Stillschweigen hatte wohl hauptsächlich darin seinen
Grund, daß ich fast immer abgesonderte politische Journale führte, die
jeh später zu vernichten für gut hielt.

Sonderbarer ist, daß ich selbst über meinen Gesundheitszustand in
jenen Tagebüchern sehr sparsame und unvollkommene Notizen finde.
Daß ich seit dem Februar zuweilen unpäßlich und leidend war, ist ge¬
wiß; Mes, daß ich einigemale den alten Frank consultirte. Indessen
scheinen diese vorübergehenden Uebel weder auf meine Geschäfte, noch
nuf Meine gesellschaftlichen Verbindungen Einfluß gehabt zu haben;
und am 2. Mai (meinem Geburtstage) schrieb ich: „N-t «.meo »'«se
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[0106] nicht wieder nach Berlin zu gehen, sondern bat schriftlich um meinen Abschied, durch einen Brief an den König. Was ich nun weiter thun, wovon ich leben wollte, (wovon ich bis dahin gelebt habe,) das alles ist mir jetzt ein Räthsel. In Dresden trieb ich mich, wie gewöhnlich, mit der eleganten Welt, mit Metternich, Elliot und andern vornehmen Leuten herum; und ganz zufällig machte mir Elliot am 26. den Vor¬ schlag, mit ihm nach England zu reisen. Soviel ich mich erinnere, gab mir Metternich einen Wechsel auf 100 Pf. sert. und Armfeldt, dem ich noch den letzten Abend 200 Thaler abge¬ wann, einen ähnlichen auf London mit. Und am I.Octbr. reisete ich allein von Dresden nach Weimar ab. Dort lasse ich mir vom Herzog 40 Louisd'or vorschießen, schicke meinen Bedienten mit einer Unzahl von Briefen nach Berlin, und erwarte nun Elliot, der auch glücklich am 6. ankommt. Mit ihm reise ich nun nach Frankfurt, von da zu Was¬ ser nach Coblenz, nachdem ich in Frankfurt meinen Wagen verkauft hatte; dann über Brüssel, von Elliot auf'S äußerste tyrannisirt, nach Calais. Zweites V ü ,l es se i » cV. 1814 (Wien). Von den öffentlichen Begebenheiten dieses merkwürdigen Zeit¬ raums habe ich in meinen Tagebüchern wenig aufgezeichnet, ob ich gleich darin lebte und webte, und sie stets früher als das Publicum erfuhr. Dies Stillschweigen hatte wohl hauptsächlich darin seinen Grund, daß ich fast immer abgesonderte politische Journale führte, die jeh später zu vernichten für gut hielt. Sonderbarer ist, daß ich selbst über meinen Gesundheitszustand in jenen Tagebüchern sehr sparsame und unvollkommene Notizen finde. Daß ich seit dem Februar zuweilen unpäßlich und leidend war, ist ge¬ wiß; Mes, daß ich einigemale den alten Frank consultirte. Indessen scheinen diese vorübergehenden Uebel weder auf meine Geschäfte, noch nuf Meine gesellschaftlichen Verbindungen Einfluß gehabt zu haben; und am 2. Mai (meinem Geburtstage) schrieb ich: „N-t «.meo »'«se 'extrömoment'rstiiM« «Ivpuis «>not<zuo» semninvs; j« no Spas pros'g« '«»tsi Kiön quo llcMK l«s !)<NI« tewps !' VtÄjzuv." In eben diesem Artikel war ich thöricht genug zu glauben, e-rrri«,« nnlitiqu«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/106>, abgerufen am 23.07.2024.