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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Uebrigens zwischen Arbeiten, der diplomatischen Gesellschaft, und dem
bürgerlichen Leben meiner Eltern und Schwiegereltern die Zeit getheilt.


1801.

Februar. Sehr merkwürdig, daß mir Lord Carysfort von
einer Seite die Ueberhebung in's Französische der Publication der eng¬
lischen Noten gegen Preußen, und kurz nachher Graf Haugwitz die
der preußischen Noten gegen England in's Deutsche auftrug!

März. Bekanntschaft mit der Prinzessin Louise und Einladung
zu ihr.

Zu Ende März das Buch über den Ursprung des Revolutions¬
krieges geendigt, und den Entschluß gefaßt, das von Hauterive zu wi¬
derlegen. Diese Arbeit wurde in Schöneberg unternommen. Adam
Müller war damals von Göttingen zurück, und ich sah ihn sehr oft.

April. Tiefe Rührung über den Tod eines Hundes. Beweis,
wie sehr alles, was zu den häuslichen Verhältnissen gehört, bei aller
Dissipation auf mich wirkte.

Nachricht von dem Tode des Kaisers Paul. Eindruck, den erst
-- die allgemeine Freude, und später die fürchterliche Publicität dieser
Nachricht auf mich machte.

Juni. Beim Prinzen Ferdinand zum Essen eingeladen.

Fürst Karl Schwarzenberg bei seiner Durchreise nach Petersburg
kennen gelernt.

II. Juni. Dreitägiger Aufenthalt bei der Familie Fink in Mad-
lii). -- Merkwürdige Reflexionen darüber.

Um diese Zeit fangen auch meine nähern Verbindungen mit
Stadion an.

Bekanntschaft mit dem Herzog Friedrich von Braunschweig-Oels.
Bei ihm gegessen.

August. Eine unbegreifliche Reise nach Freienwalde -- mit Mül¬
ler! den ich aber dort in fünf, sechs Tagen gar nicht sah, während
daß ich mich in der sögenannten guten Gesellschaft vom Morgen bis
in die Nacht in unerhörten Dissipationen, zweimal bei Wolfs's, in
rasenden Spiclparthien ze, herumtrieb! Es war so arg, daß ich bei
meiner Zurückkunst nach Berlin bedenkliche Gerüchte über mich (worin
sie eigentlich bestanden, ist nicht gesagt) vernahm, in meiner Familie
sehr kalt aufgenommen wurde, und selbst in's Tagebuch -- obwohl
mit der gewöhnlichem Reserve -- schrieb: "jiio coelo course se-mbliüt
>"'i,par l'-ut piu" alö "nel <ni<z <Ze tue"!!


Uebrigens zwischen Arbeiten, der diplomatischen Gesellschaft, und dem
bürgerlichen Leben meiner Eltern und Schwiegereltern die Zeit getheilt.


1801.

Februar. Sehr merkwürdig, daß mir Lord Carysfort von
einer Seite die Ueberhebung in's Französische der Publication der eng¬
lischen Noten gegen Preußen, und kurz nachher Graf Haugwitz die
der preußischen Noten gegen England in's Deutsche auftrug!

März. Bekanntschaft mit der Prinzessin Louise und Einladung
zu ihr.

Zu Ende März das Buch über den Ursprung des Revolutions¬
krieges geendigt, und den Entschluß gefaßt, das von Hauterive zu wi¬
derlegen. Diese Arbeit wurde in Schöneberg unternommen. Adam
Müller war damals von Göttingen zurück, und ich sah ihn sehr oft.

April. Tiefe Rührung über den Tod eines Hundes. Beweis,
wie sehr alles, was zu den häuslichen Verhältnissen gehört, bei aller
Dissipation auf mich wirkte.

Nachricht von dem Tode des Kaisers Paul. Eindruck, den erst
— die allgemeine Freude, und später die fürchterliche Publicität dieser
Nachricht auf mich machte.

Juni. Beim Prinzen Ferdinand zum Essen eingeladen.

Fürst Karl Schwarzenberg bei seiner Durchreise nach Petersburg
kennen gelernt.

II. Juni. Dreitägiger Aufenthalt bei der Familie Fink in Mad-
lii). — Merkwürdige Reflexionen darüber.

Um diese Zeit fangen auch meine nähern Verbindungen mit
Stadion an.

Bekanntschaft mit dem Herzog Friedrich von Braunschweig-Oels.
Bei ihm gegessen.

August. Eine unbegreifliche Reise nach Freienwalde — mit Mül¬
ler! den ich aber dort in fünf, sechs Tagen gar nicht sah, während
daß ich mich in der sögenannten guten Gesellschaft vom Morgen bis
in die Nacht in unerhörten Dissipationen, zweimal bei Wolfs's, in
rasenden Spiclparthien ze, herumtrieb! Es war so arg, daß ich bei
meiner Zurückkunst nach Berlin bedenkliche Gerüchte über mich (worin
sie eigentlich bestanden, ist nicht gesagt) vernahm, in meiner Familie
sehr kalt aufgenommen wurde, und selbst in's Tagebuch — obwohl
mit der gewöhnlichem Reserve — schrieb: «jiio coelo course se-mbliüt
>»'i,par l'-ut piu« alö »nel <ni<z <Ze tue»!!


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[0101] Uebrigens zwischen Arbeiten, der diplomatischen Gesellschaft, und dem bürgerlichen Leben meiner Eltern und Schwiegereltern die Zeit getheilt. 1801. Februar. Sehr merkwürdig, daß mir Lord Carysfort von einer Seite die Ueberhebung in's Französische der Publication der eng¬ lischen Noten gegen Preußen, und kurz nachher Graf Haugwitz die der preußischen Noten gegen England in's Deutsche auftrug! März. Bekanntschaft mit der Prinzessin Louise und Einladung zu ihr. Zu Ende März das Buch über den Ursprung des Revolutions¬ krieges geendigt, und den Entschluß gefaßt, das von Hauterive zu wi¬ derlegen. Diese Arbeit wurde in Schöneberg unternommen. Adam Müller war damals von Göttingen zurück, und ich sah ihn sehr oft. April. Tiefe Rührung über den Tod eines Hundes. Beweis, wie sehr alles, was zu den häuslichen Verhältnissen gehört, bei aller Dissipation auf mich wirkte. Nachricht von dem Tode des Kaisers Paul. Eindruck, den erst — die allgemeine Freude, und später die fürchterliche Publicität dieser Nachricht auf mich machte. Juni. Beim Prinzen Ferdinand zum Essen eingeladen. Fürst Karl Schwarzenberg bei seiner Durchreise nach Petersburg kennen gelernt. II. Juni. Dreitägiger Aufenthalt bei der Familie Fink in Mad- lii). — Merkwürdige Reflexionen darüber. Um diese Zeit fangen auch meine nähern Verbindungen mit Stadion an. Bekanntschaft mit dem Herzog Friedrich von Braunschweig-Oels. Bei ihm gegessen. August. Eine unbegreifliche Reise nach Freienwalde — mit Mül¬ ler! den ich aber dort in fünf, sechs Tagen gar nicht sah, während daß ich mich in der sögenannten guten Gesellschaft vom Morgen bis in die Nacht in unerhörten Dissipationen, zweimal bei Wolfs's, in rasenden Spiclparthien ze, herumtrieb! Es war so arg, daß ich bei meiner Zurückkunst nach Berlin bedenkliche Gerüchte über mich (worin sie eigentlich bestanden, ist nicht gesagt) vernahm, in meiner Familie sehr kalt aufgenommen wurde, und selbst in's Tagebuch — obwohl mit der gewöhnlichem Reserve — schrieb: «jiio coelo course se-mbliüt >»'i,par l'-ut piu« alö »nel <ni<z <Ze tue»!!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/101>, abgerufen am 03.07.2024.